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Die Schwestern von Sherwood: Roman

Die Schwestern von Sherwood: Roman

Titel: Die Schwestern von Sherwood: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Winter
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Bettbezüge wechselte, Decken aufschlug, Nachttöpfe und die Asche aus den Kaminen entleerte und Fußböden schrubbte, bis ihre Finger rot und rissig waren, hatte sie dabei immer das Bild des Herrenhauses vor Augen. Sie hatte es nicht vergessen. Der Anblick des Anwesens, das so aussah, als wäre es aus ihren Träumen heraus eigens für sie erschaffen worden, und das ihr eine Welt gezeigt hatte, die ihrer so fern war, dass es schmerzte, hatte sich in ihr Gedächtnis gebrannt.
    Sie hätte gern mehr in dem Hotel gearbeitet. Charakterlich war Elisabeth zu dieser Zeit längst so weit gesunken, dass sie sich nicht scheute, heimlich etwas Unrat und Schmutz in den anderen Zimmern zu verteilen, die von einer jungen Schottin sauber gemacht wurden. Kaum mehr als eine Woche verging, bis der Hotelwirt Elisabeth zu sich rufen ließ und fragte, ob sie auch die anderen Zimmer übernehmen könne, da man leider eine Entlassung hatte vornehmen müssen. Sie nickte nur und verspürte kein Mitleid, als sie sah, wie die junge Schottin weinend das Hotel verließ. Das Leben war ein Kampf, und Elisabeth hatte nicht vor, ihn zu verlieren.
    Der Lohn, den sie im Hotel verdiente, war indessen gering. Sie lebten von Johns Geld und legten ihres zurück. Gelegentlich versuchte John dem Sägewerk, in dem er arbeitete, die abfallenden Reste und Sägespäne zu einem niedrigen Preis abzukaufen, um sie mit ein paar Penny Gewinn in London wieder zu verkaufen. Aus den größeren Holzstücken begann er damals Kisten zusammenzubauen. Elisabeth half ihm, wenn sie aus dem Hotel zurückkehrte. Wenn sie zwei oder drei Kisten fertig hatten, verkaufte John sie. Auf den Märkten und am Hafen bei den Händlern wurde er sie immer gut los. Mit der Zeit wurden sie schneller und geübter darin, die Kisten zusammenzubauen. Doch sie brauchten mehr Holz. Sie kauften von ihren zusammengesparten Pennys nun manchmal auch bei anderen Sägewerken Reststücke auf und mieteten einen Verschlag, in dem sie das Holz und die Kisten lagern konnten. Ihre Müdigkeit und Erschöpfung, wenn sie an den Sonntagen und Abenden in der Woche bis spät in die Nacht arbeiteten, wurde ihnen durch das zusätzliche Geld, das sie einnahmen, vergolten. Oft konnten sie nun sechs oder acht Kisten gleichzeitig verkaufen, und es ging ihnen ein wenig besser. Eisern sparten sie weiter jeden Penny, den sie verdienten.
    Der Durchbruch kam jedoch erst später, als sie auf die Idee verfielen, mit Schablonen die Namen der Lebensmittelhändler und Firmen auf die Kisten zu malen. Die Händler waren begeistert von der Werbung, und die Nachfrage stieg. John konnte seine andere Arbeit aufgeben und merkte, dass er Hilfe brauchte. Er stellte zwei junge Tagelöhner ein, die nach seinen Anweisungen arbeiteten, und er gab dem Unternehmen einen Namen – Quality Boxes.
    Zu dieser Zeit war Elisabeth noch immer als Zimmermädchen im Hotel tätig. John wollte, dass sie die Stelle aufgab und ihm half, doch es widerstrebte ihr, sich wieder ganz in seine Abhängigkeit zu begeben. Außerdem hatte ihre Arbeit den Vorteil, dass sie mitbekam, worüber die Hotelgäste sprachen, die hauptsächlich aus Kaufleuten und ausländischen Geschäftsmännern bestanden. Früher war es ihr ein großes Rätsel gewesen, wenn John von Aktien und Anleihen sprach und er ihr zu erklären versuchte, warum ein Unternehmen oder eine Gesellschaft Gewinn oder Verluste machte. Nun belauschte sie in den Fluren und Zimmern mit einem Mal selbst die Gespräche der Gäste und hörte, wie diese über Gewürze, Kakao und Kaffee sprachen, aber auch über Holz und Metalle – und über einen Kanal in Ägypten.
    »Er soll das Mittelmeer mit dem Roten Meer verbinden. Die Schiffe brauchen dann nicht mehr um Afrika herumzufahren.«
    John hatte davon schon gehört, aber er winkte ab.
    »An diesem Suezkanal bauen sie schon seit Jahren. Das wird nie etwas. Nein, wir sollten in Tee investieren! In Tee aus Indien«, widersprach er. Obwohl er müde wirkte, war in seinen Augen seit Langem wieder etwas Glanz zu sehen.
    Doch Elisabeth war unsicher. Das Geschäft mit den Kisten lief gut, und sie bekamen immer mehr Aufträge, aber John hatte recht, wenn er sagte, dass man damit nicht reich wurde. Es war klug, ihr mühselig zusammengespartes Geld zu investieren, um daraus mehr zu machen, das hatte sie inzwischen verstanden, dennoch zögerte sie. Sie besaß nicht Johns unerschöpflichen Optimismus. Alles, was sie so mühsam erarbeitet hatten, auf eine Karte setzen? Die

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