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Die Schwestern von Sherwood: Roman

Die Schwestern von Sherwood: Roman

Titel: Die Schwestern von Sherwood: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Winter
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erschaffen hatten.
    Sie war jung gewesen, gerade einundzwanzig Jahre alt, als sie John vor fast neunzehn Jahren in Hamburg kennenlernte – einen gut aussehenden jungen Engländer mit dunklen Haaren und grünen Augen, die das Erbe seiner irischen Großmutter waren. Elisabeth verstand nur wenig Englisch und er kaum Deutsch, doch John war charmant, er wirkte weltgewandt – und er war vor allem nicht arm. Kurz, er verkörperte alles, wonach Elisabeth sich immer gesehnt hatte, um aus der Enge ihrer kleinen Welt auszubrechen. Ihr Vater war Vorarbeiter am Hafen, und sie lebte zusammen mit ihren Eltern und vier Geschwistern in einer ärmlichen Wohnung, die aus zwei beengten Zimmern und einer Küche bestand. Der geringe Lohn, den Elisabeth als Verkaufshilfe in einem Laden für Kolonialwaren unweit des Hafens verdiente, musste genauso zum Familieneinkommen beitragen wie der Verdienst ihrer Brüder – und dennoch reichte es für alle immer nur knapp zum Überleben. Solange sie zurückdenken konnte, hatte sie von einem anderen Leben geträumt, und mit John schien dieser Traum plötzlich zum Greifen nah. Er war Kaufmann und spekulierte mit Aktien. Das Geld für seine erste Investition habe er, der selbst aus einfachsten Verhältnissen stammte, sich über Jahre von seinem kargen Lohn in einem Sägewerk zusammengespart, erzählte er ihr, und sie war beeindruckt und bereits ein bisschen verliebt in ihn. Gegen den Willen ihrer Eltern heiratete sie John und ging mit ihm nach England.
    Anfangs sah alles auch wunderbar aus. Sie bezogen im Londoner Westen eine Wohnung mit zwei Zimmern ganz für sich allein, und mit Johns Hilfe lernte Elisabeth schnell die Sprache. London erschien ihr damals unendlich aufregend und schön. An den Nachmittagen fuhr sie manchmal zur Regent Street oder schaute sich bei Harrods die Auslagen im Schaufenster an und nährte dabei ihren Traum von dem Leben, das sie einmal führen würden. Reich wollten sie werden, so wie die Damen und Herren, die sie manchmal in ihren Kutschen sahen.
    Doch die Wirklichkeit holte sie bald ein, denn John verlor bei seinen Geschäften immer wieder alles Geld. »Es ist nur vorübergehend, Lisbeth!« , beteuerte er, als sie schließlich ihre Wohnung aufgeben und stattdessen ein abgewohntes Zimmer im Londoner Osten in Whitechapel, dem armen Arbeiterbezirk, beziehen mussten. Selbst da glaubte Elisabeth noch an ihn, aber das Geld zerrann John weiter zwischen den Fingern, bis ihnen dann das angeblich so verheißungsvolle Geschäft mit dem neuen exotischen Gewürz endgültig das Letzte nahm, das sie noch besaßen, und sie verschuldet ins Elend stürzten.
    Die Zeit danach, als Elisabeth das Kind verlor und aus Devon von seiner Schwester Ella zurück nach London kam, war düster und der Tiefpunkt ihres bisherigen Lebens. Manchmal spukten die Erinnerungen daran noch heute wie böse Geister durch ihren Kopf – der Schmutz, die Kälte und vor allem der Hunger und die ständige Demütigung, andere Menschen um etwas bitten und anbetteln zu müssen. Es war schrecklich gewesen. Immer wieder gab es Nächte, die sie auf der Straße verbringen mussten, und Zeiten, in denen sie kaum etwas zu essen hatten. Obwohl ein Teil von ihr John nicht verzeihen konnte, dass er sie in diese Lage gebracht hatte, war er es, der ihr in dieser Situation die Kraft gab, noch an eine Zukunft zu glauben. Sie würden es schaffen, sich aus all dem wieder zu befreien, versprach er, und sie liebte ihn dafür, dass er nicht bereit war, sein Schicksal zu akzeptieren. Das Begehren, ein anderes, besseres Leben zu führen und sich nicht in die Armut zu fügen wie seine Schwester Ella und die meisten anderen Leute ihrer Herkunft, war etwas, das sie von Anfang an verbunden hatte und das stärker war als jedes andere Gefühl zwischen ihnen.
    John fing damals wieder an, im Sägewerk zu arbeiten, sie selbst ging einige Tage in eine Konservenfabrik, doch sie schaffte das Tempo nicht, in dem die Dosen gefüllt werden mussten. Schließlich hörte Elisabeth, dass man in einem Hotel ein Dienstmädchen zum Saubermachen der Zimmer suchte. Sie ging ins Waschhaus, wusch ihr einziges Kleid, das sie zum Wechseln hatte, säuberte ihre alten Schuhe und kämmte sich ihr Haar. Der Hotelwirt war unschlüssig, ob er sie nehmen sollte, doch er schien ihre Verzweiflung zu spüren, und in einer menschlichen Regung erklärte er sich bereit, sie einige Stunden am Tag arbeiten zu lassen. Elisabeth putzte, als ginge es um ihr Leben. Während sie

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