Die Schwestern von Sherwood: Roman
heiraten! Ich habe keine Wahl« … Wut und auch Verzweiflung standen in seinem Gesicht geschrieben, als wäre es ihre Schuld.
Das Bild einer fremden Frau schob sich vor Amalias Augen, und sie zwang sich, es abzuschütteln. Es war nicht von Bedeutung. Sie hatte es immer gewusst. Sie hatten Momente und Stunden zusammen in ihrer eigenen Welt. Das war mehr, als sie jemals zu hoffen gewagt hatte.
Entschlossen schaute sie ihn an und wich erst einen, dann noch einen Schritt vor ihm zurück, ohne den Blick von ihm zu nehmen. Langsam öffnete sie den Verschluss ihres Umhangs und ließ ihn zu Boden gleiten. Sie griff mit den Fingern nach der Schleife an ihrem Kopf und löste ihr Haar, das in weichen Wellen nach vorn über ihre Schultern, fast hinunter bis zur Taille fiel. Schließlich begann sie, mit zittrigen Fingern die Schnüre ihres Kleides zu lösen.
Fassungslos blickte er sie an – und war mit einem Schritt bei ihr. Wie ein Ertrinkender zog er sie in seine Arme. Sie spürte seine Lippen auf den ihren, seine Hände, die Wärme seines Körpers, und hatte das Gefühl, in der Umarmung mit ihm zu verschmelzen. Sein Kuss schmeckte noch immer nach Wut, war bittersüß und gleichzeitig von einer ungezügelten Leidenschaft erfüllt, die sie alles vergessen ließ.
Seine Arme hielten sie – anders und so besitzergreifend wie niemals zuvor. Seine Lippen glitten in quälender Zärtlichkeit ihren Hals hinab, liebkosten ihre nackte Haut, ihr Dekolleté, den Ansatz ihres Busens. Schauer der Erregung durchliefen sie, und sie erwiderte seine Umarmungen. Kaum merkte sie, wie er geschickt und doch ungeduldig die Schnüre ihres Kleides löste und sich selbst seiner Jacke und seines Hemdes entledigte.
Dann standen sie nackt voreinander. Ihre Finger strichen über seine Haut, über die Linien seiner festen Muskeln, seine breiten Schultern. Hell, fast weiß wirkte sie im Schein des Feuers neben ihm, und sie kam sich zerbrechlich vor. Seine Augen brannten dunkel, als er seinen Umhang auf dem Boden vor dem Kamin ausbreitete und sie mit sich zog, während er sie weiter mit Küssen bedeckte, die sich wie eine Feuerspur den Weg über ihren Körper bahnten. Voller Sehnsucht drängte sie sich ihm entgegen.
Nur kurz zögerte er. Als er schließlich in sie eindrang, formten seine Lippen ein Wort: Geliebte.
Nichts mehr gab es dann – nur sie beide und dieses Begehren, das ihr unstillbar schien und sie in einem Rausch mit sich riss, sie immer höher und weiter trug, bis alles in einem Meer aus purer Lust zu explodieren schien.
67
I hre Schwester hatte sich verändert. Es wurde Cathleen mit einem Mal bewusst. Sie stand oben an der Galerie in Sherwood und beobachtete, wie Amalia mit verträumtem Ausdruck unten aus dem Fenster schaute. Sie war schöner denn je und erinnerte sie an eine der Frauen auf den Renaissance-Gemälden, die sie in London im Museum gesehen hatte. Sie hätte nicht sagen können, was genau es an Amalias Verhalten war, aber etwas war anders, dachte sie erneut. Schon seit einer Weile war das so.
Wenn Cathleen ihr etwas erzählte, schien die Schwester oft nicht ganz anwesend. Fasste sie sie dann am Arm und fragte, was los sei, reagierte Amalia verlegen, beinahe als hätte sie ein schlechtes Gewissen. Einmal hatte Cathleen sogar das Gefühl gehabt, sie sei rot geworden. Sie hatte sie in der Bibliothek überrascht, wie sie mit einem leisen Lächeln vor dem Schachspiel stand und es betrachtete.
Cathleen verzog nachdenklich das Gesicht. Amalia war normalerweise nicht verträumt. Sie war ein Mensch, der im Hier und Jetzt verankert war, sie kannte nicht die schnell wechselnden Stimmungen oder Gefühlsschwankungen, die ihr selbst gelegentlich zu schaffen machten.
Wie so oft, wenn sie über ihre Schwester nachdachte, fragte sich Cathleen, ob Amalia im Grunde ihres Herzens nicht doch mehr darunter litt, als sie zugab, dass sie nicht am gesellschaftlichen Leben teilnahm. Sie unterdrückte ein Seufzen. Es war nicht richtig, dass Amalia all das verschlossen blieb, was ihr eröffnet wurde, ging es Cathleen durch den Kopf. Auch wenn ihre Schwester noch so sehr vorgab, kein Interesse daran zu haben.
Amalias verändertes Verhalten beschäftigte sie auch noch, als sie später zu ihr ging. Sie stellte fest, dass ihre Schwester eine Reihe von neuen Bildern gemalt hatte. Verblüfft betrachtete Cathleen sie. Amalia war schon immer talentiert gewesen und hatte gut gemalt. Diese Skizzen und Aquarelle besaßen jedoch eine neue und
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