Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schwesternschaft

Die Schwesternschaft

Titel: Die Schwesternschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger R. Talbot
Vom Netzwerk:
sechs Exemplare der zweiten Teilserie von Briefmarken ausgestellt, die man bedeutenden englischen Frauen aus den Rechts-, den Natur- und den Wirtschaftswissenschaften gewidmet hatte.
    Florette hatte Iv einen Moment lang allein gelassen und unterhielt sich mit dem Kultusminister und dessen Gattin. Einige Schritte von Iv entfernt umringte eine Menschenmenge jemanden, den sie nicht erkennen konnte.
    Die Fernsehkameras, die das Ereignis aufzeichneten, waren, dem Anlass entsprechend, nicht besonders zahlreich. Eine Briefmarkenausstellung, die längst verstorbenen, den meisten Leuten nicht einmal dem Namen nach bekannten Frauen gewidmet war, weckte bei den großen Sendern kaum Interesse, hatten sie ihr Publikum doch dazu erzogen, sich für tanzende Hunde zu interessieren oder dafür, wer innerhalb einer Minute am meisten Fish & Chips verschlingen konnte.
    Iv entzog sich geschickt einem vollkommen belanglosen Gespräch mit zwei Politikern und trat auf Florette zu. Der Minister begrüßte sie sehr formvollendet, seine Frau war dagegen deutlich kühler. Iv nutzte die Gelegenheit, um die Kreolin beiseitezuziehen. »Von welcher Zukunft hast du vorhin gesprochen?«, fragte sie leise, während sie mit ihr auf den Schaukasten in der Saalmitte zuging.
    Â»Sie befindet sich vor deinen Augen«, erwiderte Florette.
    Iv begriff zunächst nicht ganz. Sie sah sich um und erkannte schließlich, wer dort im Zentrum der Aufmerksamkeit stand. Eine blutjunge Frau von erfrischender und gewinnender Art. Sie plauderte mit einigen Parlamentsabgeordneten, als wäre sie rein zufällig hier vorbeigekommen.
    Iv versuchte, ein paar Gesprächsfetzen aufzuschnappen, und bemerkte, dass die junge Frau auf geschickte Weise die interessanten Fragen an sich zog. Ihr russischer Akzent war unverkennbar, und die natürliche Anmut ihrer Gesten gab Iv die Antwort, die ihr Florette bis dahin verweigert hatte. »Nein«, flüsterte sie der Freundin entschlossen ins Ohr.
    Â»Warum nicht?«
    Â»Weil sie Russin ist. Wir dürfen uns nicht in Yanas Entscheidungen einmischen.«
    Die Kreolin hob das Glas in Richtung des Mädchens, woraufhin die Umstehenden zu lächeln begannen, ohne zu begreifen, was wirklich vor sich ging.
    Dann traten sie an das Buffet.
    Iv beobachtete die junge Frau. Sie hielt es für ausgeschlossen, dass sie ohne die Empfehlung eines Dritten hierhergekommen war.
    Â»Wo hast du sie aufgespürt?«, fragte sie Florette.
    Â»Alles ist nach Tradition verlaufen.«
    Iv sah der Freundin in die Augen und versuchte zu ergründen, ob sie die Unwahrheit sprach. Sie war wütend. Sich außerhalb des eigenen Gebietes in die Wahl einer Kandidatin einzumischen, war nicht in Ordnung.
    Â»Was passt dir nicht? Wir haben die Chance auf eine einmalige Russin. Ein Mädel voller Potenzial, das kann ich versprechen. Wen könnte Yana Besseres finden?«
    Iv bestellte ein Glas Champagner beim Kellner und entfernte sich dann in Richtung Ausgang, gefolgt von der Kreolin.
    Â»Wir dürfen nicht für andere wählen. Wir sind so strukturiert, dass wir vollkommen unabhängig voneinander arbeiten.«
    Florette sah sie an, als habe sie gerade eine Selbstverständlichkeit gesagt: »Ich weiß, wie eng du dich Yana verbunden fühlst, aber das ändert nichts daran, dass ihre Fähigkeiten eingeschränkt sind … durch das Alter und den Kummer.«
    Â»Yana ist noch in der Lage, Entscheidungen …«, begann Iv.
    Â»Das ist sie nicht! Nicht jetzt«, unterbrach Florette sie brüsk.
    Iv sah sie an, als würde sie sie nicht wiedererkennen.
    Â»Tut mir leid, Iv, aber ich versuche nur, Yanas Wahl zu lenken und …«
    Iv fasste sie am Unterarm: »Das ist die Art, wie wir mit Männern umgehen. Nicht miteinander!«
    Florette schob Ivs Hand fort und nahm einen Schluck Champagner. Dann stellte sie das Glas auf einer Säule ab. »Iv …«, sie sah ihr ernst in die Augen. »Was wirklich zählt, ist das Projekt als Ganzes, nicht die Erwartungen Einzelner. Geben wir dem Sinn, als was wir uns bezeichnen: als Schwestern !«
    Auch Iv stellte ihr Glas ab. Dann wandte sie sich um und beobachtete die junge Russin. Diese Frau hatte zweifellos Potenzial, das sah man an ihrem Blick, ihrer Haltung, der Art, wie sie sich anderen Leuten gegenüber gab. Florette hatte eine wunderbare Kandidatin ausgewählt. »Und wenn sie Yana nicht gefällt?«, fragte sie.
    Â»In dem

Weitere Kostenlose Bücher