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Die Schwesternschaft

Die Schwesternschaft

Titel: Die Schwesternschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger R. Talbot
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Möglichkeit: langsam den Rückzug antreten, Nadja holen und sich aus dem Staub machen. Aber Kirill zog sie nicht einmal in Betracht.
    Ein Geräusch ließ ihn aufschrecken. Er hob vorsichtig den Kopf und erkannte die Umrisse einer Gestalt, die sich im strömenden Regen bewegte. Sie lief mitten über die Wiese, ganz in der Nähe von Taras vorbei. Ihre Bewegungen waren merkwürdig. Ein paar rasche Sprünge, dann hielt sie inne. Einige Sekunden später eilte sie wieder los und hielt dann erneut. Wenn es einer der Gegner war, musste es der Informatiker oder Lena sein, denn die andern hätten niemals einen derartigen Fehler begangen.
    Kirill presste sich erneut auf den Boden und wartete auf Taras’ Reaktion. Wenn er schießen würde, hätten die hinter der Mauer sofort gewusst, wo er sich befand. Wenn er es nicht tat, würde er dem Gegner mit bloßen Händen gegenüberstehen, denn sie hatten es versäumt, sich mit Messern auszustatten. Sie befanden sich in einer gefährlichen Situation, doch es war nicht die erste, und er würde auch diesmal davonkommen.
    Unterdessen bewegte sich die Gestalt weiter quer über die Wiese, ohne dass Taras eingriff.
    Plötzlich bemerkte Kirill eine zweite Gestalt, weiter hinten in der Schonung, dort wo Parnok versucht hatte, Schutz zu finden, bevor sie ihn niedergemäht hatten. Offenbar hatten Lenas Leute beschlossen, ihn aufzustöbern. Aber diesmal war er im Vorteil. Er hatte sie beide entdeckt.
    Er behielt sowohl die Gestalt zwischen den Bäumen als auch die auf der Wiese im Blick. Sobald die Erste aus der Deckung käme, würde er auf beide schießen und sich dann wieder in die Mulde werfen. Wenn er schnell genug war, würden die hinter der Mauer nicht genug Zeit haben zu reagieren. Außerdem war es bei den Wassermassen, die vom Himmel fielen, nicht gesagt, dass sie ihn trafen.
    Kurz darauf ging die Gestalt zwischen den Bäumen zur Tat über, duckte sich auf den Boden und begann, auf ihn zuzuschleichen. Irgendetwas stimmte da nicht, dachte Kirill: Beide Gegner bewegten sich wie Anfänger.
    Er kam nicht dazu weiterzudenken, denn Taras eröffnete das Feuer und traf mit dem ersten Schuss den Angreifer in der Nähe der Schonung. Leider gelang ihm das nicht bei dem zweiten auf der Wiese, denn dieser bewegte sich auf eine Weise, die allen physikalischen Gesetzen widersprach. Er sprang im Zickzack durch den Regen, und es war unmöglich, ihn ins Visier zu nehmen. Dieser Augenblick des Staunens wurde Taras zum Verhängnis, denn von der Mauer kam eine Salve, die ihn niederstreckte.
    Kirill schauderte. Er war jetzt allein, und die zweite Gestalt, die sich so seltsam bewegte, war kurz davor, ihn anzugreifen. Sie war keine drei Meter mehr entfernt, als er sie klar erkannte, aber er hatte bereits den Abzug gedrückt.
    Im selben Augenblick wurde hinter der Mauer das Feuer eröffnet, und eine Kugel traf ihn mitten in die Brust.
    Endlich fanden Vurdalak und Upyri, die Dämonen der Unruhe, in seinem Inneren Frieden. Aber sein Geist war noch immer klar: Was, zum Teufel, hatte ein Känguru auf einer irischen Insel verloren?

62
    Lambay Island
Montag, 3. Januar, 14.06 Uhr
    Sie hatten zwanzig Minuten gewartet, und keiner hatte mehr geschossen.
    Dann hatte der Regen urplötzlich nachgelassen, und Lena und Čerubina hatten die Gelegenheit genutzt, um sich einen Überblick über die Lage zu verschaffen.
    Vjačeslav war gleich beim ersten Schusswechsel erwischt worden. Eine Kugel in den Hals. Jetzt lag der leblose Körper auf dem Boden, mit dem Rücken zur Mauer und den kraftlosen Armen an den Seiten. Das Gras ringsum war rot gefärbt.
    ÄŒerubina trat auf ihn zu und kauerte einige Augenblicke neben ihm. Sie murmelte irgendetwas.
    Lena wartete.
    Als sie sich erhob, war ihr Blick wieder der alte. Sie gab Lena ein Zeichen näher zu kommen und erklärte ihr rasch, was sie vorhatte. Gemeinsam hoben sie Vjačeslavs Körper an, sodass der Kopf über die niedrige Mauer ragte, und hielten ihn ein paar Sekunden in dieser Position. Niemand auf der anderen Seite schoss. Also ließen sie den Körper wieder sinken.
    ÄŒerubina wies Lena an, sie zu decken, kletterte vorsichtig über die Mauer und zückte Vjačeslavs Steyr AUG , das sie, wie sie bereits bewiesen hatte, genauso geschickt beherrschte wie ihr Gefährte. Sie war entschlossen, bei der geringsten Bewegung zu schießen, aber alles blieb

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