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Die Schwesternschaft

Die Schwesternschaft

Titel: Die Schwesternschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger R. Talbot
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ruhig.
    Â»Du kannst herauskommen«, rief sie Lena zu.
    Lena stieg über die Mauer und warf sich sofort zu Boden, die Pistole fest umklammert. Erst jetzt bemerkte sie, dass auf der feuchten Wiese verteilt sechs Körper lagen. Ein Gemetzel.
    Sie erhob sich und trat neben Čerubina. »Lass uns schnell nachsehen«, schlug sie vor. »Ich bin sicher, dass Nadja nicht dabei ist.«
    Â»Gut, aber wir sollten vorsichtig sein.«
    Die erste Leiche hatte zwei Kugeln im Kopf und war beiden vollkommen unbekannt. Etwa fünfzig Meter weiter rechts davon entdeckte Lena Parnok, einen der Ukrainer von Taras, den ein regelrechter Schusshagel erwischt hatte. Es waren die beiden Ersten, die in den Hinterhalt geraten waren.
    Die beiden Frauen bewegten sich mit äußerster Vorsicht weiter und erreichten schließlich Arvo. Er lag wenige Meter von der Schonung entfernt und hatte ein großes rotes Loch mitten auf der Stirn.
    ÄŒerubina gab ihm einen Tritt: »Dummer Sack! Ich hab doch gesagt, du sollst hinter uns bleiben und uns decken!«
    Lena gab ihr ein Zeichen weiterzugehen, aber sie folgte der Aufforderung erst, nachdem sie der Leiche einen weiteren Tritt versetzt hatte: »Du hast es so gewollt, verdammter Idiot!«
    Sie kamen zu Taras: Er war von Kugeln durchsiebt. Lena spürte ein klein wenig Bedauern: Dieser Mann war immer sehr freundlich zu ihr gewesen. Schließlich eilten sie auf die letzten beiden Leichen zu.
    Sie fanden Kirill, der reglos mit dem Gesicht in einer roten Lache lag.
    Aber das Unglaubliche war das drei Meter von ihm entfernte tote Känguru.
    Â»Wir sollten ein Grab ausheben«, sagte Čerubina.
    Â»Für Kirill?«
    Â»Nein, für das Känguru. Es war ein wertvoller Verbündeter.« Čerubina bückte sich und strich mit der Gewehrspitze über den Tierkadaver. »Aber was hatte es hier verloren?«
    Â»Ich habe gelesen, dass sie aus dem Dubliner Zoo kommen«, erklärte Lena.
    ÄŒerubina warf einen ungläubigen Blick auf das Tier, dann sah sie sich um und verkündete: »Nadja ist nicht hier.«
    Â»Holen wir sie uns. Und zwar lebend.«
    Â»Meinst du, sie ist bewaffnet?«
    Â»Ich glaube nicht«, erwiderte Lena. »Aber man kann nie wissen …«
    Sie setzte das Fernglas an die Augen, richtete es auf den Hafen und ließ es langsam über die Gebäude an der Mole schweifen. »Das Schlauchboot ist noch am selben Platz. Also muss Nadja irgendwo hier sein.«
    Â»Und da sie nicht an uns vorbeigekommen ist …«
    Â»â€¦ bleibt nur ein Ort«, schloss Lena.
    Vorsichtig näherten sich die beiden Frauen dem Hafen, hielten dabei etwa zehn Meter Abstand voneinander. An einigen Stellen riss der Himmel auf, und ein Sonnenstrahl drang durch die Wolken, der auf den Hafen fiel wie ein Strahler auf das Gesicht eines Schauspielers.
    ÄŒerubina erreichte das erste Häuschen und kauerte hinter der Mauer nieder. Als Lena neben ihr war, flüsterte sie: »Wenn wir alle Gebäude durchsuchen, verlieren wir einen Haufen Zeit. Falls Nadja bewaffnet ist, würden wir dabei ein ziemliches Risiko eingehen.«
    Â»Was sollen wir dann tun?«, fragte Lena.
    Â»Wir haben die Geiseln …«
    Â»Drück dich klarer aus.«
    Â»Eine von uns bleibt hier, um sicherzustellen, dass Nadja nicht die Flucht ergreift. Die andere geht zum Wohngebäude, holt den Jungen und bringt ihn zum Ende der Mole. Dann rufen wir Nadja unsere Drohung zu, dass wir ihn umbringen werden, wenn sie nicht herauskommt.«
    Lena schien die Idee abzuwägen. »Und wenn sie nicht herauskommt?«
    Â»Töten wir den Jungen und holen die Schwester.«
    Â»Okay«, stimmte Lena zu.
    In diesem Augenblick hörte man aus dem Inneren des Hauses einen lauten Knall, als sei ein Stuhl umgekippt.
    ÄŒerubina legte den Finger an die Lippen und spähte um die Mauerecke, dann gab sie Lena zu verstehen, rechts herum um das Haus zu laufen.
    Lena setzte sich in Bewegung. An der Fassade, die zum Inselinneren zeigte, gab es nur ein einziges, kleines Fenster im zweiten Stock. Vielleicht hatte Nadja noch gar nicht mitbekommen, was geschehen war, überlegte Lena. Von jenem Fenster und bei dem strömenden Regen, der bis eben angehalten hatte, waren die Schüsse vermutlich weder zu sehen noch zu hören gewesen.
    Ein Quietschen oberhalb ihres Kopfes versetzte sie in Alarmbereitschaft. Sie hob gerade noch rechtzeitig den Blick, um den Arm zu sehen, der die

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