Die Schwesternschaft
erst der Anfang. Herzlich willkommen in einer ganz neuen Welt, kleine Hexe.«
32
Moskau, Villa Derzhavin
Dienstag, 28. Dezember, 20.49 Uhr
Der Fahrer war durch die StraÃen von Moskau gejagt, als würden sie verfolgt. Sobald sie in Sichtweite der Villa waren, öffnete der Wachposten, der die Fahrzeuge gleich erkannt hatte, das Tor.
Auf dem Weg stand ein Rettungswagen mit angeschaltetem Blaulicht und geöffneter Hintertür, ein Zeichen, dass die Pfleger bereits drin waren.
Während der gesamten Fahrt war Kirill mit dem Wachpersonal der Villa in Kontakt geblieben, und jedes Mal wenn er das Gespräch unterbrach, fragte Nadja nach dem Stand der Dinge. Laut den jüngsten Informationen, kurz vor ihrer Ankunft in der Villa, befand sich Gavril in einem äuÃerst kritischen Zustand, war aber noch klar genug, um eine Verlegung ins Krankenhaus abzulehnen.
»Was für ein Irrsinn!«, schimpfte Nadja, die zwar an die Starrköpfigkeit des Vaters gewöhnt, aber dennoch fest entschlossen war, ihn einweisen zu lassen. Obwohl Gavril in der Villa eine Krankenstation hatte einrichten lassen, die es mit dem besten Moskauer Krankenhaus aufnehmen konnte, war das trotz allem nur eine Notlösung.
Sie fuhren mit voller Geschwindigkeit auf den Platz vor dem überdachten Eingang. Der Fahrer hatte den Wagen noch nicht ganz zum Stehen gebracht, als Kirill bereits hinaussprang, gefolgt von Nadja, die wegen des Abendkleides nicht ganz so schnell war. Sie zog die hochhackigen Schuhe aus und rannte auf den Eingang zu.
Vier Männer gaben ihr Deckung und folgten ihr, als sie hinter Kirill die Treppe hinaufstürzte.
»Bringt mich sofort zu meinem Vater!«, befahl sie dem Chef des Wachpersonals, während sie wie eine Wahnsinnige weiterrannte. Der Gedanke an eine zweite Beerdigung innerhalb so kurzer Zeit war ihr unerträglich.
Man führte sie in die Räume, die ehemals als Keller gedient hatten. Sie mussten vier Treppen hinabsteigen, bis sie auf eine grün lackierte Stahltür stieÃen, die von zwei Männern mit Maschinengewehren bewacht wurde.
»Lasst mich hinein!«, schrie Nadja mit tränenerfüllten Augen.
»Vielleicht ist es besser, wenn â¦Â«, versuchte sich der Chef des Wachpersonals einzumischen.
»Ich will sofort zu meinem Vater«, unterbrach sie ihn. »Macht diese verdammte Tür auf.«
Der Mann nickte den beiden Wachposten an der Tür zu, die daraufhin sofort den Durchgang freigaben.
Hier unten eilten mehrere Krankenschwestern geschäftig von einer Tür zur nächsten. Ein technischer Assistent schob ein Wägelchen mit Sauerstoffflaschen. Ein anderer transportierte einen hochmodernen Defibrillator.
Einen Augenblick lang musste Nadja daran denken, wie viele Menschenleben sie in Anabah retten könnten, wenn dort auch nur die Hälfte all dieser Apparaturen zur Verfügung stehen würde.
Dann sah sie Kirill nervös vor einer Tür auf- und ablaufen und eilte zu ihm.
»Er ist dort drin, aber sie lassen mich nicht rein. Wenn sie ihn nicht durchbringen, werde ich â¦Â«, sagte er erregt. Er sah aus, als würde er lieber die Ãrzte erschieÃen, als noch länger hier zu warten.
»Lass sie ihre Arbeit machen«, beschwichtigte ihn Nadja. Sie spähte durch das kleine Fenster in der Tür und sah drei Ãrzte, die sich über den entblöÃten Körper ihres Vaters beugten. Er hatte eine Kanüle im Mund, offenbar führte man gerade eine Magenspülung durch.
Als eine Krankenschwester vorbeikam, eilte Nadja auf sie zu, fasste sie am Arm und befahl: »Geben Sie mir einen sterilen Kittel.«
Die Frau erkannte sie nicht gleich, aber als sie begriff, wen sie vor sich hatte, deutete sie auf eine Tür. Nadja lief rasch in die Ãrzteumkleide, wo sie fand, was sie suchte. Ohne sich darum zu kümmern, dass jemand hineinkommen könnte, zog sie das Abendkleid aus und riss die sterile Verpackung des Kittels auf. Nachdem sie ihn übergezogen hatte, suchte sie sterile Schuhe, fand ein passendes Paar und zog auch sie an. Dann wusch und desinfizierte sie in aller Eile die Arme bis zu den Ellenbogen, sodass sie auch für eine Operation bereit gewesen wäre.
Sie verlieà die Umkleide und lief auf den Raum zu, in dem ihr Vater lag. Dabei hob sie die Hände, um sie rascher trocknen zu lassen. »Mach die Tür auf. Ich habe jetzt auch sterile Kleidung«, befahl sie Kirill.
Der Sibirier gehorchte
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