Die Schwesternschaft
GroÃbritannien, Irland, Dublin zu, bis sie plötzlich zur Seite ausschwenkte. Und natürlich erschien auch diesmal die Insel auf dem Bildschirm.
Zufrieden minimierte Lena das Google-Earth-Fenster und ging mit der Maus auf eine Datei, die sie auf dem Desktop gespeichert hatte. Sie klickte auf »Lambay Island«, und das Textdokument öffnete sich.
Sie las es in Ruhe. Zwar hatte sie den Text zuvor bereits mehrmals überflogen, bisher jedoch nie die Gelegenheit gehabt, ihn genauer zu studieren. Sie begann nun mit einer gründlichen Lektüre und übersetzte im Kopf aus dem Englischen ins Russische.
Lambay Island befindet sich an der Ostküste Irlands, nördlich von Dublin. Die Insel hat eine Fläche von 1,3 Quadratmeilen und erhebt sich bis zu einer Höhe von 402 Fuà über dem Meeresspiegel. Wegen der steilen Klippen ist sie von Norden, Osten und Süden unzugänglich, während sich an der Westseite ein kleiner Hafen befindet.
Lena kehrte zu Google Earth zurück und studierte die Insel von oben. Die Beschreibung traf haargenau zu. Dann las sie weiter.
Obwohl Lambay Island nur drei Meilen von der Küste und dem Rogerstown-Hafen in der kleinen Ortschaft Rush entfernt liegt, wird die Verbindung zur Insel lediglich durch die Shamrock aufrechterhalten, ein Schiff, das die kaum ein Dutzend Inselbewohner regelmäÃig mit Lebensmitteln versorgt â¦
Das wusste sie bereits. Sie übersprang einige Zeilen.
⦠eine Mühle ⦠ein 25- kW -Generator ⦠es gibt keine Festnetzverbindung, aber Handyempfang â¦
Sie lieà einen Absatz aus.
Lambay Island ist ein Paradies für Meeresvögel und bietet Raum für Tausende von Lummen, Möwen, Tordalken und Papageientauchern â¦
Sie übersprang noch ein paar Zeilen.
⦠auÃerdem gibt es eine Kolonie grauer Seehunde und im Inselinneren zahlreiche Kaninchen, Damhirsche sowie rund fünfzehn Kängurus â¦
Kängurus? Lena glaubte, falsch übersetzt zu haben.
Aber sie hatte sich nicht geirrt.
⦠sowie rund fünfzehn Kängurus, die man 1980, wegen Ãberfüllung des Dubliner Zoos, auf die Insel gebracht hatte.
Sie musste lächeln. Diese Iren waren noch verrückter als die Russen.
Es folgten einige Hinweise zur Geschichte, die sie, bis auf einige wesentliche Informationen, eilig überflog.
Die Insel war bereits in der Jungsteinzeit bewohnt, wie ein Steinbruch aus jener Epoche belegt ⦠Sie wird sowohl bei Plinius als auch bei Ptolemäus unter dem lateinischen Namen Limnus erwähnt, der sich, vermutlich aufgrund ihrer Form, von Limax, Schnecke, ableitet ⦠Der irische Name lautet dagegen Reachra oder »Ort der vielen Schiffsunglücke« ⦠Der heutige Name Lambay â aus engl.: lamb , Lamm, und der nordischen Wurzel ey für Insel â nimmt wahrscheinlich auf die alte Praxis Bezug, die Lämmchen vom Festland auf die Insel zu bringen, um sie vor Raubtieren zu schützen â¦
Lena schnaubte. Sie interessierte sich für das Ende, deshalb überflog sie die folgenden Absätze noch rascher.
Frühzeitliche Gräber ⦠anglo-romanische Funde ⦠ein Kloster von 530 n. Chr. ⦠die Wikinger ⦠1200 ging die Insel in den Besitz der Kirche von Dublin über und wurde lange Zeit von den Ordensschwestern der Mercy Congregation, den sogenannten Barmherzigen Schwestern, bewohnt â¦
»Sieh einmal an!«, entfuhr es ihr. Nur Frauen, welch Zufall. Aber auch das wusste sie bereits. Sie las weiter.
1467 baute man die Festung ⦠die Insel wurde dann an Sir ⦠verkauft, der die Auflage erhielt, ein Dorf und einen Fischerhafen zu errichten ⦠Ende des 17. Jahrhunderts diente die Insel als Gefangenenlager für irische Soldaten, die bei der Schlacht von Aughrim in Gefangenschaft geraten waren ⦠wechselte mehrfach den Besitzer ⦠und ging schlieÃlich zu Beginn des 20. Jahrhunderts in den Besitz der Barings über, einer ursprünglich aus Deutschland stammenden Bankiersfamilie, der die Insel noch heute gehört.
Jetzt wird die Sache interessant, dachte sie und begann, genauer zu lesen.
Die Barings sind eine alteingesessene Familie, die sogar in zwei Romanen von Charles Dickens erwähnt wird.
Wen interessierte das schon! Sie übersprang ein paar Zeilen.
Die Insel befindet sich in Privatbesitz, und das Anlegen ohne spezielle Einladung oder Erlaubnis der Besitzer ist untersagt.
Das warâs. Daran
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