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Die Schwesternschaft

Die Schwesternschaft

Titel: Die Schwesternschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger R. Talbot
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hatte ihre Überraschung gut überspielt. Für die Schwestern des Mahls war die Legende von dem Bühnenprospekt von ebenso großer Bedeutung wie die des Heiligen Grals für die Ritter der Tafelrunde, auch wenn keine von ihnen jemals danach hatte suchen müssen. Als Lena den Prospekt zu Gesicht bekam, hatte sie ihn daher sofort erkannt. Alles Weitere hatte sich dann wie von selbst ergeben.
    Yana hatte ihr viele Jahre zuvor davon erzählt, und zwar mehr als einmal. Die Schwestern hüteten ein jahrhundertealtes Geheimnis. Es handelte sich um ein Rezept, dessen Zutaten nach den Angaben dosiert wurden, die in die Tafeln des Buches der Blätter gemeißelt waren, einer großen Steinscheibe aus der keltischen Jungsteinzeit mit der symbolischen Darstellung des uralten Kalender-Alphabets Beth-Luis-Nion. Es hieß, dass die Lage des Steines, die nur der Spitze − den sogenannten drei Besten − bekannt war, während des Zweiten Weltkrieges durch eine russische Bühnenbildnerin, eine der damaligen drei Besten, in Ogham-Zeichen verschlüsselt und auf einem Bühnenprospekt verewigt worden war. Der Prospekt ging während der Belagerung Leningrads verloren, aber laut der Legende existierte er noch. An diese Geschichte hatte keine so richtig geglaubt, nicht einmal sie. Aber in Gavrils Bunker war die Legende plötzlich Wirklichkeit geworden.
    Lena hätte Yana, ihrer Mentorin, gleich Bescheid geben müssen, doch ihr Entschluss, das Geheimnis für sich zu behalten, stand von Anfang an fest. Sie würde das Buch der Blätter in ihren Besitz bringen, zusammen mit der Macht, die sich daraus ergab.
    Leider war Catherine vor ihr dort gewesen. Und so hatte letztlich der Bühnenprospekt sie dazu gebracht, ihr Vorgehen gegen Gavrils Frau zu beschleunigen. Es war klar, dass die Rivalin ihn erkennen und das Mahl darüber in Kenntnis setzen würde. Sie musste daher schnell handeln, Catherine töten und den Bühnenprospekt stehlen. Aber etwas war schiefgelaufen. Gavril hatte es durchschaut. Sie hatte keine Ahnung, wie er auf Glebov gekommen war, aber er hatte es durchschaut. Und auch hier hatte sich alles Weitere wie von selbst ergeben.
    Zu alledem war er nicht einmal tot. Mit jedem Tag, der verging, stieg für Lena die Gefahr. Sie war sicher, dass Kirill ihr auf den Fersen war. Und in Kürze würden das auch die drei Besten sein. Catherines Unfall und Gavrils Vergiftung waren ihnen sicherlich nicht entgangen. Aber es gab keinen anderen Weg.
    Einen Augenblick lang fragte sie sich, warum sie hier war, in einem Hotel in Dublin, in Begleitung von drei, wenn auch treu ergebenen Killern, während draußen der Regen auf die Straßen prasselte.
    Wenn die Dinge anders gelaufen wären, hätte sie jetzt vielleicht in Gavrils Armen gelegen und sich verwöhnen lassen wie kaum eine andere Frau auf der Welt.
    Aber die Ereignisse hatten eine andere Wendung genommen. Der Bühnenprospekt war gleichbedeutend mit dem Buch der Blätter. Und das Buch der Blätter bedeutete nur eins: die größte Macht, die eine Frau jemals besitzen konnte.
    Sie konzentrierte sich auf den Bildschirm. Dann nahm sie einen Stift aus dem Ledermäppchen und ein Blatt Papier mit dem Briefkopf des Hotels.
    Sie hatte diesen Vorgang schon mindestens dreimal ausgeführt, aber es war, als vertraue sie sich selbst nicht. Deswegen wiederholte sie ihn ein weiteres Mal.
    Sie suchte die Symbole heraus, die in dem Bühnenprospekt versteckt waren, und notierte sie von links nach rechts in einer Reihe.

    Dann kam die nächste Zeichenfolge:

    Anschließend ordnete sie jedem Symbol, entsprechend der Legende, eine Zahl des Ogham-Alphabetes zu:

    Schließlich schrieb sie bedächtig die Zahlenfolge auf.
    53 − 29 − 18 − 2
    6 − 1 − 16 − 33
    Nun fügte sie am Ende der ersten Reihe ein N und am Ende der zweiten ein W an.
    53 − 29 − 18 − 2 N
    6 − 1 − 16 − 33 W
    Sie vervollständigte die beiden Sequenzen und erhielt schließlich die versteckte Botschaft:
    Breite 53º 29' 18.02'' N
    Länge 6º 01' 16.33'' W
    Sie öffnete Google Earth und gab die Koordinaten ein. Die Erde vom All aus gesehen. Eine halbe Drehung des Planeten um die eigene Achse, und sie als Betrachterin befand sich direkt über Europa.
    Dann, als würde sie durch das Sichtfenster eines rasenden Satelliten schauen, begann sie in Richtung Norden hinabzustürzen, auf

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