Die Schwingen des Todes
blickten aus einem Gesicht, das von schulterlangem, weichem Haar eingerahmt wurde. Sie hatte ebenmäßige Züge, ohne wirklich hübsch zu sein. Ihr Aussehen litt etwas unter den Spuren einer Pubertätsakne auf den Wangen, obwohl die Narben gut mit Makeup und Rouge verdeckt waren. Sie trug einen kurzärmligen Pulli mit tiefem Ausschnitt, der ihre beachtliche Oberweite zur Geltung brachte. Sie sah erst zu Plunkett, dann zu Decker und auf die Pistole. Plunkett lächelte.
»Ich hab gerade rausgefunden, dass er ein Freund von Merrin ist.«
»Umso besser.« Die Frau lächelte mit leicht schiefen Zähnen, denen eine Spange nicht geschadet hätte. »Kommen Sie rein, Sir. Nur keine Angst.«
Ihre Stimme war rauchig. Decker steckte die Pistole in die Manteltasche und drückte Plunkett den Fünfziger in die Hand. »Sie können jetzt gehen. Warten Sie nicht auf mich; es kann eine Weile dauern.«
Der Fahrer starrte ihn an. »Und meine Pistole?« »Haben Sie einen Waffenschein, Plunkett?« Keine Antwort.
»Hab ich mir gedacht. Ich wiederhole, Sie können jetzt gehen.« Den Blick immer noch auf die Frau gerichtet, rief er Jonathan an. »Schick die Kavallerie nach Hause. Alles in Ordnung.«
»Akiva, wo bist du... ?«, rief Jonathan.
Aber Decker hatte die Verbindung unterbrochen und musterte die Frau. Sie war nicht viel älter als zwanzig. Ihre Nägel waren hervorragend manikürt, aber nicht lackiert.
»Was kann ich für Sie tun, Sir? Möchten Sie die Fotos unserer Masseusen sehen?«
Wieder die rauchige Stimme, die seinen Puls ein wenig beschleunigte. Er brauchte einen Moment, um wieder auf den Boden der Tatsachen zu kommen. Wenn irgendjemand über Informationen verfügte, dann die Bienenkönigin, nicht die Arbeitsbienen. Er blickte ihr tief in die Augen. »Ich möchte Sie.«
Sie lächelte. »Tut mir Leid, Sir. Ich mache bloß den Empfang.«
Nett und höflich. Irgendwer hatte ihr gute Manieren beigebracht. »Wissen Sie was, Süße? Das macht nichts. Im Augenblick möchte ich bloß ein bisschen reden.«
Ihre Augen blieben auf sein Gesicht geheftet, aber ihre Miene wurde hart. »Das ist gegen die Regeln.«
Decker zog einen Hundertdollarschein hervor. »Jetzt ist bestimmt nicht viel los. Wir brauchen's ja niemand zu erzählen.« Er zwinkerte. »Bitte.«
Sie schaute rasch über die rechte Schulter. Decker folgte ihrem Blick und bemerkte eine unauffällige kleine Tür in der Holzvertäfelung. Dahinter stand zweifellos jemand mit einer Pistole. Wieder schüttelte sie den Kopf; ihre ganze Haltung bewies, dass sie einen einflussreichen Beschützer hinter sich wusste. Merrin hatte die Finger in vielen Geschäften. »Nichts zu machen, Sir.«
»Ich bin ein sehr guter Freund von Merrin«, beteuerte er.
»Das freut mich, Sir, aber das spielt keine Rolle - abgesehen von den zehn Prozent Rabatt, die Sie bei jeder unserer Massagetherapeutinnen bekommen.« »Ach, so nennt man das heutzutage.«
Ihr Blick wurde eisig - ein vertrauter Ausdruck, obwohl er ihn nicht ganz einzuordnen wusste. Und dann fiel es ihm plötzlich wieder ein. Er lächelte ein wenig und sah sie von oben herab an. »Und was würden Sie tun, wenn ich Ihnen sage, dass C.D. mich geschickt hat?«
Ihre Wangen wurden rot. Wieder ein Blick über die Schulter. »Ihren Ausweis, bitte?«
Decker gab ihr seinen Führerschein. Sie nahm ihn, stand auf und schloss die Vordertür ab. Sie trug einen schwarzen Ledermini und hohe Absätze. Sie wackelte mit dem Po, als sie in dem winzigen Raum hinter der Geheimtür verschwand. Fünf Minuten später kam sie zurück. Wortlos nahm sie Deckers Hand und führte ihn die Treppe hinauf. Ihr Gesicht war ausdruckslos, keine Spur von Trotz. Eine geheimnisvolle, verborgene Stimme hatte ihr gesagt, sie solle sich benehmen. Wenn nicht, würde es ernste Folgen haben.
32
Das Zimmer lag am Ende eines langen, schmalen Korridors, zwei Treppen hoch, am Ende des Gebäudes. Es war dunkel und stickig, und über den Fenstern und an der Decke hingen viele Meter geraffter Stoff: dicker ochsenblutfarbener Samt und rubinroter Satin. Zwischen dem Stoff an den Wänden und an der Decke waren Spiegel angebracht. Das Bett hatte Übergröße, einen goldenen Seidenbezug und viele Kissen. Ein Kronleuchter warf buntes Licht auf einen Überwurf, der ein wenig nach Zigarettenrauch und Parfüm roch. Es war ein Bordellzimmer wie eine Filmkulisse. Die Blondine ging zu einem Spiegel und bückte sich, sodass ihr kleiner, fester Po zum Vorschein kam. Sie drückte gegen ein
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