Die Schwingen des Todes
verdrehte die Augen. Decker löste seine Umklammerung und ließ ihm genug Luft, um zu sprechen. »Beantworte meine Frage, oder ich bring dich um.«
»Himmelherrgott noch mal, ich hab sie noch vor sechs Stunden gesehen«, röchelte Donatti. »Es ging ihr gut. Lass mich los!«
Decker drückte noch ein letztes Mal zu und stieß ihn dann abrupt von sich weg. Donatti fiel auf die Knie, hielt sich den Hals und rang nach Luft. Decker begann im Raum auf und ab zu gehen.
»Du hast gesagt, sie sei sicher bei dir! Du hast gesagt, dass alles okay wäre! Du hast gesagt, du kümmerst dich um sie, und ich hab dir vertraut, Donatti. Entweder hast du mich angelogen, oder du hast es vermasselt. Und mit vermasselt meine ich wirklich vermasselt!«
Noch immer nach Luft ringend, konnte Donatti ihn nur anstarren. Er keuchte wie eine gehetzte Bulldoge und begann p lötzlich heftig zu schwitzen; der Schweiß rann in Strömen über sein Gesicht und durchtränkte Hemd und Hose. Schaum bildete sich vor seinem Mund. Decker dachte einen Moment, er habe einen Anfall. Doch stattdessen riss Donatti die Augen auf und trat so heftig gegen die Unterseite des Konferenztisches, dass die Fotos in die Höhe flogen, einen Augenblick in der Luft schwebten und dann zu Boden segelten. Ein weiterer Tritt, und der Tisch fiel um.
Von diesem Moment an wurde jeder Gegenstand im Raum zum Projektil - Requisiten, Stative, Ständer, Stühle, Lampen, die Kaffeemaschine, Tassen, die Whiskyflasche, die Gläser, alles, was Chris in die Finger bekam - bis auf sein Cello. Objekte schossen durch den Raum, und obwohl nichts direkt auf Decker gezielt war, konnte er sich kaum schützen. So viele schwere Gegenstände flogen mit solcher Wut durch den Raum, dass sie Glas und Keramik zerschmetterten. Decker blieb nichts, wohin er sich flüchten konnte; schließlich duckte er sich in eine Ecke.
»Donatti, hör auf!«, befahl er.
Aber Donatti hörte nicht auf. Eine Karaffe flog in Deckers Richtung und verfehlte ihn nur um wenige Zentimeter.
»Donatti.«
KRACH!
»Chris.« Decker kämpfte sich langsam zu ihm vor und hielt dabei seine Jacke schützend vor sich. »Hör auf, verdammt! Chris.«
Er berührte Donatti an der Schulter. Er hätte es besser wissen müssen. Trotzdem wäre er dem Schlag beinahe erfolgreich ausgewichen, doch leider hatte er vergessen, das Chris Linkshänder war.
Decker bekam den Schlag mitten ins Gesicht und torkelte drei Schritte zurück, bevor er gegen die Wand krachte und zu Boden sank. Er sah Sterne; sein Kopf schien in eine Million Stücke zersprungen zu sein. Als er wieder klar sehen konnte, stellte er m it einer gewissen Befriedigung fest, dass sein Kiefer noch heil war. Das ließ sich von seiner Nase allerdings nicht behaupten: Sie blutete heftig, genau wie seine Lippe. Aber er konnte immer noch sehen und hören, zumindest gut genug, um zu begreifen, dass Donatti vom Werfen zum Fluchen übergegangen war.
».weißt du, was das für meinen Ruf bedeutet? Weißt du, was das für meine Mädchen bedeutet? Wenn ich diesen Scheißkerl nicht bald finde, kannst du mir genauso gut eine Kugel durch den Kopf jagen, weil ich nämlich dann so gut wie tot bin!«
Donatti hatte Schaum vor dem Mund. Er zitterte so stark, dass seine Zähne klapperten. Sein Gesicht troff förmlich vor Schweiß. Er stampfte so heftig auf und ab, dass die Absätze seiner Stiefel tiefe Abdrücke in den Dielen hinterließen. Er murmelte, fluchte, schwitzte und spuckte vor sich hin. Dann prügelte er auf die Wand ein und schlug ein Loch hinein.
Noch immer benommen von dem Schlag ins Gesicht, saß Decker zusammengekrümmt auf dem Boden. Er wischte sich die Nase an seinem Hemd ab. »Hilf mir auf.«
Donatti wirbelte herum und starrte finster in Deckers Richtung. Er glotzte ihn an wie einen Fremden.
»Ich sagte, hilf mir auf, Mann!«, befahl Decker.
Donatti blieb stehen und starrte noch immer auf Decker. Aber er streckte seine Hand aus und zog Decker auf die Füße. Dann trat er zwei Riesenschritte zurück. »Wirst du mir einen Schlag von hinten verpassen, wenn ich mich umdrehe?«
»Führ mich nicht in Versuchung!«, knurrte Decker. Er strich seine Kleidung glatt und berührte vorsichtig sein Gesicht. »Du brauchst einen Drink. Ich hol dir einen Schnaps. Aber lass deine verdammten Pfoten in den Taschen!«
Donatti hatte noch immer eine heisere Stimme. Er räusperte sich. »Wo du schon dabei bist, bring dir auch etwas Eis für dein Gesicht mit.«
Decker zog eine Flasche Scotch, die den
Weitere Kostenlose Bücher