Die Séance
unterbrechend.
“Bitte?”
“Würdest du bitte mal aufpassen? Mike könnte der Zinnmann sein und Dan die Vogelscheuche.”
“Dann fehlt noch der feige Löwe” merkte Christina an.
“Dazu werde ich Jed überreden müssen.”
“Meinst du, du könnest Jed dazu bringen, sich als feiger Löwe zu verkleiden?”
“Vermutlich nicht.” Ana wirkte für einen Moment nachdenklich. “Wer sich als was verkleidet, legen wir später fest. Obwohl, so was könnte auch ihm Spaß machen. Eigentlich hat er sogar Sinn für Humor. Irgendwo zumindest”, versicherte Ana ihr trocken. “Ich bezahle jetzt mal dieses Zeug. Dann gehen wir wieder.”
“Ich zahle die Hälfte”, bot Christina an.
Nach dem Klamottenladen fuhren sie den International Drive hinunter, Ana beschwerte sich die ganze Zeit über die Touristen. “Der Verkehr wird jeden Tag schlimmer.”
“Oktober in den Themenparks. Was erwartest du denn?”
Ana war eine Weile still. “Haben die nichts davon gehört, dass hier ein Serienmörder frei herumläuft?”
Christina war überrascht von der plötzlichen Ernsthaftigkeit ihrer Freundin. “Ana, die meisten Leuten glauben, sie selbst könnten nie zu Opfern werden. Und die meisten Frauen können sich damit beruhigen, dass sie ja nicht mehr jung genug – oder rothaarig genug – sind.”
Ana sah sie besorgt an. “Du bist aber beides.”
“Aber ich bin keine Touristin”, seufzte Christina.
“Da sind wir”, sagte Ana. “Und ich bin am Verhungern.”
Sie waren bei O’Reilly’s angekommen, einem Pub, den es schon vor der Invasion der Themenparks in Zentralflorida gegeben hat. Ein Familienbetrieb, der jetzt in der dritten Generation geführt wurde. Das Essen war gut und reichlich, die Atmosphäre freundlich.
“Wenn wir reingehen, sieh dir mal die Bilder an der Wand an”, sagte Ana. “Dann kannst du sehen, wer in den letzten Jahren gewonnen hat.”
“Yes, Ma’am”, sagte Christina, demütig und lächelnd.
Eine nette Kellnerin brachte sie zu einer Nische. Beide bestellten Eistee und Shepherd’s Pie, die Spezialität des Hauses. Nachdem die Getränke gebracht wurden, betrachtete Christina pflichtbewusst die Fotos an der Wand, kürzlich aufgehängt, um die Kundschaft dazu zu bewegen, ihr Halloween im O’Reilly’s zu verbringen. Der erste Preis belief sich auf tausend Dollar – und ein Platz an dieser Wand der Schande im nächsten Oktober.
“Großer Gott”, sagte Ana plötzlich atemlos.
“Was ist?”
Ana zeigte auf den Fernseher hinter der Bar. Normalerweise lief da immer Sport. Aber nicht heute Nacht. Stattdessen war auf dem Bildschirm ein Reporter zu sehen, der mit grimmigem Gesicht live von der Biegung eines Highways berichtete, wo er gerade den Pressesprecher der Polizei interviewte.
“Lauter, bitte”, sagte jemand an der Bar.
Das ganze Restaurant schien zu verstummen, während der Pressesprecher, ein hagerer älterer Mann, der Autorität ausstrahlte, ruhig etwas sagte.
“… ein weiteres Opfer. Wir halten ihre Identität noch zurück, bis die nächsten Verwandten benachrichtigt worden sind. Wir fordern die ganze Bevölkerung – und besonders junge Frauen – auf, besonders vorsichtig zu sein. Gehen Sie auf keinen Fall mit Fremden irgendwohin. Gehen Sie nicht allein über dunkle Parkplätze. Viele Geschäftsleute in unserer Region werden besondere Maßnahmen ergreifen, um die Sicherheit unserer Anwohner und unserer Gäste zu gewährleisten. Wir bitten aber auch um Ihre Mithilfe. Seien Sie auf der Hut und teilen Sie der Polizei alles, wirklich alles mit, das irgendwie verdächtig wirkt. Seien Sie vorsichtig!”
“Manche Leute sagen, der Interstate-Killer sei zurückgekommen”, sagte der Reporter. “Haben wir es jetzt mit einem Nachahmungstäter zu tun, oder wurde vor zwölf Jahren ein schrecklicher Fehler begangen?”
“Beau Kidd ist niemals wegen irgendeines Verbrechens verurteilt worden”, sagte der Sprecher. “Im Augenblick wissen wir noch nicht, womit wir es hier zu tun haben. Seien Sie versichert, dass jede Polizeidienststelle im Staat Florida auf dem Posten sein wird, und wenn die Umstände es erfordern, werden wir auch das FBI um Hilfe bitten.”
Christina zuckte zusammen, als ihr Teller vor sie hingestellt wurde, und sah auf. Die Kellnerin war ein hübsches Mädchen mit goldenen Augen, Sommersprossen und karottenrotem Haar. Nach ihrem leichten Akzent war sie Irin, aber wohl schon seit einiger Zeit in Florida.
“Im Fernsehen sprechen sie es nicht aus”, murmelte
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