Die Séance
dir dabei helfen, mir zu helfen.”
Sie tat, als hätte sie ihn nicht gehört, setzte sich an ein Ende der Klavierbank und nahm Killer auf ihren Schoß. “Killer scheint zu wissen, dass du da bist.”
“Hunde haben eine besondere Wahrnehmung”, sagte er. “Niedliches Biest.”
“Ja. Mein Rottweiler-Ersatz”, witzelte sie.
Er grinste. “Du hast die ganze Zeit gewusst, dass hier keiner einbricht, richtig? Ich habe versucht, ein guter Gast zu sein, den Kaffee zu machen und so.”
“Ich hätte fast einen Herzinfarkt gekriegt.”
“Hast du aber nicht”, sagte er leise. “Weil du es wusstest.”
Sie schüttelte den Kopf. “Ich wusste nur, dass wir nicht mit dem blöden Ouija-Brett hätten spielen sollen”, sagte sie.
“Vielleicht wäre das aber eine prima Idee, noch mal damit zu spielen”, meinte er.
Sie starrte ihn finster an.
“Oder vielleicht eine Séance abzuhalten”, schlug er vor.
“Was meinst du?”
“Eine Séance könnte hilfreich sein.”
“Du …” Sie zeigte mit dem Finger auf ihn, völlig erledigt. “Du musst wirklich verschwinden. Die Leute halten mich alle längst für ein emotional zerbrechliches Pflänzchen. Ich kann wirklich nicht noch einen verfluchten Geist brauchen, der hier rumhängt und mich tatsächlich noch in den Wahnsinn treibt.”
Sie stand auf und ging in die Küche, aber er folgte ihr und lehnte sich an die Wand und blickte sie versonnen an.
“Weißt du, du kannst nicht einfach so tun, als ob ich nicht da wäre.”
“Kann ich nicht? Pass mal auf.” Sie fing an zu singen.
Aber dann spürte sie ihn. Er hatte seine Hände auf ihre Schultern gelegt.
Sie wirbelte herum und starrte ihn an. “Was zum Teufel …?”
“Du kannst mich nicht einfach ignorieren, weil es nicht allein darum geht, meinen Namen reinzuwaschen”, sagte er sehr leise.
“Geht es nicht?”, wisperte sie.
“Nein. Ich rede auch davon, das Leben von all den anderen Frauen zu retten, die das Monster da draußen sonst noch umbringen wird.”
10. KAPITEL
V or Jed lagen Akten und Notizen ausgebreitet, als das Telefon zu klingeln begann. Er hob ab und sagte: “Hallo?”
“Jed? Jed Braden?”
Er erkannte die weibliche Stimme am anderen Ende nicht.
“Ja, am Apparat.”
Einen Moment herrschte Stille. Er stand immer noch im Telefonbuch, und manchmal bekam er seltsame Anrufe von sogenannten Fans. War das einer von denen?
“Wer ist dran?”
“Katherine.”
“Katherine?”
“Katherine Kidd.”
“Natürlich”, sagte er und fragte sich, wieso er nicht gleich darauf gekommen war, als sie ihren Vornamen sagte. “Hallo. Wie geht es Ihnen?”
“Prima. Ich wollte nur mal fragen … wie kommen Sie voran?”
Er zögerte. “Wie ich vorankomme? Ganz gut. Ich nehme an, Sie wissen, dass ich Ihren Vater besucht habe. Ich glaube nicht mehr, dass Ihr Bruder der Mörder gewesen ist. Aber ich bin nicht mehr bei der Polizei. Und auch wenn ich mir sicher bin, wer nicht der Täter war, hab ich dadurch nicht automatisch eine Ahnung, wer es wirklich ist.”
“Dafür danke ich Ihnen. Das bedeutet mir sehr viel.” Sie zögerte. “Würden Sie mal einen Kaffee mit mir trinken?”, fragte sie zurückhaltend.
“Ich bin nicht sicher …”
“Schön. Sie halten es nicht für eine gute Idee, sich auf eine persönliche Beziehung mit einer Klientin einzulassen. Aber ich bin keineswegs auf eine Verabredung scharf”, teilte sie ihm mit. “Ich denke lediglich, wenn wir uns mal unterhalten würden … Ich glaube, ich könnte Ihnen vielleicht weiterhelfen.”
“Na dann: Wo wollen wir uns treffen?”
Er konnte nicht viel von dem erkennen, was im Haus vor sich ging. Diese alten viktorianischen Spitzenvorhänge verbargen so ziemlich alles, außer ihrem Schatten, der sich gut sichtbar von einem Zimmer ins andere bewegte.
Er hätte eindringen müssen, solange er noch die Möglichkeit dazu gehabt hatte. Zu spät. Jetzt konnte er nur noch beobachten. Aber er liebte es, zu beobachten. Ein wesentlicher Teil seiner Vorbereitung – die Observation. Vorfreude war immer schon seine schönste Freude gewesen. Und natürlich darüber zu reden, sich mitzuteilen.
Aber heute Nacht gab es keine Möglichkeit zu reden, also begnügte er sich damit, zu beobachten, wie sie sich in dem großen alten Haus bewegte.
Sie war so hübsch. Genau sein Typ. Groß, mit diesem vollen roten, langen Haar. Und diese Augen … Aber da er heute Nacht keine Einzelheiten zu erkennen vermochte, musste er eben seine Vorstellungskraft
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