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Die sechste Kugel

Die sechste Kugel

Titel: Die sechste Kugel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Johannson
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strichen über ihren Rücken, über ihre Brüste und ihren Po. Sie presste ihr Becken an meines, damit sie mich fühlen konnte. Dann fand mein Mund den ihren. Sie schmeckte noch immer unbeschreiblich gut. Ihre Lippen waren so sanft und weich, ihre Zunge so forschend und fordernd. Ich merkte, wie ihre Hände an meinem Gürtel nestelten.
    »Ich habe so lange darauf gewartet«, flüsterte sie. »Aber vorher brauche ich einen Kaffee. Oder einen Tee.«
    Ich ignorierte ihre Worte und schob meine Hand zwischen ihre Beine. Doch sie stieß mich zurück.
    »Kaffee oder Tee?«
    »Ich will dich. Jetzt und hier, sonst nichts.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein, du musst dich entscheiden: Kaffee oder Tee.«
    Ich sah mich um. Auf einmal begann das Meer sich zurückzuziehen, die Möwen waren wieder da, doch dieses Mal kreischten sie wie ein Kleinkind im Flugzeugsitz.
    »Sir? Coffee or tea?«, fragte mich eine blonde Flugbegleiterin, die das Verfallsdatum für Stewardessen schon längst überschritten hatte und offensichtlich zu lange der radioaktiven Strahlung in Flugzeugen ausgesetzt war. Sie sah aus wie ein Zombie.
    Ich schüttelte schlaftrunken den Kopf. »Whisky.«
    Sie legte bedauernd das Gesicht in Falten wie ein Mops. »I’m sorry, Sir.«
    Dann eben nicht. Ich reckte mich und schüttelte den Rest des Schlafs aus meinem Kopf. Es war nur ein Traum gewesen. Ich hatte Clara noch längst nicht gefunden. Obwohl ich guter Hoffnung war, endlich auf ihre Spur gekommen zu sein. Die Mail klang wirklich vielversprechend.
    Seit einigen Monaten lebte ich in Rio de Janeiro und hatte intensive Nachforschungen angestellt, um eine Frau aufzuspüren, die mich in Deutschland in die Machenschaften einer großen verbrecherischen Organisation verwickelt hatte und danach spurlos verschwunden war. Alles, was ich von ihr besaß, war eine Postkarte aus Brasilien. Doch das Land war groß, viel zu groß, um eine einzelne Person ausfindig zu machen. Ich hatte Anzeigen im Internet aufgegeben, Leute befragt und sogar einen Hacker beauftragt, der mir die Passagierlisten aller Flüge nach Brasilien in einem bestimmten Zeitraum besorgte. Das brachte mich endlich auf eine kleine, heiße Spur. Auf einer Insel im Süden Brasiliens sollte seit Kurzem eine junge Deutsche leben, auf die die Beschreibung von Clara passte. Ihr Name war angeblich Helene, doch das besagte nichts. Namen konnte man ändern. In Wahrheit hieß Clara eigentlich Isabelle und mein Name war ehemals auch ein anderer gewesen, bevor ich zu Peter Mustermann wurde.
    Ich spürte ein sanftes Kribbeln im Magen bei dem Gedanken daran, vielleicht schon in wenigen Stunden Clara gegenüberstehen zu können. Was würde ich ihr sagen? Würde ich sie anklagen, weil sie mich in die Falle gelockt und wissentlich als ahnungslosen Reporter auf die größten Verbrecher Europas angesetzt hatte? Sie wollte ihnen durch mich das Handwerk legen. Und hatte damit so ganz nebenbei mein Leben ruiniert.
    Oder würde ich ihr nur einfach in die Arme fallen? Ich war damals, obwohl verheiratet, mächtig verknallt in sie gewesen. Aber gegen die Liebe kam man oftmals nicht an.
    »Please fasten your seatbelt«, verlangte die verwitterte Stewardess durch das Mikrofon. »We are approaching our destination.«
     
    ***
     
    Die Stadt im Süden Brasiliens besaß nur einen winzigen Flughafen. Als die Maschine so nah wie möglich zum Gebäude gerollt war, stiegen wir aus und liefen über das Flugfeld. Da es sich um einen nationalen Flug handelte, scherte sich niemand um meinen Pass, so dass ich so schnell wie möglich in der Ankunftshalle stand. Mit einem inzwischen mächtig angewachsenen Kribbeln im Bauch hielt ich Ausschau nach Clara, nach ihren dunklen Haaren und ihren funkelnden Augen. Doch ich konnte sie nirgends entdecken. Wie auch? Sie wusste nicht, dass ich kommen würde. Der E-Mail-Kontakt war ausschließlich über ihren Nachbarn gelaufen. Trotzdem konnte ich es mir nicht verkneifen, mich umzusehen – und eine gelinde Enttäuschung zu verspüren. Ich ärgerte mich über mich selbst und schluckte sie schnell hinunter. Am Stand einer Autovermietung mietete ich mir einen kleinen Wagen. Obwohl ich mir in den vergangenen Monaten etwas Geld durch das Schreiben von Artikeln für eine Reise-Webseite verdient hatte, war mein Budget knapp bemessen. Aber ich war schon mit weniger ausgekommen.
    Kaum hatte ich die Formalitäten mit meinen gefälschten Papieren erledigt, fuhr ich Richtung Zentrum.
    Florianopolis ist eine adrette Stadt,

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