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Die See des Schicksaals

Die See des Schicksaals

Titel: Die See des Schicksaals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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an der Gangway erschien eine Gestalt. Der Mann hatte die zarten Züge eines melniboneischen Adligen, ein schlanker, sich stolz gebärdender Mann in weiten golddurchwirkten Roben, einen prunkvollen Helm aus Gold und Elfenbein über den langen kastanienbraunen Lokken. Er hatte graublaue Augen, eine helle, leicht gerötete Haut und schien, soweit Elric ausmachen konnte, völlig unbewaffnet zu sein.
    Würdevoll schritt Saxif D'Aan herab, gefolgt von seiner Räuberschar. Der Gegensatz zwischen diesem gutaussehenden Intellektuellen und den Männern, über die er herrschte, war extrem. Während er hochaufgerichtet und elegant ausschritt, schlurften die anderen gebeugt dahin, verdreckt, degeneriert, ohne Intelligenz, voller Freude über den schnellen Sieg. Keiner der Männer zeigte auch nur eine Spur menschlicher Würde; jeder hatte sich reichlich mit zerrissenen und verschmutzten Galagewändern behängt und führte mindestens drei Waffen mit, und überall war gestohlener Schmuck zu sehen, Nasenringe, Ohrringe, Hänger, Halsketten, Zehen- und Fingerringe, Ohrringe, Anstecknadeln und dergleichen.
    »Bei den Göttern!« brummte Smiorgan. »Eine solche Ansammlung von Abschaum habe ich noch nie gesehen; dabei dachte ich, ich hätte auf meinen Reisen schon alles erlebt. Wie läßt sich nur die Gesellschaft dieser Kerle ertragen?«
    »Vielleicht entsprechen sie seinem Sinn für Ironie«, meinte Elric.
    Graf Saxif D'Aan erreichte das Deck und blickte zu den drei Gestalten empor, die das Poopdeck noch nicht verlassen hatten. Er verneigte sich leicht. Sein Gesicht wirkte beherrscht, und nur seine Augen ließen die Intensität der Gefühle erkennen, die in ihm brodelten, besonders als sein Blick auf das Mädchen in Elrics Armen fiel.
    »Ich bin Saxif D'Aan von Melnibone, jetzt von den Inseln hinter dem Roten Tor. Ihr habt etwas an Bord, das mir gehört. Ich möchte es euch abfordern.«
    »Du meinst die Dame Vassliss aus Jharkor?« fragte Elric, und seine Stimme klang genauso sicher wie die Saxif D'Aans.
    Saxif D'Aan schien Elric zum erstenmal wahrzunehmen. Ein leichtes Stirnrunzeln erschien, war aber sofort wieder verschwunden. »Sie gehört mir«, sagte er. »Du kannst mir glauben, daß sie durch meine Hand keinen Schaden erleiden wird.«
    Elric, der einen Angriffspunkt suchte, wußte, daß er mit den nächsten Worten viel riskierte: Er sprach in der Hochsprache Melnibones, die nur unter Angehörigen der königlichen Familie gebräuchlich war. »Das Wissen um deine Geschichte beruhigt mich nicht gerade, Saxif D'Aan.«
    Fast unmerklich erstarrte der goldschimmernde Mann. In seinen graublauen Augen zuckte ein neues Feuer auf. »Wer bist du, der du die Sprache der Könige sprichst? Wer bist du, der Kenntnisse über meine Vergangenheit zu haben behauptet?«
    »Ich bin Elric, Sohn des Sadric, und ich bin der vierhundertachtundzwanzigste Herrscher des Volkes von R'lin K'ren A'a, das vor zehntausend Jahren auf der Dracheninsel landete. Ich bin Elric, dein Herrscher, Graf Saxif D'Aan, und ich verlange deine Lehnstreue!« Und Elric hob die rechte Hand, an der der Ring mit dem Actorios-Stein schimmerte, der Ring der Könige.
    Graf Saxif D'Aan hatte sich wieder voll in der Gewalt. Er ließ nicht erkennen, ob er beeindruckt war. »Deine Macht endet an den Grenzen deiner Welt, edler Herrscher, wenn ich dich auch als gleichgestellten Monarchen begrüßen will.« Er breitete die Arme aus, und seine weiten Ärmel raschelten. »Diese Welt gehört mir. Alles, was sich unter der blauen Sonne befindet, unterliegt meiner Macht. Du bist in mein Reich eingedrungen. Ich habe das Recht, zu tun, was mir beliebt.«
    »Piratengeschwätz«, brummte Graf Smiorgan, der von den Worten nichts mitbekommen hatte, den Tonfall aber zu interpretieren wußte. »Prahlerei eines Piraten. Was hat er gesagt, Elric?«
    »Er überzeugt mich, daß er in diesem Sinne kein Pirat ist, Graf Smiorgan. Er behauptet der Herrscher dieser Ebene zu sein. Da es anscheinend keinen anderen gibt, müssen wir uns diesem Anspruch beugen.«
    »Bei den Göttern! Dann soll er sich auch wie ein Monarch verhalten und uns aus dieser Gegend fortsegeln lassen!«
    »Das ist durchaus möglich - wenn wir ihm das Mädchen geben.«
    Graf Smiorgan schüttelte den Kopf. »Das tue ich nicht. Sie ist mein Passagier und mir anvertraut. Eher müßte ich sterben, als sie auszuliefern. Das verlangt der Ehrenkodex der See-Lords der Purpurnen Städte.«
    »Für eure Treue gegenüber diesem Kodex seid ihr berühmt«,

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