Die See des Schicksaals
»würdest du mich nicht töten -denn ich allein besitze den Schlüssel, der euch aus dieser Welt entlassen könnte.«
»Vielleicht wollen wir lieber hierbleiben«, sagte Elric.
»Dann wärt ihr meine Untergebenen. Aber nein - es würde dir hier nicht gefallen. Ich bin freiwillig im Exil. Ich könnte nicht mehr in meine Welt zurückkehren, selbst wenn ich es wollte. Mein Wissen hat mich viel gekostet. Aber ich möchte hier eine Dynastie gründen, hier unter der blauen Sonne. Ich brauche meine Frau, Prinz Elric. Ich muß Gratyesha haben.«
»Sie heißt Vassliss«, sagte Elric halsstarrig.
»Das glaubt sie nur.«
»Dann ist es auch ihr Name. Ich habe geschworen, sie zu beschützen, dasselbe gilt für Graf Smiorgan. Und wir werden sie beschützen. Du müßtest uns beide umbringen.«
»Genau«, sagte Graf Saxif D'Aan mit der Miene eines Mannes, der sich Mühe gibt, einen begriffsstutzigen Schüler auf die richtige Antwort zu bringen. »Genau. Ich werde euch alle töten müssen. Du läßt mir keine andere Wahl, Prinz Elric.«
»Würde dir das denn nützen?«
»O ja. Es würde mir einen gewissen mächtigen Dämon einige Stunden lang Untertan machen.«
»Wir müßten uns wehren.«
»Ich habe viele Männer. Sie bedeuten mir nichts. Über kurz oder lang würden sie euch besiegen. Oder nicht?«
Elric schwieg.
»Meine Männer werden durch Zauberkräfte unterstützt«, fügte Saxif D'Aan hinzu. »Einige würden dabei umkommen, aber nicht viele, glaube ich.«
Elric blickte über Saxif D'Aans Schulter, starrte auf das Meer hinaus. Er war sicher, daß das Pferd dem Schiff noch immer folgte. Und er war sicher, daß Saxif D'Aan das ebenfalls wußte.
»Und wenn wir dir das Mädchen auslieferten?«
»Dann würde ich euch das Rote Tor öffnen. Ihr wärt meine Gäste. Ich würde dafür sorgen, daß ihr sicher durch das Tor tretet, daß ihr darüber hinaus in ein gastfreundliches Land in eurer Welt geleitet werdet, denn auch wenn ihr heil drüben ankommt, ist die Gefahr nicht vorüber. Denkt an die Stürme.«
Elric tat, als überlege er.
»Du hast nicht mehr lange Zeit für deine Entscheidung, Prinz Elric. Ich hatte gehofft, meinen Palast Fhaligarn jetzt zu erreichen. Ich kann dir nicht mehr viel Zeit zum Überlegen geben. Komm, triff deine Entscheidung! Du weißt, daß ich die Wahrheit sage.«
»Du weißt, daß ich in deiner Welt gewisse Zauberkräfte mobilisieren kann, nicht wahr?«
»Du hast ein paar befreundete Elementargeister zu Hilfe gerufen, das ist mir bekannt. Doch mit welchem Aufwand? Wolltest du mich direkt herausfordern?«
»Das wäre unklug«, sagte Elric.
Smiorgan zupfte ihn am Ärmel. »Hör auf mit dem sinnlosen Gerede! Er weiß, daß wir dem Mädchen unser Wort gegeben haben, daß wir mit ihm kämpfen müssen.«
Graf Saxif D'Aan seufzte. In seiner Stimme schien ehrliches Bedauern zu liegen. »Wenn ihr entschlossen seid, zu sterben.«, begann er.
»Ich wüßte zu gern, warum dir so daran liegt, daß wir uns so schnell entscheiden«, sagte Elric. »Warum hat das nicht Zeit, bis wir Fhaligarn erreichen?«
Graf Saxif D'Aans Gesichtsausdruck hatte etwas Berechnendes, und wieder blickte er Elric voll in die roten Augen. »Ich glaube, das weißt du«, sagte er beinahe unhörbar.
Aber Elric schüttelte den Kopf. »Ich glaube, du traust mir zuviel Intelligenz zu.«
»Vielleicht.«
Elric wußte, daß Saxif D'Aan seine Gedanken zu lesen versuchte; mit bewußter Anstrengung leerte er seinen Geist und glaubte sofort den Ärger des Zauberers zu spüren.
Im nächsten Augenblick hatte der Albino seinen Verwandten angesprungen, seine Hand traf Saxif D'Aan an der Kehle. Der Graf wurde von dem Angriff völlig überrascht. Er versuchte noch einen Ruf auszustoßen, doch seine Stimmbänder waren gelähmt. Nach einem zweiten Schlag sank er bewußtlos zu Boden.
»Schnell, Smiorgan!« rief Elric, der bereits in die Wanten gesprungen war und mit schnellen Bewegungen hochkletterte. Verwirrt folgte ihm Smiorgan.
Unter dem Krähennest zog Elric sein Schwert, stach unter dem Geländer hindurch nach oben und traf den Ausguck in den Unterleib, ehe der Mann auch nur merkte, was ihm geschah.
Im nächsten Augenblick hieb Elric auf die Taue ein, die das Hauptsegel hielten. Mehrere Räubergestalten kletterten bereits hinter Elric und Smiorgan her.
Das schwere goldene Segel löste sich, stürzte hinab, hüllte die Piraten ein und riß etliche mit in die Tiefe.
Elric kletterte in das Krähennest und ließ den toten Ausguck in
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