Die See des Schicksaals
beide offenbar für die Reinkarnation Gratyeshas hielten, beobachtete sie ebenso besorgt, wie es ihr Original hätte tun können, als Saxif D'Aan vor langer Zeit in den Gärten seines Palastes auf Prinz Carolak stieß.
Saxif D'Aan kämpfte gut, und Carolak kämpfte edel, nutzte er doch bei vielen Gelegenheiten seinen klaren Vorteil nicht aus. Doch schließlich warf Saxif D'Aan sein Schwert fort und rief: »Genug! Ich lasse dir deine Rache, Prinz Carolak. Ich überlasse dir das Mädchen. Aber du wirst mir nicht deine verdammte Gnade schenken - du nimmst mir nicht meinen Stolz.«
Und Carolak nickte, trat vor und zielte geradewegs auf Saxif D'Aans Herz.
Die Klinge drang in die Brust, und Graf Saxif hätte sterben müssen, aber er starb nicht. Er kroch über das Deck, bis er den Fuß des Masts erreichte, und lehnte sich mit dem Rücken dagegen, während sein verwundetes Herz das Blut aus der Wunde pumpte. Und er lächelte.
»Es sieht so aus«, sagte er schwach, »als ob ich gar nicht mehr sterben könnte. Zu lange habe ich mein Leben mit der Hilfe von Zauberei aufrechterhalten. Ich bin kein Mensch mehr.«
Dieser Gedanke schien ihn zu bedrücken, doch Prinz Carolak trat vor, beugte sich über ihn und fand beruhigende Worte. »Du wirst sterben«, versprach er dem anderen, »und zwar bald.«
»Was wirst du mit ihr tun - mit Gratyesha?«
»Sie heißt Vassliss«, sagte Graf Smiorgan beharrlich. »Sie ist die Tochter eines Kaufmanns aus Jharkor.«
»Sie muß allein entscheiden«, sagte Carolak, ohne sich um Smiorgans Einwurf zu kümmern.
Graf Saxif D'Aan richtete die glasigen Augen auf Elric. »Dir muß ich danken«, sagte er. »Du hast mir den einzigen Mann gebracht, der mir Frieden schenken konnte, obgleich ich ihn fürchtete!«
»Ist das der Grund, warum deine Zauberei so schwach ausfiel?« fragte Elric. »Wolltest du, daß Carolak kam und dich von deiner Schuld erlöste?«
»Möglich, Elric. Es scheint, du bist in mancher Beziehung klüger als ich.«
»Was ist mit dem Roten Tor?« knurrte Smiorgan. »Kannst du es öffnen? Hast du dazu noch die Kraft, Graf Saxif D'Aan?«
»Ich glaube, ja.« Aus seiner blutbefleckten Goldkleidung zog der Zauberer einen großen Kristall von der tiefroten Farbe eines Rubins. »Dieser Stein wird euch nicht nur zum Tor führen, sondern es euch auch ermöglichen, hindurchzutreten. Eine Warnung muß ich allerdings aussprechen...« Saxif D'Aan begann zu husten. »Das Schiff.« - er keuchte - »das Schiff ist wie mein Körper durch Zauberkräfte gestützt worden - deshalb. « Der Kopf sank ihm nach vorn. Mit übermenschlicher Anstrengung hob er ihn und starrte an den Männern vorbei auf das Mädchen, das noch immer die Zügel des Schimmelhengstes hielt. »Leb wohl, Gratyesha, Prinzessin von Fwem-Omeyo. Ich habe dich geliebt.« Die Augen blickten starr auf sie, doch es waren schon die Augen eines Toten.
Carolak wandte sich um und blickte das Mädchen an. »Wie nennst du dich, Gratyesha?«
»Vassliss«, antwortete sie und lächelte in sein jugendliches, vom Kampf gezeichnetes Gesicht. »So nennt man mich, Prinz Carolak.«
»Du kennst mich?«
»Ich kenne dich jetzt.«
»Wirst du mich begleiten, Gratyesha? Willst du endlich meine Braut sein, in den fremden neuen Ländern, die ich jenseits der Welt gefunden habe?«
»Ja«, sagte sie.
Er half ihr in den Sattel seines weißen Hengstes und stieg hinter ihr auf. Vor Elric von Melnibone verneigte er sich. »Ich danke dir noch einmal, großer Zauberer, obgleich ich nie angenommen hätte, daß mir jemand vom königlichen Blute Melnibones helfen würde.«
Elrics Gesicht verriet Amüsiertheit. »In Melnibone, so heißt es, gilt es als verseucht.«
»Vielleicht von Milde verseucht.«
»Vielleicht.«
Prinz Carolak grüßte die Männer. »Ich hoffe, du findest deinen Frieden, Prinz Elric, so wie ich den meinen gefunden habe.«
»Ich fürchte, mein Friede wird eher wie der aussehen, den Saxif D'Aan erlangt hat«, antwortete Elric ernst. »Trotzdem danke ich dir für deine guten Worte, Prinz Carolak.«
Im nächsten Augenblick ritt Carolak lachend auf die Reling zu, gab seinem Pferd die Sporen und verschwand im Sprunge.
Stille herrschte an Bord. Die restlichen Räubergestalten sahen sich unsicher an. Elric wandte sich an sie:
»Merkt euch eins - ich habe den Schlüssel zum Roten Tor, und nur ich weiß, wie er benutzt wird.
Wenn ihr mir helft, dieses Schiff zu bedienen, sollt ihr von dieser Welt befreit sein! Was sagt ihr dazu?«
»Gib
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