Die Seele der Elben
gewöhnlich aus â muskulös, mit dichten dunklen Locken, einer kräftigen Nase und Bartschatten auf den frischen Wangen.
Er musste meinen Blick gespürt haben, denn er schlug die Augen auf und sah mich an. Sie waren von einem dunklen Grau mit langen Wimpern, um die ihn jedes Mädchen beneidet hätte, und sein Blick war freundlich und offen. Ich lächelte ihn an, und der junge Mann erwiderte das Lächeln.
»Es ist schön hier«, sagte er. »Es ist, als gäbe es die Stadt nicht.«
Ich nickte â anscheinend war auch er kein Raakusier. Die fühlten sich ohne den Gestank und das Gedränge ihrer engen Gassen nicht wohl, aber der junge Diener machte den Eindruck, als hätte er diesen Platz gesucht und gefunden.
»Ich bin unhöflich«, sagte er und verbeugte sich kurz im Sitzen. »Lluigolf aus Weidenheim, Rialinns Sohn.«
Ich erwiderte die Verbeugung. »Kastarlaijitijankorem, Frar Scriptor des Ordens vom GroÃen Buch. Zu deinen Diensten, Lluigolf aus Weidenheim, Rialinns Sohn.«
Seine Augen weiteten sich kurz, als er meinen Namen hörte. Dann grinste er und sagte: »Ich bin sehr erfreut, Frar Scriptor mit dem unaussprechlichen Namen. Meine Freunde nennen mich Lluis, und es wäre mir ein auÃerordentliches Vergnügen, dich zu meinen Freunden zählen zu dürfen.«
Ich grinste zurück. »Wohl gesprochen, fürwahr! Tijan der Schreiber â für meine Freunde.« Er beugte sich vor, und wir schüttelten uns feierlich die Hände. Seine Hand war warm, der Händedruck kräftig, und als ich aus der Nähe in seine Augen sah, durchzuckte mich eine Ahnung. Dieser Junge musste ein ordentliches Stück älter sein, als es auf den ersten Blick den Anschein hatte.
»Was machst du hier?«, fragte er mich. »Bist du ein Verlobungsgast oder ein neues Stück für die Sammlung?« Er lächelte ein wenig säuerlich. Keine der Varianten schien ihn sonderlich zu erfreuen.
Ich breitete in gespieltem Entsetzen die Hände aus. »Weder noch ⦠hoffe ich zumindest. Ich wurde von meinem Orden hergeschickt, um in der Bibliothek des Markgrafen zu arbeiten.« Das war zwar nur eine Behauptung meinerseits, aber das musste ich ihm ja nicht auf die Nase binden.
Er nickte. »Dann pass gut auf. Der Herr des Hauses lässt dir schneller eine Livree schneidern, als du rennen kannst.« Doch, das klang wütend. Anscheinend war der junge Mann nicht allzu glücklich über seine Anstellung.
»Ich kenne Wigher und seine Obsessionen, trotzdem danke«, erwiderte ich leichthin. Jetzt war ich an der Reihe. »Was bringt dich in diese Livree?«
Er biss die Zähne zusammen. Einen Moment lang dachte ich, er würde eine Lügengeschichte erzählen, dann erlosch der Grimm in seinen Augen, und er strich resigniert die Locken hinter eins seiner spitzen Ohren. Ich unterdrückte einen erstaunten Pfiff. Elben-Mischlinge waren ein seltener Anblick in den Mittländern, und ich konnte mir vorstellen, dass er es bisher mit seiner Herkunft nicht allzu leicht gehabt hatte.
»Dein Vater gehört zum Schönen Volk?«, fragte ich. Er nickte verbissen. Aha, da saà der Ãbeltäter. Deshalb hatte Lluigolf sich wohl auch mit seinem Mutternamen vorgestellt.
»Ich kenne andere wie dich«, sagte ich. Warum? Um ihn zu trösten? Ich wusste es nicht.
Seine Augen funkelten, aber ich wusste ihren Ausdruck nicht recht zu deuten. »So?«, sagte er scheinbar uninteressiert. »Das ist ja nett.«
Ich lieà es dabei, das Thema machte ihm offensichtlich nicht allzu viel Freude. »Die Verlobung sorgt für einen ganz schönen Wirbel hier im Schloss«, wechselte ich das Thema ins, wie ich meinte, Unverfängliche. Aber auch hier schien ich einen wunden Punkt getroffen zu haben, denn er saà schon wieder ganz steif und aufrecht da und blickte unbehaglich drein.
»Hm â ja«, erwiderte er einsilbig und machte Anstalten, sich zu erheben. Allem Anschein nach hatte ich mir hier keinen neuen Freund geschaffen.
»Entschuldige, wenn ich unwissentlich von einem Fettnapf in den nächsten gesprungen sein sollte«, sagte ich schnell. »Komm, setz dich wieder hin und wähle diesmal du das Thema.«
Es dauerte einen Moment, dann entspannten sich seine Züge und er lächelte. »Du musst mich für eine schreckliche Mimose halten«, sagte er. »Aber du hast recht, die Verlobung der Prinzessin
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