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Die Seele der Elben

Titel: Die Seele der Elben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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»dieser hier wäre schön – aber in Schwarz. Oder Dunkelblau. Meinetwegen auch in Braun?«
    Der Vestiar schnaufte. »Auch noch Sonderwünsche, der Herr? Du bist immer noch ein Bediensteter Seiner Hoheit, junger Mann.«
    Â»Ja«, sagte Lluis mit dem Mut der Verzweiflung, »aber heute Abend kann ich doch nicht als Bediensteter an Fräulein Chaantreas Seite sitzen. Wie würde das denn aussehen? Wir würden den Herrn von Wasserberg damit tödlich beleidigen.«
    Trudwin zog die Brauen zusammen und biss sich auf den Daumennagel. »Gut bedacht«, murmelte er. »Da hätte Anselm wahrlich beinahe einen kapitalen Bock geschossen.« Er grinste. Der Gedanke schien ihm Vergnügen zu bereiten. »Also gut«, er klatschte in die Hände, »dann schauen wir mal, wie wir dich für die junge Dame standesgemäß herausputzen. Komm mit.«
    Sie liefen durch einen vollgestellten Gang und gelangten in einen Raum, der bis unter die Decke voller Röcke, Jacken und Hosen hing. Der Vestiar griff nach einem langen Stock, der neben der Tür lehnte, und wanderte murmelnd durch die Reihen. Dann blieb er stehen und stocherte mit dem Stock in dem Gestänge über seinem Kopf herum. Er zog den Stock heraus, und an seinem Ende baumelte wie ein Fisch am Haken ein dunkler Anzug. »Nun?«, fragte Trudwin.
    Lluis nahm den Anzug vom Haken und drehte ihn prüfend in den Händen. Eine dunkle Jacke aus kurzgeschorenem Samt, dazu eine passende Hose aus einem dichten Wollstoff und eine dezent gemusterte Weste – das schien allerdings eine durchaus angemessene Wahl für eine solche Verlobungsfeier zu sein, fand Lluis und sagte das auch. Der Vestiar grummelte geschmeichelt und bedeutete Lluis, ihm zu folgen. »Schuhe, Strümpfe, ein Hemd«, zählte Trudwin auf. »Handschuhe?« Er musterte Lluis fragend.
    Â»Keine Handschuhe«, sagte Lluis. »Auch keinen Stock, kein Monokel und keinen Hut, ich bin doch kein Geck.«
    Â»Auch wieder wahr«, murmelte Trudwin und zog die Wäsche aus einem Regal. »Aber ein Taschentuch, das gehört sich einfach so.« Er stapelte alles in Lluigolfs Armen. »So, junger Mann«, sagte er schließlich und wischte sich die Stirn, »das alles zu treuen Händen. Ich möchte die Sachen morgen wieder hier vorfinden – halbwegs ordentlich und ohne Risse, wenn ich bitten darf!«
    Lluis machte eine scherzhafte kleine Verbeugung und versprach, er werde sein Bestes tun. Der Vestiar grummelte und gab ihm einen Klaps auf den Rücken. »Amüsier dich schön«, sagte er unerwartet und schloss die Tür.
    Lluigolf trug den geliehenen Schatz in sein Quartier und breitete die Kleider auf seinem Bett aus. Wie schön sie aussahen – so dezent und nobel, und ohne ein einziges rotes Fleckchen irgendwo. Er strich mit den Fingerspitzen über die samtene Jacke und den schimmernden Stoff der Weste und seufzte vor Vergnügen. Darin würde er vor Chaantrea ohne Zweifel bestehen können! Sie würde ihn ansehen und vollkommen vergessen, dass er ein Bediensteter war.
    Er schälte sich aus seinen Kleidern und stieg bedächtig in die neue Montur. Dann drehte er sich in Ermangelung eines Spiegels vor der Fensterscheibe und versuchte vergeblich, ein Abbild seiner neuen Eleganz darin zu erhaschen.
    Draußen dämmerte der Abend. Wie spät mochte es wohl sein? Lluis ging zur Tür und öffnete sie. Konnte er da schon Musik aus dem Ballsaal hören? Kam er womöglich zu spät?
    Er beeilte sich, in die große Eingangshalle zu kommen, und dort konnte er zusehen, wie die ersten Gäste durch das Portal schritten, lachend und plaudernd, und von Gustav und seinen Freunden mit Erfrischungen und kleinen Präsenten versorgt wurden.
    Sein Herz schlug bis zum Hals, als er endlich den Herrn von Wasserberg und seine Gesellschaft eintreten sah. Sie hatten keinen weiten Weg zurücklegen müssen, die Zimmerfluchten, in denen sie für die Dauer ihres Aufenthaltes untergebracht waren, lagen im Seitenflügel, der auf den kleinen Lustgarten hinausblickte.
    Chaantrea ging am Arm ihres Vaters, der in fließende, weißgoldene Gewänder gekleidet war und sich mit seinem ebenfalls weißgoldenen Haar von allen anderen Herren in der Halle abhob wie ein exotischer Schmetterling. Chaantrea selbst trug ein enganliegendes, dunkelrotes Kleid und darüber einen nachtblauen Mantel, der weich um ihre schlanken

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