Die Seele der Elben
Auftakt.
Lluigolf lieà sich von den Anweisungen des Tanzmeisters durch den anfangs recht gemessenen Tanz leiten und gewann einige Sicherheit, ehe die Schrittfolgen schneller und schwieriger zu werden drohten. Atemlos reichte er nach einer komplizierten Drehung seiner nächsten Partnerin die Hände und erkannte Vanandel, die ihn mit geröteten Wangen und blitzenden Augen anlachte. »Hallo«, keuchte Lluigolf, »du siehst ja aus, als ob du richtig Spaà hättest. Vertragen wir uns wieder?«
Vanandel klatschte in die Hände und wirbelte herum. Sie fasste seine Hände, schwenkte mit ihm nach rechts und links und antwortete nicht. Lluis sah in ihr strahlendes, erhitztes Gesicht und stöhnte leise. Das brachte wirklich auch nur Hadmut fertig â ihrer eigenen Verlobungsfeier fernzubleiben!
Dann war die Figur beendet und er stand wieder seiner Chaantrea gegenüber. Sie überkreuzten ihre Hände und tanzten unter den erhobenen Armen der anderen Paare hindurch, stellten sich am Ende auf und warteten, bis alle anderen ebenfalls passiert hatten. Lluis war in den Augen seiner Angebeteten gefangen. Sie strahlte ihn an und er erwiderte das Lächeln von Herzen.
»Ich habe noch etwas für dich«, rief sie, als die Tanzpaare Arm in Arm in ihre Schlussposition wirbelten. »Komm, lass uns im Lustgarten etwas Luft schnappen. Ich bin so schrecklich erhitzt!«
Neue Musik setzte ein, zu der sich einige der unermüdlicheren Paare in gesetzten Kreisen drehten. Lluis führte seine Dame an den Tisch zurück, wo Chaantrea sich mit dem Fächer Luft zuwedelte, ein Glas Wein herunterstürzte und zu ihrem Vater sagte: »Die Luft ist so drückend. Danke, bemüht euch nicht, Lluis wird mich hinausbegleiten.«
Uldis, der sich wie der missmutige Vidas schon halb erhoben hatte, lieà sich wieder in seinen Sessel sinken, und Lluis sah, während er Chaantrea zur Tür führte, wie Vidas sich mit Blick auf Lluis zu ihm beugte und etwas zu ihm sagte. Uldis machte eine abwehrende Handbewegung und lächelte mit zusammengekniffenen Augen. Für einen Moment wirkte sein Lächeln schmerzerfüllt.
Die doppelflüglige Tür schloss sich hinter Lluis und der Elbin, und er schob jeden Gedanken an ihren Vater von sich. Uldis war die ganze Zeit über sehr freundlich zu ihm, das sollte ihm wahrhaftig genügen.
Chaantrea lieà seinen Arm los und griff nach seiner Hand. Lluis genoss ihre Berührung, das leise Rascheln, mit dem ihr Kleiderärmel sich am Stoff seiner Jacke rieb, den sanften Druck ihres Armes, den feinen Geruch nach Puder und Parfüm, der ihrem Haar entstieg. Er hätte am liebsten laut gejauchzt vor Wonne.
Der kleine Lustgarten lag alles andere als still und friedlich unter dem Licht des aufgehenden Mondes. Ãberall raschelte, flüsterte und kicherte es in den kleinen Lauben und aus den abgeschirmten Nischen, in denen Bänke standen.
»Dort hinten ist es ruhiger«, sagte Chaantrea und deutete auf die entfernteste Ecke des kleinen Gartens. Wirklich saà noch kein anderes Paar in der umrankten Nische, die Chaantrea ansteuerte. Sie zog Lluis neben sich auf die nicht allzu breite Bank und legte ihre Hände in seine. »Nun?«, fragte sie. »Worauf wartest du?« Sie legte ihren Kopf in den Nacken und schloss halb die Augen, wobei sie ihn spöttisch und auffordernd unter den gesenkten Lidern her anblinzelte.
Lluis legte sehr vorsichtig, als wäre sie aus kostbarstem Glas, seinen Arm um sie und näherte seine Lippen ihrem Mund.
Die nächsten Minuten waren atemlos und selbstvergessen, und Lluis sollte sich auch später nie mehr so recht an alle Einzelheiten dieser ersten, langersehnten Küsse erinnern können.
Endlich rückte Chaantrea ein kleines Stück von ihm ab und richtete ihre etwas aus der Fasson geratene Frisur.
»Ich hatte dir etwas versprochen«, sagte sie. »Warte«, sie fingerte in dem winzigen, paillettenbestickten Ridikül herum, das an ihrem Handgelenk baumelte. Lluigolf fragte sich, was denn in solch einem Beutelchen sein konnte, aber da hatte sie es auch schon gefunden und lieà es mit triumphierender Miene in Lluigolfs Hand fallen.
Er schloss die Finger darum und spürte einen Ring.
»Zieh ihn über«, befahl Chaantrea. »Worauf wartest du?«
Lluis zögerte. Er verspürte einen unerklärlichen Widerwillen, das Schmuckstück über den Finger zu streifen. Aber
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