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Die Seele der Elben

Titel: Die Seele der Elben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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kümmern.« Er machte Anstalten aufzustehen, und das Mädchen sprang an seine Seite, um ihm zu helfen. Auf einen Stock gestützt hinkte die Kröte zur Tür und sagte im Hinausgehen zu ihr: »Wir sehen uns dann morgen wegen der Bücher, Kind. Schlaf wohl.«
    Hadmut stand neben der Tür und sah Lluigolf aus zusammengekniffenen Augen an. »Was mach ich jetzt mit dir? Ich kann dich schlecht mit nach Hause nehmen.« Sie seufzte und drehte ihren Zopf zu einem Knoten zusammen.
    Â»Vielleicht sollte ich den Wirt fragen, ob er mir Obdach gibt?«, schlug Lluigolf vor.
    Hadmut nickte erleichtert. »Das ist eine gute Idee«, sagte sie. »Komm, wir sagen ihm, dass die Kröte es so wünscht. Dann macht Roske keine Zicken.«
    Sie gingen nebeneinander die schmale Treppe hinunter. Lluis bemerkte, dass Hadmut ihn von der Seite ansah. »Wer ist Vibol?«, fragte Lluigolf. »Warum springen alle, wenn er befiehlt?«
    Hadmut öffnete die Tür zum Schankraum. »Frag ihn das morgen selbst«, beschied sie ihm knapp. »He, Roske! Überraschung! Du hast einen Schlafgast!«

Roske, der Wirt, hatte gleichmütig auf die angebliche Anweisung der Kröte reagiert, Lluis einen Schlafplatz zu geben. In der Gaststube sei Platz genug, wenn man keine großen Ansprüche an Bequemlichkeit stelle, brummte er. Doch als Lluigolf ihm half, die Tische abzuräumen und den Boden zu fegen, stellte Roske ihm noch einen herzhaften kalten Imbiss hin und gab ihm eine zweite Decke. Lluis war froh darüber, denn der Wirt hatte gründlich ausgelüftet und auch von dem gestampften Lehmboden stieg empfindliche Kälte auf.
    Er rückte zwei Bänke zusammen und rollte sich darauf in seine Decken. Dann lag er da und starrte zu den geschwärzten Balken hinauf. Es war still, bis auf das leise Trippeln und Rascheln der Mäuse in den Ecken des Gastraumes, und stockdunkel, nachdem das Feuer völlig erloschen war. Seine Augen brannten vor Müdigkeit, aber die Gedanken wollten nicht zur Ruhe kommen. Seine improvisierte Bettstatt erlaubte es ihm nicht, sich hin- und herzuwälzen, also lag er nur da, starrte ins Dunkel und dachte. An Siiran. An ihre kalten Lippen. An die eingefallenen, bleichen Züge mit den riesigen Augen. Daran, wie federleicht sie in seinen Armen gelegen hatte bei ihrer letzten Umarmung, als wäre mit ihrem Tod ihre körperliche Substanz geschwunden. An ihr Flehen, er möge sie befreien. Ihre Stimme, ihr Atem an seiner Wange. An ihr kaltes, kaltes Fleisch …
    Er ächzte und setzte sich auf. Kälteschauer schüttelten ihn, und gleichzeitig jagte fiebrige Hitze durch seine Glieder. Mit zitternden Händen fuhr er sich durchs Gesicht. Der Ring an seinem Finger war glühend heiß und eisig kalt zugleich. Ihm war, als ginge ein matter Schein von dem schmalen Reif aus. Grünlich glänzte das Silber in der Dunkelheit, rot wie Glut unter der Asche schimmerte der Stein. Lluis zog mit klappernden Zähnen die Decke fester um die Schultern. Ganz gewiss hatte ihn der Nasse Wind oder ein Kriecher erwischt. Er konnte sich nicht daran erinnern, jemals in seinem Leben krank gewesen zu sein, aber er hatte erlebt, wie seine Brüder und auch seine Mutter gelegentlich das Bett hüten mussten. Sicher war das der Grund, warum er sich so elend fühlte.
    Irgendwann war die Nacht vorüber. Draußen krähte ein Hahn in einem Hinterhof, auf der Straße rollten rumpelnde Karren vorüber und raue Stimmen riefen Morgengrüße.
    Mit schweren Gliedern und sandscheuernden Augen schob Lluigolf die Bänke wieder an ihren Platz und tappte zur Tür. Im Hinterhof hatte er eine Pumpe gesehen, die würde ihm dabei helfen, einen klaren Kopf zu bekommen.
    Als der Wirt die Treppe hinunter kam, hatte Lluis bereits Feuer im Kamin gemacht und die Läden geöffnet, um Licht und Luft einzulassen.
    Roske war erfreut und drückte Lluis den Sack mit Sägemehl in die Hand, damit er die Gaststube frisch einstreuen konnte. Dann begab er sich in die Küche, um ein kräftiges Frühstück zu bereiten, das sie einträchtig neben dem Küchenofen vertilgten.
    Ohne dass einer von beiden darüber ein Wort verloren hätte, ging Lluis dem Wirt auch noch für den Rest des Tages zur Hand. Er schaffte leere Flaschen und Gefäße in den Hof, füllte die Regale hinter der Theke auf, schleppte Zuber mit Wasser von der Pumpe in die Küche und half beim

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