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Die Seele der Elben

Titel: Die Seele der Elben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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Ordenshaus unter mir betrachten konnte, das dalag wie das Spielzeug eines Riesen, das zwischen den Felsen und niedrigen Bäumen vergessen worden war, und sauste dann pfeilschnell nach Süden. Ihre Schwingen rauschten und sie sang lauthals, während die Landschaft unter uns vorbeizog.
    Irgendwann würde ich die Lieder aufschreiben, die Ranvidar auf unseren Reisen zu singen pflegte. Der Sammlung würde ich den Titel Lieder des Großen Adlers geben und die Obere Kapellarin würde mich dafür aus dem Orden werfen. Aber jetzt sang ich einfach nur mit, wobei ich notgedrungen die obere Stimme zu Ranvidars Alt übernahm.
    Â»â€¦ und der olle Frachter sank mit Maaaann und Maaaaaus«, dröhnte Ranvidar. »Hohoho, die Messer bereit, wir entern den Kahn und saufen den Rum und wenn sie uns fangen, dann hääääängen wir …«
    Â»â€¦Â in der obersten Rah und strecken dem Nöck die Zunge heraaaaaaaaus«, ergänzte ich, wobei ich zugegebenermaßen um ein weniges den letzten Ton verfehlte. »Hölle und Dämon, das Wasser ist tief und kalt ist die See …«
    Â»â€¦Â drum lasst uns heut saufen, denn Mooooooorgen ist weiiiiit«, schloss Ranvidar schmetternd und fügte hinzu: »Du singst immer noch falsch, Kleiner. Tu mir den Gefallen, nimm ein paar Stunden bei eurem Frar Kantor.«
    Sie stimmte eins ihrer Lieblingslieder an, dessen Inhalt sogar einem altgedienten Söldner die Schamröte ins Gesicht getrieben hätte. Ich vergnügte mich derweil damit, das Proviantpäckchen von seiner Umhüllung zu befreien. Als ich die letzten Krümel von meiner Jacke bürstete und mir den Mund abwischte, lagen die Totenberge weit hinter uns, und ich konnte vor uns bereits die bewaldeten Hügel und saftigen Felder der Mark Raakus erkennen. Ranvidar hatte aufgehört zu singen, ihr Atem ging etwas schwerer.
    Â»Was hältst du von einer Pause?«, fragte ich.
    Â»Nichts«, erwiderte sie. »Erinnerst du dich, was beim letzten Mal passiert ist, als ich vor Sandanger landen wollte?«
    Natürlich erinnerte ich mich an diese Reise. Mar Ayomida hatte mich in den südlichen Karst geschickt, um mit Mondauge, der Historikerin der Dunklen Elben, einige strittige Stellen des Großen Buches zu klären. Es ging dabei um die Zeit der Unruhe nach dem Verschwinden der Elbenkönigin Onabiirute – das war damals eine heikle Zeit für Chronisten, wie Mondauge selbst aus bitterer Erfahrung wusste, und die meisten noch vorhandenen Aufzeichnungen aus dieser Zeit waren lückenhaft.
    Da Sor Federkiel, die dieses Kapitel des Großen Buches bearbeitete, unter Höhenangst litt und die Strecke selbst einen der Großen Adler an den Rand seiner Kräfte brachte, wenn er zu große Last tragen musste, war ich der nahe liegende Frar Scriptor für diesen Auftrag gewesen.
    Und natürlich stand mir unsere beinahe verpatzte Landung vor Sandanger noch deutlich vor Augen.
    Â»Nun, er hat dich nicht getroffen«, sagte ich. »Und er hat sich entschuldigt.«
    Ranvidar brummelte etwas und flog weiter. Die Sonne stand schon weit im Nachmittag und wärmte mir den Rücken. Ich schloss die Augen und genoss den Wind in meinen Haaren. Das gleichmäßige Rauschen der großen Schwingen und die stetige Bewegung der mächtigen Muskeln unter mir schläferten mich ein.
    Das Gefühl, dass mein Magen sich plötzlich einige Längen oberhalb meines Kopfes befand, weckte mich unsanft auf. Um mich herum sauste die Luft, offensichtlich setzte Ranvidar gerade zur Landung an.
    Â»Sind wir schon da?«, fragte ich schlaftrunken.
    Â»Noch nicht«, rief die Adlerfrau. »Ich will mir nur etwas aus der Nähe ansehen.«
    Es war ein hochbeladener Karren, der über eine verlassene Landstraße holperte. Die herabstürzende Adlerin sorgte für einige Unruhe – ein Mann sprang von dem Karren und verschwand im Gebüsch, und die beiden Ochsen, die den Karren zogen, muhten voller Angst und versuchten, in entgegengesetzte Richtungen davonzurennen. Der Karren schwankte bedenklich, geriet mit einem Rad in den Graben neben dem Weg und blieb dort stecken. Die Deichsel brach, und die Ochsen, immer noch durch das Joch verbunden, trabten ins nächste Feld hinein.
    Ranvidar landete und lief mit ihrem schaukelnden, springenden Gang um den Karren herum. Sie hakte ihren scharfen Schnabel in eins der verschnürten Bündel, das auf dem

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