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Die Seele der Elben

Titel: Die Seele der Elben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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Krieg gegen die Zwerge kam, und sein Sohn Witold, der Vater des jetzigen Markgrafen, hatte wieder für Frieden gesorgt und sich ausschließlich um seine eigenen Angelegenheiten gekümmert.
    Markgraf Wigher, der Enkel des verrückten Walram, war ein Sammler. Sein Hofstaat und ein Teil seines Personals zeugten von seiner Marotte, sich mit nichtmenschlichen oder anderweitig exotischen Lebewesen zu umgeben. Zum Hofstaat gehörten sogar einige Elben, die den Wandernden Hain verlassen hatten, um sich von Markgraf Wigher umschmeicheln zu lassen. Außerdem hielt er eine ganze Kompanie zahmer Orks als Schlosswache, und auch unternehmungslustige Zwerge fanden immer wieder ihr Auskommen bei Hofe. Er hatte einen Magus in Diensten, einige seiner Pagen sollten angeblich Kobolde sein, durch den Schlossgraben zog eine Seeschlange ihre Kreise, in seinen Stallungen fanden sich Zwiehörner und Flederkatzen, und in den tiefsten Kellern des Schlosses, so wurde gemunkelt, trieb sogar ein gehörnter Polterer aus dem Finsterwald sein Unwesen.
    Der Markgraf hatte auch schon wiederholt versucht, Mar Ayomida die Zusage abzuschwatzen, mich als seinen Schreiber an den Hof ziehen zu lassen – aber zu meiner unsagbaren Erleichterung hatte die Obere Kapellarin dieses Ansinnen freundlich, aber sehr bestimmt von sich gewiesen.
    Â»Ich hoffe nicht, dass er schon wieder mich als eins seiner neuen Exemplare ins Auge gefasst hat«, murmelte ich.
    Maris schüttelte den Kopf. »Der Horninger hat mit einem seiner Schiffe einen Hippogryphen von den westlichen Inseln kommen lassen. Ein kleines Exemplar, recht kümmerlich, wie man berichtet. Aber …«
    Â»â€¦Â der Markgraf besitzt keinen Hippogryphen«, ergänzte ich. »Noch nicht mal einen kümmerlichen.«
    Maris nickte, und seine wasserklaren Augen funkelten im Elbenlicht. Eine weiße Strähne fiel in seine Stirn, und er schob sie ungeduldig nach hinten.
    Â»Ich denke nicht, dass ich etwas über Hippogryphen weiß.« Ich dachte nach und schüttelte den Kopf. »Er hätte nach Sor Almonda schicken sollen, sie hat sich mit geflügeltem Getier beschäftigt, als sie die westlichen Inseln besucht hat.«
    Der Barde lehnte sich zurück und stieß dabei mit der Schulter gegen ein Bücherregal. Etwas schepperte in der Dunkelheit. »Er will sicher etwas Besseres als ein Flügeltier, das der Horninger nun ohnehin schon vor ihm besitzt«, wandte er ein.
    Â»Was könnte das sein?«
    Er zuckte mit den Achseln. »Das weiß Wigher allein.« Er versank in Nachdenken, und ich betrachtete ihn müßig. Maris war hell an Haut, Haaren und Augenfarbe, selbst für einen Goldenen Elben, der er dem Klatsch zufolge war. Ich hatte ihn nie nach seiner Vergangenheit befragt, obwohl es wahrlich merkwürdig war, dass ein Elbe aus dem Wandernden Hain – möglicherweise sogar aus dem Sommerpalast selbst? – als Meisterbarde und Bibliothekar im Bardenstein lebte. Maris sprach nicht über seine Vergangenheit oder Herkunft, und ich respektierte seine Zurückhaltung, so wie er die meine achtete. Wir waren nun schon viele, viele Umläufe lang befreundet und hatten zahlreiche Generationen von Bardenschülern, Meistersängern und Verwaltern kommen und gehen sehen.
    Er tauchte aus seinen Gedanken auf und schüttelte ärgerlich den Kopf. »Wo habe ich meine Manieren gelassen? Du musst doch hungrig und durstig sein nach der langen Reise.«
    Er machte Anstalten, sich zu erheben, aber ich hielt ihn auf. »Nein, bemühe dich nicht. Die Sor Küchenmeisterin hat mich nicht ziehen lassen, ohne mich mehr als reichlich mit Proviant zu versorgen.«
    Maris lachte und deutete auf eine Karaffe und Gläser, die seitab auf einem Tischchen standen. »Aber du trinkst sicher ein Glas Wein mit mir.«
    Ich stand auf und schenkte uns ein. Es war ein schwerer, fruchtig riechender Rotwein, der beinahe schwarz in den geschliffenen Gläsern schimmerte. Ich stellte Maris sein Glas so hin, dass seine Fingerspitzen es berührten. Er dankte und hob das Glas an die Nase, um den Duft des Weins einzuatmen. Dann nahm er einen Schluck und brummte zufrieden.
    Eine lautlose Bewegung ließ mich aufschauen. Durch die Dunkelheit glitt ein weißes Gespenst mit riesigen, goldenen Augen und landete auf des Barden Schulter. Er hob die Hand und kraulte die weiße Eule unter dem Kinn. Sie schloss halb die Augen und legte den Kopf schief,

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