Die Seele des Feuers - 10
Minister empfindet Mitleid für beide, denn er ist für sie alle verantwortlich.
Der Minister hat sich fieberhaft bemüht und endlich die letzten Feinheiten eines neuen Gesetzes ausgearbeitet, um zumindest einer Reihe von Menschen Arbeit zu geben, die ansonsten vollends ohne Hoffnung wären.«
»Das ist … das ist sehr gütig von ihm«, stammelte sie. »Bertrand Chanboor ist ein rechtschaffener Mann. Wir können von Glück reden, ihn als Minister für Kultur zu haben.«
Dalton wischte sich mit der Hand über den Mund, während sie seinem Blick auswich. »Nun, der Punkt ist folgender, des öfteren erwähnt der Minister, wie sehr er Edwin schätzt – für all die ungerühmte Arbeit, die Edwin leistet –, daher schlug ich dem Minister vor, es wäre an der Zeit, unserer Hochachtung für Edwins aufopferungsvolle Arbeit und Hingabe auf irgendeine Weise Ausdruck zu verleihen.
Der Minister gab mir inbrünstig recht und sprang sogleich auf den Vorschlag an, im Titel des neuen Gesetzes zu vermerken, daß der Abgeordnete Edwin Winthrop dieses Gesetz eingebracht habe und selbst dafür verantwortlich zeichne. Der Minister möchte darüber hinaus, daß es – Eurem Gemahl und, wegen der vielen Arbeit, die Ihr leistet, natürlich auch Euch zu Ehren – das ›Winthrop-Gesetz für gerechte Beschäftigungsverhältnisse‹ genannt wird. Jeder weiß, wie weit Ihr an den Gesetzen beteiligt seid, die Edwin entwirft.«
Mittlerweile sah Claudine ihn wieder an; sie schlug sich die Hand vor die Brust.
»Aber Meister Campbell, das ist überaus großzügig, sowohl von Euch als auch von Seiten des Ministers. Ich bin völlig überrascht, und Edwin wäre es ohne Zweifel auch. Wir werden das Gesetz ganz bestimmt so schnell wie möglich prüfen, damit es möglichst umgehend in Kraft treten kann.«
Dalton verzog das Gesicht. »Nun, die Sache ist die, soeben informierte mich der Minister, er sei geradezu versessen darauf, es noch heute abend anzukündigen. Ich hatte Euch ursprünglich einen Entwurf des Gesetzes mitbringen wollen, damit Ihr und Edwin es vor der Bekanntgabe prüfen könnt, doch da jetzt sämtliche Direktoren anwesend sind, hat der Minister beschlossen, daß er nach bestem Wissen und Gewissen handeln muß – er kann es nicht länger ertragen, mit ansehen zu müssen, wie diese Männer noch einen weiteren Tag ohne Arbeit sind. Sie haben schließlich ihre Familien zu ernähren.«
Claudine fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Nun, ja, ich denke … ich verstehe, aber eigentlich…«
»Gut. Sehr gut. Das ist wirklich überaus zuvorkommend von Euch.«
»Aber ich sollte wenigstens einen Blick darauf werfen. Ich muß es mir wirklich ansehen. Edwin würde wollen…«
»Ja, selbstverständlich. Ich habe vollstes Verständnis und versichere Euch, Ihr werdet auf der Stelle eine Kopie erhalten – gleich als erstes morgen früh.«
»Aber was ich sagen wollte…«
»In Anbetracht der Tatsache, daß alle anwesend sind, ist der Minister fest entschlossen, es noch heute abend anzukündigen. Der Minister möchte weder das Inkrafttreten hinauszögern noch von seinem Wunsch Abstand nehmen müssen, einen solchen Markstein der Gesetzgebung mit dem Namen Winthrop zu versehen. Zudem hoffte der Minister so sehr darauf, der Herrscher würde, da er nun mal heute abend hier ist – wir alle wissen doch, wie selten seine Besuche sind –, von dem ›Winthrop-Gesetz für gerechte Beschäftigungsverhältnisse‹ erfahren, das eigens entworfen wurde, um Menschen zu helfen, die anderweitig keine Hoffnung haben. Der Herrscher kennt Edwin und wäre ohne Zweifel überaus erfreut.«
Claudine wagte einen verstohlenen Blick auf den Herrscher. Sie benetzte ihre Lippen. »Aber…«
»Wollt Ihr, daß ich den Minister bitte, das Gesetz aufzuschieben? Bitte bedenkt dabei, daß dem Herrscher dadurch die Verkündigung entginge, auch wäre der Minister sehr enttäuscht, die Gelegenheit verstreichen und jene Kinder im Stich lassen zu müssen, die darauf angewiesen sind, daß er ihnen ein besseres Leben ermöglicht. Ihr versteht doch sicher, daß dies im Grunde nur den Kindern zuliebe geschieht.«
»Gewiß. Aber um…«
»Claudine«, fiel Dalton ihr ins Wort und ergriff mit beiden Händen ihre Hand, »Ihr habt keine Kinder, ich sehe daher ein, wie schwierig es für Euch sein muß, Euch in Eltern hineinzufühlen, die verzweifelt ihre Kleinen zu ernähren versuchen, die verzweifelt nach Arbeit suchen, wo es keine gibt, aber bemüht Euch doch wenigstens zu
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