Die Seele des Feuers - 10
weil keiner von ihnen etwas gelernt hat. Genau wie mein Vater.«
Bertrand Chanboor blickte in die Menge, die mit gespannter Aufmerksamkeit seiner Antwort harrte.
»Wir können diesen Männern Arbeit geben. Als Minister für Kultur ist es meine Pflicht, dafür zu sorgen, daß diese Männer Arbeit bekommen, damit sie ihre Kinder ernähren können, die unser aller Zukunft sind. Ich bat die klügsten Köpfe unter uns, eine Lösung vorzutragen, und sie haben weder mich noch das Volk Anderiths im Stich gelassen. Gerne würde ich mich mit den Federn dieses brillanten neuen Erlasses schmücken, doch das kann ich leider nicht.
Diese durchdachten, neuartigen Vorschläge wurden mir von Menschen überbracht, die mich mit Stolz erfüllen, dieses Amt zu bekleiden, denn es ermöglicht mir, dieses neue Gesetz zu verkünden. In der Vergangenheit hat es immer wieder Menschen gegeben, die ihren Einfluß geltend gemacht haben, um solch aussichtsreiche Ideen in den düsteren Winkeln entlegener Kammern verkommen zu lassen. Ich werde nicht zulassen, daß diese eigensüchtigen Interessen die Hoffnung auf unserer Kinder Zukunft zunichte machen.«
Bertrand setzte eine finstere Miene auf, und seine finsteren Mienen waren dazu angetan, Menschen erbleichen und vor Angst erzittern zu lassen.
»In der Vergangenheit hat es immer wieder Menschen gegeben, die das Beste für ihresgleichen zurückbehalten und verhindert haben, daß andere sich beweisen konnten.«
Die Anspielung war unmißverständlich. Wenn es um das Verheilen der von den hakenischen Oberherren beigebrachten Wunden ging, spielte Zeit keine Rolle – diese Wunden würden stets offen und blutig bleiben. Es war recht nützlich, sie in diesem Zustand zu belassen.
Bertrands Gesicht entspannte sich und nahm wieder das vertraute, ungezwungene Lächeln an, das nach seiner finsteren Miene fast noch freundlicher wirkte. »Diese Hoffnung bietet das ›Winthrop-Gesetz für gerechte Arbeitsverhältnisse‹.« Er deutete mit ausgestreckter Hand auf Claudine. »Lady Winthrop, würdet Ihr Euch bitte erheben.«
Sie blickte sich errötend um, während ihr die Menschen zulächelten. Beifall setzte ein und drängte sie, sich von ihrem Platz zu erheben. Sie wirkte wie ein bei Dämmerung hinter einem Gartenzaun gefangenes Reh. Zögernd erhob sie sich von ihrem Platz.
»Liebe Freunde, Schirmherr des neuen Gesetzes ist Lady Winthrops Gemahl Edwin, und wie viele von Euch wissen, ist Lady Winthrop seine fähige Assistentin als Abgeordneter. Ich habe nicht den geringsten Zweifel, daß Lady Winthrop bei dem neuen Gesetz ihres Gatten eine ausschlaggebende Rolle spielte. Edwin ist in Geschäften unterwegs, trotzdem möchte ich sie zu ihrer hervorragenden Arbeit in dieser Angelegenheit beglückwünschen und hoffe, daß sie unsere Wertschätzung bei seiner Rückkehr an Edwin weitergeben wird.«
Der Saal schloß sich Bertrands Beifall an und bejubelte sie und ihren abwesenden Gatten. Claudine, das Gesicht gerötet, nahm die Verehrung mit einem zurückhaltenden Lächeln entgegen. Dalton fiel auf, daß die Direktoren, die nicht wußten, was es mit dem neuen Gesetz auf sich hatte, höflich, aber zurückhaltend Beifall spendeten. Leute beugten sich zu ihr, berührten sie, um ihre Aufmerksamkeit zu erregen, und sprachen ihr ihre Anerkennung aus, daher dauerte es eine Weile, bis alle wieder auf ihre Plätze zurückgekehrt waren, um endlich zu erfahren, was es mit dem neuen Gesetz denn nun tatsächlich auf sich hatte.
»Das ›Winthrop-Gesetz für gerechte Arbeitsverhältnisse‹ erfüllt genau das, was sein Name verspricht«, erläuterte Bertrand schließlich, »es schafft gerechte und für alle offene anstelle von privilegierten und nicht jedermann offenstehenden Arbeitsverhältnissen. Angesichts der unverzichtbaren öffentlichen Vorhaben liegt viel Arbeit vor uns, wenn wir den Bedürfnissen der Menschen gerecht werden wollen.«
Der Minister ließ seinen entschlossenen Blick über die Menge schweifen.
»Eine Bruderschaft jedoch hält an überholten Vorrechten fest und behindert damit den Fortschritt. Versteht mich nicht falsch, diese Männer hegen hohe Ideale und sind harte Arbeiter, es ist jedoch an der Zeit, die Türen dieser archaischen Ordnung aufzustoßen, die lediglich dem Schutz einiger weniger dient.
Das neue Gesetz soll daher jedem eine Anstellung ermöglichen, der bereit ist, sich ins Zeug zu legen – und nicht nur Angehörigen einer geschlossenen Bruderschaft der Gilde der Steinmetze.«
Ein
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