Die Seele des Feuers - 10
Er hat sie irgendwie durcheinandergebracht, was weiß ich.«
Dalton machte ein verblüfftes Gesicht, er war ernsthaft besorgt. »Soll das heißen, du glaubst, der Mann verfügt über eine Art magischer Kraft? Und hat einen Bann oder dergleichen ausgesprochen?«
»Das weiß ich nicht«, knurrte Franca, »aber irgend etwas hat er getan.«
»Woher willst du das wissen?«
»Ich habe während des Festes versucht, Gespräche zu belauschen, wie immer. Ich sage dir, Dalton, wenn ich nicht genau wüßte, daß ich die Gabe habe, kämen mir ernsthafte Bedenken. Nichts. Ich bekam nichts mit, von niemandem. Kein bißchen.«
Daltons Stirnrunzeln wurde ihrem immer ähnlicher. »Soll das heißen, deine Gabe hat dich nicht dazu befähigt, irgend etwas mitzuhören?«
»Kriegst du eigentlich überhaupt nichts mit? Hab ich nicht gerade genau das gesagt?«
Dalton trommelte mit den Fingern auf den Tisch. Er wandte sich um und blickte aus dem Fenster. Dann stand er auf, schob das Schiebefenster hoch und ließ die warme Brise ins Zimmer. Er machte Franca ein Zeichen, und sie kam um den Schreibtisch herum.
Dalton zeigte auf zwei Männer, die unter einem Baum auf der anderen Seite des Rasens in ein Gespräch vertieft waren. »Dort unten, die beiden. Sag mir, worüber sie sich unterhalten.«
Franca stützte ihre Hände auf das Fensterbrett und lehnte sich, angestrengt zu den Männern hinüberblickend, ein Stück hinaus. Im Sonnenlicht, das auf ihr Gesicht fiel, war deutlich zu erkennen, daß die Zeit der Frau, die er einst für eine der schönsten, wenn nicht gar die seltsamste Frau gehalten hatte, der er je begegnet war, mit Fältchen sowie mit spannender und hängender Haut ernstlich zuzusetzen begann. Nichtsdestoweniger war ihre Schönheit, trotz der vorangeschrittenen Zeit, nach wie vor berückend.
Dalton beobachtete, wie die Männer beim Sprechen mit den Händen gestikulierten, vermochte aber keines ihrer Worte zu verstehen. Mit ihrer Gabe hätte es ein leichtes für sie sein sollen, sie zu hören.
Francas Gesicht wurde schreckensbleich. Sie stand so reglos da, daß sie wie eine jener Wachsfiguren aus dem umherziehenden Kabinett wirkte, das zweimal jährlich in Fairfield Station machte. Dalton vermochte nicht einmal zu sagen, ob die Frau noch atmete.
Endlich holte sie verärgert Luft. »Ich verstehe kein einziges Wort. Außerdem sind sie zu weit entfernt, um ihre Lippen zu erkennen, das hilft mir also auch nicht weiter. Ich verstehe jedenfalls kein einziges Wort, obwohl ich es sollte.«
Dalton blickte dicht an der Häuserwand nach unten, drei Stockwerke tief. »Und diese beiden dort?«
Franca lehnte sich hinaus, um einen Blick auf sie zu werfen. Fast konnte Dalton sie selber hören; ein leises Lachen drang herauf, dazu ein Ruf, mehr aber nicht. Franca wurde abermals ganz still.
Diesmal grenzte es fast an Wut, als sie Luft holte. »Nichts, dabei kann ich sie fast schon ohne die Gabe hören.«
Dalton schloß das Fenster. Der Zorn in ihrem Gesicht verflog in Windeseile, und er sah einen Zug auf ihrem Gesicht, den er bei ihr noch nicht kannte: Angst.
»Du mußt dafür sorgen, daß dieser Mann verschwindet. Er ist bestimmt ein Zauberer oder so etwas. In seiner Gegenwart bin ich vollkommen blockiert, als wäre ich verknotet.«
»Woher weißt du, daß er der Grund ist?«
Auf seine Frage kniff sie zweimal fassungslos die Augen zusammen. »Aber … was könnte sonst der Grund sein? Er behauptet, Magie ausschalten zu können. Seit ein paar Tagen erst ist er hier, und seitdem habe ich diese Schwierigkeiten.«
»Hattest du auch mit anderen Dingen Schwierigkeiten? Mit anderen Erscheinungsformen deiner Gabe?«
Sie wandte sich händeringend ab. »Vor ein paar Tagen sprach ich einen kleinen Bann für eine Frau, die mich aufgesucht hatte, einen kleinen Bann, der ihr den Fluß des Mondblutes zurückbringen und ihre Schwangerschaft beenden sollte. Heute morgen kam sie wieder zu mir und behauptete, es habe nicht funktioniert.«
»Nun, dabei handelt es sich zweifellos um einen komplizierten Zauber. Dabei spielt vieles eine Rolle. Vermutlich können derartige Dinge gar nicht immer funktionieren.«
Sie schüttelte den Kopf. »Vorher hat es immer funktioniert.«
»Vielleicht bist du krank. Fühlst du dich in letzter Zeit anders als sonst?«
»Ich fühle mich genau wie immer, spüre meine Kraft so stark wie eh und je. So sollte es auch sein, nur ist sie es nicht. Andere Zauberformeln haben ebenfalls versagt – ich würde das nie auf sich
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