Die Seele des Feuers - 10
»Aufhören, alle miteinander!«
Er stellte sich vor Cara und Du Chaillu und versperrte so den vorrückenden Männern den Weg.
»Laßt sie los, Cara. Sie ist ihre Seelenfrau, Ihr dürft sie nicht anfassen. Die Baka Ban Mana wurden jahrtausendelang von den Majendie verfolgt und als Opfergaben mißbraucht. Verständlicherweise reagieren sie gereizt, sobald ein Fremder sie berührt.«
Cara ließ Du Chaillus Arm wieder los, doch keine der beiden Gruppen von Kriegern war bereit, als erste klein beizugeben. Die Schlammenschen hatten es plötzlich mit feindlich gesinnten Fremden zu tun, und die Baka Tau Mana waren auf einmal umgeben von Männern, die sie angriffen, weil sie ihre Seelenfrau verteidigen wollten. Angesichts der erhitzten Gemüter war das Risiko groß, daß irgend jemand sich einen Vorteil verschaffen wollte, indem er als erster losschlug und erst hinterher nach der Zahl der Toten fragte.
Richard hob eine Hand. »Hört mir zu! Alle!«
Er zog mit der anderen Hand am Lederriemen um Du Chaillus Hals, in der Hoffnung, dort, verborgen unter dem Ausschnitt ihres Kleides, das zu finden, was er dort vermutete.
Die Jäger bekamen große Augen, als Richard den Riemen hervorholte und sie an dessen Ende die Pfeife des Vogelmannes erblickten.
»Dies ist die Pfeife, die der Vogelmann mir vermacht hat.« Er blickte aus den Augenwinkeln zu Kahlan hinüber und raunte ihr zu, sie solle übersetzen. Während Richard fortfuhr, begann sie in der Sprache der Schlammenschen zu den Jägern zu sprechen.
»Wie ihr wißt, hat mir der Vogelmann diese Pfeife als Geste des Friedens geschenkt. Diese Frau, Du Chaillu, ist eine Beschützerin ihres Volkes. Zu Ehren des Vogelmannes und um seine Hoffnung auf Frieden zu bekräftigen, schenkte ich ihr die Pfeife, damit sie die Vögel herbeirufen konnte, die das von ihren Feinden ausgesäte Saatgut fressen sollten. Aus Angst, die Ernte könnte ihnen verlorengehen und sie müßten verhungern, willigten ihre Feinde schließlich in einen Frieden ein. Zum ersten Mal schlossen diese beiden Völker Frieden miteinander, und diesen Frieden verdanken sie dem großzügigen Geschenk des Vogelmannes, seiner Pfeife.
Die Baka Tau Mana stehen tief in der Schuld der Schlammenschen, aber auch die Schlammenschen stehen in der Schuld der Baka Tau Mana, denn diese haben das Geschenk so angenommen, wie es gedacht war, nämlich als Friedens- und nicht als Unheilstifter. Die Schlammenschen sollten stolz sein, daß die Baka Tau Mana darauf vertraut haben, das Geschenk der Schlammenschen werde ihren Familien Sicherheit schenken.
Eure beiden Völker sind in Freundschaft miteinander verbunden.«
Niemand rührte sich, während alle über Richards kleine Ansprache nachdachten. Schließlich legte Jiaan sein Schwert über die Schulter und hängte es, gehalten vom Band an seinem Hals, hinter seinen Rücken. Er riß seine Kleider auf und entblößte seine Brust vor Chandalen.
»Wir danken dir und deinem Volk für die Sicherheit und den Frieden, die uns dein Geschenk von mächtiger Magie gebracht hat. Wir werden nicht gegen euch kämpfen. Solltet ihr den Wunsch haben, den Frieden zurückzunehmen, den ihr uns geschenkt habt, so mögt ihr versuchen, unsere Herzen zu durchbohren. Gegen so mächtige Friedensstifter wie das Volk der Schlammenschen werden wir uns nicht zur Wehr setzen.«
Chandalen zog seinen Speer zurück und bohrte ihn mit dem unteren Ende in die Erde seiner Heimat. »Richard mit dem Zorn spricht die Wahrheit. Es freut uns, daß euer Volk das Geschenk so verwendet hat, wie es gedacht war – als Friedensstifter. Ihr seid in unserer Heimat willkommen und in Sicherheit.«
Chandalen erteilte unter heftigem Armrudern seinen Jägern einige Befehle. Als die Männer sich daraufhin zurückzuziehen begannen, atmete Richard erleichtert auf und bedankte sich bei den Gütigen Seelen für ihren Beistand.
Kahlan faßte Du Chaillu am Arm und meinte entschieden: »Ich habe ein Wörtchen mit Du Chaillu zu reden.«
Den Baka Tau Mana behagte das ganz offenkundig nicht, mittlerweile waren sie jedoch unsicher, wie sie sich verhalten sollten. Auch Richard wußte nicht recht, ob ihm die Idee gefiel. Womöglich hatte sie den Ausbruch neuer Feindseligkeiten zur Folge.
Er beschloß jedoch widerstrebend, Kahlan ihren Willen zu lassen und ihr zu erlauben, mit Du Chaillu zu sprechen. Kahlans Gesichtsausdruck verriet ihm, daß die Entscheidung ohnehin nicht bei ihm lag. Er wandte sich zu den Meistern der Klinge.
»Kahlan, meine
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