Die Seele des Feuers - 10
deshalb ab, weil ihm ihr Wortlaut nicht geläufig ist, als würde das allein sie unbedeutend machen. Manch einer ist um dieser Gesetze willen gestorben, damit er aus ihnen lernt und weiterleben kann.
Er verschwendet nicht mehr Gedanken an sein Volk als an den Mist unter seinen Stiefeln. Ohne zu überlegen, verbannt er sein rechtmäßig angetrautes Weib aus seinen Gedanken. Er behandelt sein rechtmäßig angetrautes Weib wie einen lästigen Menschen, den man von sich weist, bis man ihn wieder braucht.
In den alten Gesetzen wurde uns ein Caharin versprochen. Ich gebe es zu, uns wurde niemand versprochen, der sein Volk und dessen Sitten und Gesetze achtet, die unseren Zielen verpflichtet sind, ich dachte allerdings, ein jeder würde die Menschen achten, die so viel für ihn gelitten haben.
Ich habe den Tod meiner Ehemänner durch deine Hand erlitten und getrauert, wo du mich nicht sehen konntest, damit du nicht darunter leiden mußtest. Tapfer haben meine Kinder den schmerzhaften Verlust ihrer Väter durch deine Hand hingenommen. Zur Schlafenszeit weinen sie um den Mann, der sie auf die Stirn geküßt und ihnen schöne Träume von der Heimat gewünscht hat. Du dagegen machst dir nicht einmal die Mühe, dich zu erkundigen, wie es mir ohne diese Ehemänner geht, die ich und meine Kinder immer noch von ganzem Herzen lieben, noch fragst du, wie sich meine Kinder in ihrem Kummer fühlen.
Du fragst nicht einmal, wie es mir ohne meinen neuen, kraft unseres Gesetzes angetrauten Gemahl geht, während er unterwegs ist, um neue Frauen zu erwerben. Du hast eine so geringe Meinung von mir, daß du deiner neuen Frau sogar noch meine Existenz verschweigst.«
Du Chaillu reckte empört das Kinn vor.
Sie verschränkte die Arme und kehrte ihm den Rücken zu.
Richard starrte auf ihren Hinterkopf. Die Meister der Klinge blickten in die Ferne, so als wären sie taub und hätten keinen anderen Wunsch, als vielleicht einen Vogel am Himmel zu erspähen.
»Du Chaillu«, erwiderte Richard, selbst ein wenig wütend geworden, »gib mir nicht die Schuld am Tod dieser Menschen. Ich habe nach bestem Wissen alles versucht, um zu verhindern, daß ich mit ihnen kämpfen und sie verletzen muß, das weißt du. Ich bat dich, dem Einhalt zu gebieten. Es stand in deiner Macht, doch wolltest du davon nichts wissen. Ich hatte nicht die geringste Lust, zu tun, was ich getan habe. Du weißt, ich hatte keine Wahl.«
Sie funkelte ihn an. »Du hattest eine Wahl. Du hättest dich statt für das Töten für den Tod entscheiden können. Aus Respekt für das, was du für mich getan hast, als du mich vor dem Menschenopfer der Majendie gerettet hast, versprach ich dir einen schnellen Tod, wenn du dich nicht wehrst. Dann wäre ein Leben statt deren dreißig verloren gewesen. Wärest du also wirklich so großmütig auf den Erhalt von Menschenleben bedacht, hättest du dich dafür entschieden.«
Richard knirschte mit den Zähnen und drohte ihr mit dem Finger. »Du läßt deine Männer mich angreifen und erwartest, daß ich mich einfach ermorden lasse, statt mich zu verteidigen? Nachdem ich dich gerettet hatte? Wäre ich anstelle dieser Männer gestorben, wäre das Morden erst richtig losgegangen! Du weißt, ich habe einen Frieden ausgehandelt, durch den viele Menschenleben gerettet wurden. Und von allem anderen hast du nicht die geringste Ahnung.«
Sie schnaubte beleidigt. »Da täuschst du dich, mein Gemahl.« Sie drehte sich wieder um. »Ich verstehe mehr, als dir lieb sein dürfte.«
Cara verdrehte die Augen. »Ihr müßt wirklich lernen, Eure Ehefrauen mehr zu respektieren, Lord Rahl, sonst werdet Ihr zu Hause nie einen Augenblick der Ruhe finden«, raunte sie ihm zu, als sie an ihm vorbei nach vorne trat. »Erlaubt, daß ich mit ihr spreche – von Frau zu Frau. Mal sehen, ob ich die Wogen für Euch glätten kann.«
Cara hakte eine Hand unter Du Chaillus Arm und führte sie ein Stück fort, um sich unter vier Augen mit ihr zu unterhalten. Sechs Schwerter wurden blank gezogen. Nur einen einzigen Augenblick später sah man Stahl im Morgenlicht wirbeln, als die Meister der Klinge vorrückten, die kreisenden Waffen von einer Hand in die andere wechselnd.
Die Jäger der Schlammenschen traten vor, um ihnen den Weg zu versperren. In der Zeitspanne eines einzigen Herzschlags hatte sich die Ebene verwandelt; eben noch ein Ort angespannter Friedfertigkeit, stand plötzlich der Ausbruch eines blutigen Gemetzels bevor.
Richard riß die Hände in die Höhe.
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