Die Seele des Feuers - 10
Familienangehörigen zu bedenken. Er behauptete, sie seien hinter den Mauern Renwolds sicher.«
»Diese Lektion wünsche ich niemandem«, meinte Richard leise.
Du Chaillu fing abermals an zu schluchzen. »Ich bete, daß der Kopf nicht seinem eigenen Kind gehört. Ich wünschte, ich hätte ihn nicht in meinen Träumen gesehen.«
Richard berührte Du Chaillu sachte am Arm. »Das verstehen wir, Du Chaillu. Die Schreckensherrschaft der Imperialen Ordnung zielt darauf ab, zukünftige Opfer zu demoralisieren und sie so sehr einzuschüchtern, daß sie kapitulieren. Deshalb kämpfen wir gegen diese Menschen.«
Du Chaillu schaute zu ihm hoch und wischte sich mit dem Handrücken über die Wange.
»Dann bitte ich dich, dorthin zu gehen, wohin die Imperiale Ordnung marschiert. Oder wenigstens jemanden dorthin zu schicken, der die Menschen warnt. Sorg dafür, daß sie fliehen, bevor sie gefoltert und abgeschlachtet werden wie die Menschen, die wir in dieser Stadt Renwold gesehen haben. Man muß diese Anderier warnen. Sie müssen unbedingt fliehen.« Wieder kamen ihr die Tränen, während sie von heftigem Schluchzen geschüttelt wurde.
Richard spürte Kahlans Hand auf seinem Rücken und drehte sich um. »Dieses Land, Anderith, hat sich uns noch nicht ergeben. Sie hatten doch Abgesandte in Aydindril, die sich unseren Standpunkt angehört haben, oder nicht? Sie kennen doch unsere Position?«
»Ja«, meinte Kahlan. »Ihre Abgesandten sind ebenso gewarnt worden wie die der anderen Länder. Sie wurden über die Bedrohung unterrichtet und über unsere Absicht, sich ihr zu widersetzen. In Anderith weiß man, daß der Bund der Midlands der Vergangenheit angehört, und wir erwarten, daß man die Souveränität an das d’Haranische Reich abtritt.«
»Das d’Haranische Reich.« Die Worte hatten einen harten, kalten Beiklang. Hier war er, ein Waldführer, der sich fühlte wie ein Hochstapler auf einem Thron, von dessen Existenz er, außer vom Hörensagen, kaum etwas gewußt hatte, und trug die Verantwortung für ein ganzes Reich. »Vor nicht allzu langer Zeit hatte ich entsetzliche Angst vor D’Hara. Ich befürchtete, es könnte sich alle Länder einverleiben. Und jetzt ist genau das unsere einzige Hoffnung.«
Die Ironie ließ Kahlan schmunzeln. »Nur der Name D’Hara ist noch derselbe wie zuvor. Die meisten Menschen wissen, daß du für die Freiheit der Menschen und nicht für ihre Versklavung kämpfst. Die Tyrannei trägt jetzt das eiserne Gewand der Imperialen Ordnung.
Anderith kennt die Bedingungen, es sind dieselben, die wir jedem Land gestellt haben. Wenn sie sich uns freiwillig anschließen, werden sie mit uns zusammen ein Volk bilden, ein Anrecht auf die gleiche ehrliche Behandlung wie alle haben und mittels gerechter und fairer Gesetze regiert werden, denen wir alle unterworfen sind. Sie wissen, daß es keine Ausnahmen gibt. Außerdem sind ihnen sowohl die Zwangsmaßnahmen als auch die Folgen bekannt, falls sie sich uns nicht anschließen.«
»Renwold wurde dasselbe mitgeteilt«, erinnerte er sie. »Dort hat man uns nicht geglaubt.«
»Nicht jeder ist bereit, der Wahrheit ins Gesicht zu sehen. Das kann man nicht erwarten, daher müssen wir uns mit denen befassen, die unsere Überzeugung teilen, daß wir für den Frieden kämpfen. Man kann für die, die nicht begreifen wollen, keine rechtschaffenen Menschen opfern und eine gute Sache aufs Spiel setzen. Das wäre ein Verrat an denen, die sich uns mutig angeschlossen haben.«
»Du hast Recht.« Richard stieß einen verhaltenen Seufzer aus. Er empfand ganz genauso, trotzdem war es ein Trost, es aus ihrem Mund bestätigt zu bekommen. »Besitzt Anderith eine große Armee?«
»Nun … das schon«, meinte Kahlan. »Aber die eigentliche Verteidigung Anderiths ist nicht ihre Armee, sondern eine Waffe mit Namen Dominie Dirtch.«
Er fand zwar, daß der Name einen d’Haranischen Einschlag hatte, trotzdem fiel ihm in Anbetracht der vielen Dinge, die ihm im Kopf herumgingen, die Übersetzung nicht sofort ein.
»Können wir die Imperiale Ordnung damit aufhalten?«
Kahlan blickte gedankenversunken in die Ferne, während sie die Spitzen der Grashalme abzupfte und über seine Frage nachdachte.
»Es handelt sich um eine alte Waffe der Magie. Aufgrund der Dominie Dirtch war Anderith praktisch zu allen Zeiten unangreifbar. Sie gehören den Midlands an, weil sie uns als Handelspartner brauchen, weil sie einen Markt für ihre riesigen Nahrungsmittelmengen benötigen, die sie
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