Die Seele des Feuers - 10
die Dominie Dirtch stünden immer noch unverändert an ihrem Platz.
In einem Antwortschreiben hatte General Reibisch Richard zugesagt, gleich nach Einnehmen ihrer Stellungen im Norden ohne Pause Richtung Süden zu marschieren, sollte Richard dies verlangen, sich ansonsten aber nicht von der Stelle zu rühren, bis man sie rufe.
»Jawohl, Lord Rahl«, meinte der größere der beiden Boten und schlug sich mit der Faust aufs Herz. »Ich werde dem General Eure Worte ausrichten.« Die beiden schwenkten ihre Pferde herum und trabten die Straße hinunter davon.
Richard prüfte, ob Bogen und Köcher fest saßen, bevor er in den Sattel stieg. Als sie ihre Pferde den Pfad hinauf lenkten, ließ Kahlan Richard kurz ihr ganz besonderes Lächeln sehen. Richard wusste, dass auch sie erleichtert war, endlich allein zu sein, wenn auch nur für einen kurzen Ritt einen Nebenpfad hinauf.
Es war ermüdend, ständig Menschen um sich zu haben. Wenn sie sich bei den Händen hielten, waren stets Augen in der Nähe, die dies mitbekamen. Taten sie dies vor Leuten, während sie mit ihnen sprachen, konnte Richard an den Blicken ablesen, dass diese Neuigkeit innerhalb weniger Tage auf tausend offene Ohren stoßen würde.
Wenigstens zerrissen sich die Menschen über etwas Erfreuliches den Mund. Besser, sie tratschten über Lord Rahl und die Mutter Konfessor, zwei Verheiratete, die miteinander Händchen hielten, als über etwas Schreckliches.
Richard sah Kahlan im Sattel hin und her schaukeln, fasziniert von ihrem zur Taille hin immer schmaler werdenden Körper, dem üppigen Schwung ihrer Hüften. Er fand, dass sie so ziemlich die bezauberndste Figur besaß, die er je zu Gesicht bekommen hatte. Manchmal fand er die Vorstellung bemerkenswert, dass eine solche Frau ihn liebte, ihn, einen Mann, der in einem kleinen Dorf in Kernland auf gewachsen war.
Richard vermisste sein Zuhause. Vermutlich kamen diese Gefühle hoch, weil der Waldpfad den Berg hinauf ihn so sehr an altbekannte Orte erinnerte. Westlich jenes Gebietes, in dem er aufgewachsen war, gab es Hügel und Berge, eine entlegene Region, die den Wäldern und Bergen, in denen sie sich jetzt befanden, sehr ähnlich war.
Er wünschte, sie könnten auf einen Abstecher in seine Heimat in Kernland zurückkehren. Seit seinem Fortgang im vergangenen Herbst hatte er erstaunliche Dinge gesehen, doch vermutlich hing das eigene Herz an nichts so sehr wie an dem Ort, an dem man groß geworden war.
Als der Pfad an einem jähen Abgrund vorüberführte, der eine grandiose Aussicht gewährte, blickte Richard durch die Lücken zwischen den Berggipfeln hinüber nach Nordwesten. Wahrscheinlich waren sie seiner Heimat seit seinem Fortgang noch nie so nahe gekommen. Über ebendiese Berge waren sie in die Midlands gelangt, durch die damals noch existierende Grenze, an einem Ort namens Königspforte. Er lag nicht weit entfernt nordwestlich von hier.
Wie nahe sein Zuhause in Kernland auch sein mochte, die Verantwortungen, die gegenwärtig auf ihm lasteten, rückten es in weite Ferne.
Außer seiner Verantwortung als Lord Rahl und dem Umstand, dass alle auf ihn angewiesen waren, gab es noch Jagang, der die Neue Welt ebenso versklaven würde wie die Alte, wenn man ihm nur die geringste Gelegenheit dazu einräumte. Die Menschen waren in jeder Hinsicht von Richard abhängig, angefangen bei den Banden, die sie vor dem Traumwandler schützten, bis hin zu dem Zusammenschluss aller zu einer einzigen Streitmacht, die imstande wäre, Jagangs gewaltigen Armeen Widerstand zu leisten.
Bei genauer Betrachtung kam es ihm manchmal so vor, als lebte er das Leben eines anderen. Manchmal kam er sich vor wie ein Schwindler, als könnten die Menschen eines Tages aufwachen und sagen: »Augenblick mal, dieser Lord Rahl ist nichts als ein Waldführer namens Richard? Und wir hören auf ihn? Wir ziehen mit ihm in den Krieg?«
Und dann waren da noch die Chimären. Richard und Kahlan waren in die Geschichte mit den Chimären unentwirrbar verstrickt. Sie waren schuld daran, dass die Chimären sich in der Welt des Lebendigen aufhielten. Wenn auch unbeabsichtigt, hatten doch letztlich sie die Chimären des Todes in diese Welt gelockt.
Auf ihrer Reise quer durch Anderith, während der sie zu den Menschen sprechen wollten, waren ihnen Geschichten über seltsame Todesfälle zu Ohren gekommen. Offenbar genossen die Chimären ihren Aufenthalt in der Welt des Lebendigen sehr und hatten großen Spaß daran, Menschen umzubringen.
Die Menschen
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