Die Seele des Feuers - 10
bespannten Bogen über der anderen.
Noch besorgniserregender war, daß an einem Haken seines Gürtels eine zusammengerollte troga hing. Eine troga war ein einfacher Draht, gerade lang genug, um ihn zu einer Schlaufe zu drehen und über den Kopf eines Mannes zu streifen. Sie wurde von hinten übergelegt und die hölzernen Griffe anschließend ruckartig auseinandergezogen. Ein Mann von Chandalens Fähigkeiten vermochte eine troga mühelos genau über den Gelenken im Genick eines Mannes anzusetzen und ihn zum Schweigen zu bringen, bevor er einen Laut von sich geben konnte.
Bei ihrem gemeinsamen Kampf gegen die Armee der Imperialen Ordnung, die die Stadt Ebinissia überfallen und die unschuldigen Frauen und Kinder dort niedergemetzelt hatte, hatte Kahlan mehr als einmal beobachten können, wie Chandalen feindliche Posten und Soldaten mit seiner troga enthauptete. Für einen Kampf gegen böse Seelen von Hühnermonstern hatte er seine troga gewiß nicht angelegt.
Er hielt fünf Speere in der Hand. Sie vermutete, daß die rasiermesserscharfen, gummiartig lackiert wirkenden Speerspitzen frisch mit Gift überzogen waren. Derart präpariert, war im Umgang mit ihnen Vorsicht geboten.
In dem Wildlederbeutel an seiner Hüfte führte er ein mit Schnitzereien verziertes Knochenkästchen mit, gefüllt mit einer dunklen Paste aus bandu -Blättern, die zerkaut und anschließend gekocht wurden, um daraus Zehnschrittgift herzustellen. Außerdem trug er einige Blätter quassin doe bei sich, das Gegenmittel gegen das Zehnschrittgift. Wie der Name des Giftes jedoch andeutete, war bei quassin doe unbedingt Eile vonnöten.
»Nein«, antwortete Kahlan, »der Vogelmann hat das Huhn, das keines ist, noch immer nicht gefunden. Warum bist du mit Schlamm bemalt und so schwer bewaffnet? Was ist passiert?«
Chandalen hob den Fuß über ein Huhn hinweg, das offenkundig nicht die Absicht hatte, sich von der Stelle zu bewegen. »Meine Männer, die sich auf einem weitentfernten Patrouillengang befinden, sind in Schwierigkeiten geraten. Ich muß fort und mich darum kümmern.«
»Schwierigkeiten?« Kahlan breitete die Arme aus. »Was für eine Art von Schwierigkeiten?«
Chandalen zuckte mit den Achseln. »Das weiß ich nicht genau. Der Mann, der mich holen kam, meinte, Männer mit Schwertern seien dort…«
»Die Imperiale Ordnung? Von der Schlacht, die weiter nördlich gekämpft wird? Es könnte sich um einige Versprengte handeln, die entkommen konnten, oder um Schlachtspäher. Vielleicht gelingt es uns, General Reibisch zu benachrichtigen. Möglicherweise ist seine Armee noch nicht zu weit entfernt, um anzugreifen, vorausgesetzt, wir können sie rechtzeitig zur Umkehr bewegen.«
Chandalen hob eine Hand, um ihre Besorgnis zu dämpfen. »Nein. Du und ich, wir haben gemeinsam gegen die Männer der Imperialen Ordnung gekämpft. Es handelt sich weder um Truppen der Imperialen Ordnung noch um Späher.
Nach Ansicht meines Jägers sind sie nicht feindlich gesinnt. Es heißt, sie seien schwer bewaffnet und strahlten beim Näherkommen eine gewisse Ruhe aus, was eine Menge besagt. Da ich, wie sie, deine Sprache spreche, wüßten meine Männer bei solch gefährlich aussehenden Männern gerne meinen Rat.«
Kahlan hob ihren Arm, um Richards Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. »Es wäre besser, wenn Richard und ich dich begleiten.«
»Nein. Viele Menschen wünschen durch unser Land zu reisen. Draußen in der Ebene treffen wir oft auf Fremde. Das ist meine Aufgabe, ich werde mich darum kümmern und sie vom Dorf fernhalten. Abgesehen davon solltet ihr beide hierbleiben und euren ersten Tag als jungvermähltes Paar genießen.«
Kahlan warf Richard, der noch immer damit beschäftigt war, die Hühner zu sortieren, kommentarlos einen finsteren Blick zu.
Chandalen beugte sich an ihr vorbei und sprach den einige Schritte entfernt stehenden Vogelmann an. »Geehrter Ältester, ich muß aufbrechen und nach meinen Männern sehen. Es nahen Fremde.«
Der Vogelmann sah zu dem Mann hinüber, der in Wirklichkeit sein für den Schutz der Schlammenschen verantwortlicher General war. »Sei vorsichtig. Es gehen gottlose Seelen um.«
Chandalen nickte. Bevor er sich umwandte, bekam Kahlan ihn am Arm zu fassen. »Von bösen Seelen weiß ich nichts, aber es drohen andere Gefahren. Sei vorsichtig. Richard befürchtet, es könnte Schwierigkeiten geben. Ich verstehe zwar nicht, warum er das denkt, aber ich verlasse mich auf seine Instinkte.«
»Du und ich, wir haben gemeinsam
Weitere Kostenlose Bücher