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Die Seele des Ozeans (German Edition)

Die Seele des Ozeans (German Edition)

Titel: Die Seele des Ozeans (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Strauss
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Blick heftete sich wieder auf das Gemälde. „Ist es das, was er gesehen hat?“
    „Ja.“ Sie sagte es, ohne darüber nachzudenken. „Das glaube ich.“
    „Was ist mit ihr geschehen? Warum habe ich sie nie in den Erinnerungen des Narwals gesehen?“
    „Ist es wirklich derselbe Narwal?“
    „Es ist derselbe.“ Kjell deutete auf die lange, aufgewölbte Narbe, die der Künstler auf der weißen Walhaut verewigt hatte. Kaum sichtbar und doch unverkennbar. „Es ist die richtige Form und die richtige Stelle. Aber mein Freund ist alt, er hat vieles vergessen. Vielleicht auch sie.“
    „Ein Maler und eine Nixe.“ Fae schmiegte sich an ihn. „Vielleicht kannte er sie so, wie ich dich kenne. Bestimmt gab es im Laufe der Zeit mehrere Wesen wie dich, und manche fanden ihre Liebe auf dem Land.“
    „Ja, möglicherweise. Wie ihre Geschichte wohl geendet ist?“
    Was sollte sie darauf sagen?
    Fae sah sich im Raum um und bemerkte, dass mehrere Bilder Hendricks Hand entstammten. Alle zeigten stürmische Meere, stolze Schiffe und wilde Seeschlachten. Jedes war ein Meisterwerk, ein Gemälde voller Lebendigkeit und wunderbarer Lichtstimmung, aber keines reichte an die Magie des Nixengemäldes heran. Es war, als lägen in diesem einen Kunstwerk das gesamte Herzblut und die Seele des Malers. Deshalb hatte er ihm auch weder einen Namen noch ein Datum gegeben.
    Ich weiß genau, was du gefühlt hast.
    Wenn du mir deine Geschichte nur erzählen könntest.
    Ein Schild verriet, dass die Gemälde Bestandteil der aktuellen Sonderausstellung waren und im Frühjahr in ihre eigentliche Heimat Rotterdam zurückkehren würden. Abgesehen von dem Nixengemälde, dessen Besitzerin in Edinburgh lebte.
    „Vielleicht weiß sie etwas darüber“, sprach Fae ihren Gedanken laut aus. „Hier steht, das Gemälde sei seit Generationen im Besitz ihrer Familie. Bis zum Jahr 1986 wusste niemand bis auf diese Familie, dass das Bild überhaupt existierte. Erst in diesem Jahr beschloss Theodora, es für eine Sonderausstellung an ein Museum zu geben. Dabei blieb es, bis zu der Ausstellung hier.“
    Fae zog das Smartphone aus der Tasche und googelte nach dem Namen. Das Ergebnis war eindeutig.
    „Nichts. Es gibt jede Menge Theodoras, jede Menge Emmas und ziemlich viele Wilkens. Aber keine Theodora Emma Wilkens. Anscheinend will sie nicht gefunden werden. Nicht gerade überraschend, oder?“
    „Warum taucht es ausgerechnet jetzt hier auf? Es ist fast, als würde jemand wollen, dass ich es sehe.“
    „Du glaubst, diese Lady weiß über dich Bescheid? Das halte ich für unwahrscheinlich. Woher sollte eine alte Dame aus Edinburgh wissen, dass du hoch im dünn besiedelten Norden Irlands an Land gegangen und zu uns gekommen bist? Sie hätte ständig unser Haus observieren müssen. Wenn sie dir das Bild hätte zeigen wollen, wäre sie einfach zu uns gekommen, anstatt sich darauf zu verlassen, dass du die Anzeige in der Zeitung liest und nach Belfast kommst.“
    Während beunruhigende Gedanken durch ihren Kopf geisterten, fiel ihr etwas anderes auf. „Schau mal. Es sieht fast so aus, als wäre dieses Gemälde nachträglich hinzugekommen. Diese Wand ist verglichen mit den anderen unsystematisch, siehst du? Es passt größentechnisch nicht wirklich zwischen die anderen Bilder. Vielleicht bilde ich es mir auch nur ein.“
    Kjell schüttelte den Kopf, sagte aber nichts.
    „Da hinten ist noch ein Schild.“ Fae ging zu der gegenüberliegenden Wand. „Hier steht etwas über Hendrick. Um 1605 wurde er in Amsterdam geboren, ein genaues Jahr ist nicht bekannt. Er verdiente sein Geld als Marinemaler. 1654 steckte man ihn wegen Zahlungsunfähigkeit in ein Schuldgefängnis. Er muss arm gestorben sein, aber wenigstens nicht allein. Seine Frau blieb bei ihm und überlebte ihn.“
    „Ob es die Meerjungfrau war?“
    „Ich weiß nicht. Ich glaube nicht.“
    „Warum glaubst du, dass sie es nicht war?“
    Fae atmete geräuschvoll aus. „Keine Ahnung. Nur so ein Gefühl.“
    Etwas verdunkelte Kjells Blick. Traurigkeit vielleicht, oder Wehmut. Er nahm ihre Hand und hielt sie so fest, als befürchte er, sie könnte sich losreißen und auf Nimmerwiedersehen verschwinden.
    „Lass uns gehen. Bitte.“
    Fae nickte wortlos. Hand in Hand verließen sie das Museum und machten sich auf den Rückweg zum Parkplatz, als ihr auf halbem Weg der verführerische Duft orientalischer Gewürze in die Nase stieg. Er entströmte einem kleinen, gemütlichen Café, dessen gedämpftes Licht und

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