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Die Seele des Ozeans (German Edition)

Die Seele des Ozeans (German Edition)

Titel: Die Seele des Ozeans (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Strauss
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Heilkunst war umsonst.“
    Kjell spürte, wie die gerade erloschene Hitze seines Körpers von Neuem aufflammte. Er zog sein Hemd aus, ließ es auf das Deck fallen und schwang sich über die Reling. Wohltuend schloss sich das Wasser über ihm. Hier unten war alles einfacher und klarer, längst nicht so verwirrend wie an Land. Zum ersten Mal seit langem fühlte er wieder die Kühle der See. Vielleicht, weil Fae ihm Wärme schenkte, die er seit einer Ewigkeit nicht mehr empfunden hatte, und diese Wärme ihn daran erinnerte, wie kalt das Meer war. Sein erhitzter Körper verkrampfte sich sogar und verweigerte ihm einige Atemzüge lang den Gehorsam. Es drängte ihn, sich zu verwandeln, doch er kämpfte dagegen an. Diesmal wollte er als Mensch mit ihr schwimmen. In der gleichen Gestalt wie sie.
    Kaum tauchte er aus dem Wasser auf, schlangen sich zwei kalte Arme um seinen Hals.

~ Fae ~
    „W-w-w-w-wundervoll, n-n-n-nicht wahr?“
    Ihre Zähne klapperten derart, dass sie die Worte nur mühsam hervorstoßen konnte. Das Wasser war wie flüssiges Eis. War sie verrückt geworden, einfach hineinzuspringen? Aber die Kälte bewies ihr, dass sie wieder ins Leben zurückgekehrt war. Ihr Körper zitterte und krampfte, wie es sein musste, und mit jedem Augenblick, den sie Kjell umarmte, wurde ihr Zittern stärker. Sie musste sich bewegen, auch wenn es sich noch so gut anfühlte, seinen Körper an ihrem zu spüren.
    Fae befreite sich aus seinen Armen und machte ein paar Schwimmzüge. Große Körper durchbrachen das Wasser, huschten unter ihr hinweg, streiften ihre Haut und berührten sie mit ihren Schnauzen. Doch sobald sie nach den Delfinen griff, entwischten sie ihr mit einer schnellen Drehung. Manchmal strichen ihre Fingerspitzen über glatte, feste Haut, doch meist spürte sie nur einen Wasserwirbel, hervorgerufen durch die blitzschnellen Bewegungen der Tiere.
    Fae drehte sich auf den Rücken und streckte die Arme aus. Sanft hob die Dünung sie auf und ab, reinigte ihre Gedanken und wischte den Zweifel weg. Sie lebte. So intensiv, dass es wehtat. Jedes Detail genoss sie wie eine Köstlichkeit, selbst ihre verkrampften Kiefer und das Stechen der Kälte, die wie scharfe Klingen in ihr Fleisch fuhr.
    Sie war geheilt. Die Zukunft stand ihr offen.
    „Fae!“, rief Alexander. „Komm raus, wir müssen los.“
    Müde blinzelte sie in den Himmel hinauf. Wolken flogen über sie hinweg, wie riesige dunkle Schiffe, die einander jagten. Dazwischen funkelten Fetzen blauen Himmels wie ein Spiegelbild des Wassers, in dem sie schwebte.
    „Fae! Nur einer von euch hat Kiemen und Flossen.“
    Sie lächelte nur. Frieden erfüllte ihre Seele. Sie dachte nichts, wünschte sich nichts, verzehrte sich nach nichts. Ließ sich einfach nur von den Wellen wiegen und spürte, wie ihr Körper taub wurde. Aber es war eine andere Taubheit. Eine, die nicht Tod, sondern Leben bedeutete.
    „Fae, verdammt noch mal!“
    Vielleicht war es die Angst in Alexanders Stimme, vielleicht pure Vernunft. Irgendetwas brachte sie dazu, sich umzudrehen und zum Schiff zurückzuschwimmen. Jede Bewegung geschah langsam und schwerelos. Sie sah ihre blassen Arme, die das Wasser zerteilten, aber diese Gliedmaßen schienen nicht zu ihr zu gehören. Fae kicherte. Die Leiter hinauf zu klettern, war wegen ihrer gefühllosen Finger und Füße unmöglich. Als Alexander nach ihr griff und sie wie einen nassen Sack an Deck hievte, lachte sie aus vollem Hals. Es klang jämmerlich, mehr wie ein Würgen und Husten, und um ein Haar hätte sie sich übergeben.
    „Schschsch …“, murmelte ihr Bruder. „Beruhige dich. Ich hole dir gleich eine Wärmflasche, du verrücktes Ding.“
    Irgendwie schaffte sie es, ihre nasse Unterwäsche auszuziehen – Ukulele und Henry drehten ihr diskret den Rücken zu –, schlüpfte in die Kleidung, die Alexander bereitgelegt hatte, und schlang zu guter Letzt zwei der grauen Schiffsdecken um ihre Schultern. Noch immer klapperten ihre Zähne, aber sie fühlte sich fantastisch.
    „Seht mal.“ Ukulele hatte mit der Kamera an der Reling Aufstellung genommen. „Er ist total weggetreten.“
    „F-f-f-f-filmst d-d-d-du gerade K-k-k-kjell?“, stotterte Fae.
    „Yep.“
    Gestützt von Alexander, gesellte sie sich zu dem Hawaiianer und blickte in das Wasser hinunter. Kjell tat das, was sie zuvor getan hatte. Er ließ sich auf dem Rücken treiben, hielt die Arme ausgestreckt und die Augen geschlossen. Aber die Art, wie er es tat …
    Fae vergaß, dass es nicht gut war,

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