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Die Seele heilen

Die Seele heilen

Titel: Die Seele heilen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Wehner-Zott , Hubertus Himmerich
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leiden nun einmal an dieser Krankheit. Geben Sie sich selbst die Erlaubnis dafür. Es nützt nichts, wenn Sie sich deswegen Vorwürfe machen. Es wird eine Zeit kommen, in der es Ihnen besser geht, aber bis dahin ist es so, wie es ist.
Das Stimmungstagebuch
    Wenn Sie Ihre Antidepressiva nach Vorschrift einnehmen, werden Sie sich allmählich wieder besser fühlen. Damit Sie diese Besserung aber auch wirklich wahrnehmen, ist es hilfreich, ein Stimmungstagebuch zu führen. Dabei handelt es sich nicht um ein übliches Tagebuch, sondern ein Buch oder Heft, in dem Sie die positiven Momente jedes Tages festhalten. Wenn Sie etwas erleben, das wenigstens ein kleines bisschen Spaß macht, dann notieren Sie dieses Erlebnis zusammen mit der Tageszeit in Ihrem Tagebuch. Anhand dieser Aufzeichnungen werden Sie sehen, dass sich Ihre Stimmung mit jedem Tag ein wenig aufhellt, und das macht Mut.
    Sternchen für Sternchen
    In der ersten Woche in der Klinik war nicht daran zu denken, irgendetwas niederzuschreiben, denn ich war zu rein gar nichts fähig. Die Depression hatte mich völlig im Griff, alles war unendlich mühsam und traurig. In der zweiten Woche tauchte ich gelegentlich ein bisschen aus dieser tiefschwarzen Dunkelheit auf und nahm meine Umwelt besser wahr. Und so fing ich auf Empfehlung meines Arztes an, ein Stimmungstagebuch zu führen und darin die guten Stunden mit einem Sternchen zu versehen. Ich nannte dieses Buch mein »Goldsternchenbuch«. Am ersten Tag gab es drei Sternchen, eines für das Therapiegespräch und zwei für den Besuch meiner Kinder. Am nächsten Tag hatte ich ein besonderes Erfolgserlebnis: Es war mir gelungen, einen kurzen Artikel in der Zeitung zu lesen und dabei so bei der Sache zu bleiben, dass ich danach den Inhalt wiedergeben konnte. Mit der Zeit konnte ich schließlich immer mehr Sternchen pro Tag in meinem Buch verzeichnen.
Montag
Dienstag
Mittwoch
8.30–9.00
9.00–9.30
9.30–9.45
Therapie*
Walken *
Gespräch mit Arzt*

14–15.00
10.00–10.15
10.30–11.15
Besuch Kinder **
Zeitung lesen ***
Taichiquan **

12.30
15.00-15.30
Anruf von Doris **
Spaziergang*

18.00–19.30
Besuch Gerwin***
    Vorsicht: Überanstrengung!
    Es tat mir gut, meine Aufzeichnungen am Abend oder am nächsten Morgen anzuschauen. Sie zeigten mir, dass es aufwärts ging. Aber sie bewirkten auch, dass ich übermütig wurde. Als ich in der dritten Woche der Depression einen Tag verlebt hatte, der mit ganz vielen Sternchen ausgezeichnet worden war, dachte ich mir, dass es nun an der Zeit sei, wieder meine Stunden für die Schule vorzubereiten. Den ganzen Vormittag lang las ich angestrengt Fachliteratur. Das war zu viel. Der nächste Tag war wieder ein sehr dunkler, kaum von Sternchen erhellt. Die gleiche Erfahrung machte ich, als ich versuchte, die Küche unseres neuen Haus umzuplanen. Wir hatten leider einen unfähigen Küchenplaner erwischt, der zu spät feststellte, dass die Möbel, die wir bestellt hatten, zu breit waren und das Küchenfenster zum Teil verstellt hätten. Da mein Mann im Ausland war, musste ich schließlich das Problem lösen. Es gelang mir auch. Wenn die einzelnen Küchenbestandteile in einer anderen Anordnung aufgestellt würden, müsste es gehen. Ich rief den inkompetenten Berater an, der den Aufbau der Küche entsprechend veranlasste. Ich war stolz darauf, dass es mir zum ersten Mal wieder geglückt war, ein komplexeres Problem zu lösen. Aber ich hatte mich wohl überstrapaziert und bezahlte die Aktion wieder mit einem Tag, der von stark depressivem Befinden geprägt war.
    Sternstunden bis heute
    Aus diesen Vorfällen lernte ich, dass es mir doch noch nicht so gut ging und ich mich geistig nicht überanstrengen durfte. Ich versuchte von nun an, in den Tag hinein zu leben und die positiven Stunden zu genießen. Ich freute mich, als mir zum ersten Mal wieder eine witzige Bemerkung gelang, und genoss es, wenn ich ein paar Seiten in einem Buch las und das Gelesene auch wirklich in meinem Denken ankam. Und wenn die negativen Gedanken auch immer wieder einmal auftauchten, so merkte ich doch, dass die Stunden, in denen ich mich wohlfühlte, immer zahlreicher wurden. Die Aufzeichnungen der ersten Sternstunden in der Klinik habe ich immer noch und gelegentlich schreibe ich noch schöne Erlebnisse in mein »Goldsternchenbuch«. An Silvester lasse ich das Jahr Revue passieren und schreibe das, was gut war, auf.
    Wenn die Akutphase der Depression abklingt, ist das Schlimmste überstanden – aber noch kein

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