Die Seele heilen
Kranke erregt noch mehr Wut als der physisch Kranke. Wenn jemand noch über geistige Fähigkeiten verfügt, auf zwei Beinen herumläuft, noch allerlei Dinge tun kann, dann ist man geneigt, zu denken: Warum benimmt er sich nicht anders? Er könnte doch, wenn er nur wollte? Man kann sich doch ein wenig beherrschen?«
Versuchen Sie nicht, Ihren Groll zu verheimlichen, der depressive Mensch spürt ihn doch. Statt sich innerlich zurückziehen, ist es für den Kranken besser, ihn wissen zu lassen: »Ich fühle mich belastet und es ist auch für mich eine schwere Zeit.« Aber geben Sie ihm auch zu verstehen: »Wir halten zusammen und gemeinsam werden wir es schaffen, mit der Depression fertig zu werden.«
Jammern Sie sich aus
Manchmal werden Sie heftige Zorngefühle auf den Erkrankten verspüren. Dann ist es ratsam, sich zur eigenen Entlastung alles von der Seele zu schreiben oder, besser noch, sich einen vertrauten Gesprächspartner zu suchen – von dem Sie wissen, dass er das Besprochene nicht an den Erkrankten weitergeben wird. Bitten Sie Ihren Gesprächspartner, für eine halbe Stunde Ihr »seelischer Mülleimer« zu sein. Und dann gönnen Sie es sich, sich so richtig »auszujammern«. Das befreit ungemein. Sagen Sie Ihrem geduldigen Zuhörer dann, dass das Jammern Ihnen gutgetan hat, da diese negativen Gefühle einfach mal raus mussten, dass Sie aber nicht immer so negativ über den Kranken und Ihre Belastung denken.
Holen Sie sich Unterstützung
Das »Sich-Ausjammern« ist oft schon eine große Hilfe, um emotional besser mit der Situation umgehen zu können. Es wird Ihnen aber sicher auch helfen, wenn Sie sich Unterstützung bei einem Fachmann oder einer Fachfrau holen. Und auch um den Alltag zu meistern, sollten Sie Hilfe in Anspruch nehmen.
Professionelle Hilfe
Zu Ihrer Entlastung kann sehr gut ein Einzelgespräch mit dem Therapeuten oder Psychiater des Erkrankten beitragen. Führen Sie es aber nicht hinter dem Rücken des Patienten. Der könnte sonst befürchten, Sie wollen den Therapeuten »aushorchen«. Wenn Sie Ihrem erkrankten Freund oder Familienmitglied jedoch erklären, dass Sie mehr über Depressionen wissen wollen, um besser verstehen und helfen zu können, wird der oder die Betroffene Verständnis für Ihr Anliegen haben. Respektieren Sie es aber, wenn er oder sie nicht möchte, dass Sie denselben Therapeuten aufsuchen. In diesem Fall können Sie sich an einen anderen Psychotherapeuten oder Psychiater wenden. Die Krankenkassen übernehmen in der Regel die Kosten für eine solche Beratung.
Hilfe von Freunden und Bekannten
Insbesondere wenn Sie in einer Familie mit Kindern leben, können Sie vermutlich auch Hilfe im Alltag gebrauchen. Die Situation, in der eigenen Familie mit einer Depression konfrontiert zu sein, erfordert viel Kraft. Gönnen Sie es sich deshalb, Dinge, die von anderen übernommen werden können, auch von diesen erledigen zu lassen.
Ist Ihr Bekanntenkreis nicht groß genug, um die Hilfe zu leisten, die Sie benötigen, können Sie sich an Pfarreien wenden, die oft Helfer vermitteln. In manchen Wohngegenden gibt es auch Nachbarschaftshilfevereine. Oder Sie wenden sich an die Caritas, die Ihnen eine qualifizierte Familienhelferin zuweisen kann. Hier ist jedoch mit Wartezeiten zu rechnen. Wenn ein Patient für Haushalt und Kinder tatsächlich unabkömmlich ist, finanzieren die Krankenkassen Haushaltshilfen.
Sind Sie dagegen in der glücklichen Lage, viele Freunde zu haben, dann bitten Sie einen von ihnen, möglichst jemanden mit Organisationstalent, die Hilfsmaßnahmen zu koordinieren. Eine Depression ist eine längerfristige Angelegenheit. Es wäre schade und letztendlich überhaupt nicht hilfreich, wenn Sie sich in der ersten Zeit vor Hilfsangeboten nicht retten können, die Hilfe dann aber zu schnell abebbt. Überlegen Sie auch vorab, womit Ihnen geholfen wäre, Sie selbst wissen am besten, was Sie wirklich brauchen. Wenn es Ihnen schwerfällt, Hilfe zu akzeptieren, dann halten Sie sich vor Augen, dass Sie Ihren Freunden, wenn sie Hilfe bräuchten, sicher auch zur Seite stehen würden.
Essen, Hausaufgaben, Unternehmungen
Was uns während meines Klinikaufenthaltes wirklich entlastet hat, war, wenn Eltern von Schulfreunden unsere Kinder nach der Schule zum Essen und Hausaufgabenmachen eingeladen haben. Es war auch sehr hilfreich, wenn Nachbarn manchmal für meinen Mann und die Kinder mitkochten. Und in der Klinik fühlte ich mich dann getröstet, wenn ich wusste, dass unser
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