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Die Seelen im Feuer: Historischer Roman (German Edition)

Die Seelen im Feuer: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Seelen im Feuer: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
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Es war ihm peinlich; ein schlechter Henker, dem der Delinquent vor der Zeit starb.
    »Mortua in carcere«, meinte Vasold, stand auf und klopfte sich den Staub vom Talar. Dann ging er zu Schramm hinüber und warf einen Blick über dessen Schulter auf das Hexenprotokoll. »Sehr schön.«
    Herrenberger war ebenfalls hinzugetreten. Die beiden sahen sich kurz an. »Da fehlt noch ein Name«, sagte Vasold schließlich.
    Schramm sah kurz auf. »Was meint Ihr?«
    »Ich hörte die Hexe ganz deutlich einen gewissen Herrn nennen, als wir sie fragten, mit wem sie zum Tanz geflogen sei«, sagte Vasold. »Ihr nicht auch, Herr Collega?«
    Herrenberger nickte zustimmend. »Fügt an«, bat er Schramm. Der klappte gehorsam noch einmal den Deckel seines Tintenfasses auf.
    Und dann schrieb er. Sorgfältig, mit frisch eingetauchter Feder, setzte er ans Ende des Protokolls, dort wo bereits die anderen Mitverschwörer aufgezählt waren, einen weiteren Namen: Johannes Junius.
    Aus den Lebenserinnerungen der Dominikanernonne Anna Maria Junius zu Bamberg, niedergeschrieben im Jahr 1652
Das war ein Jammern, alß am Tag vor Michaeli anno 29 mein liber Vater in Verhafft genomen und ins Druden-Haus geführet worden ist. Ich weiß es noch, alß wenn’s gestern gewesen wär. Sie sind des Abends kommen, gleich vier an der Zahl, Büttel und Knechtt, und haben den Vater auß der Stuben gezerrt, wo er grad beim Abend-Brot saß. Mein Schweßter, die Veronika, war dabey, als sie sagten: ›Johannes Junius, Ihr seid wohl ein Hexer und müßt mit uns gehen‹. Da hat mein Vater wollen zum Messer greiffen und sich selbsten erstechen, aber einer von den Einholern ist ihme in die Handt gefalln. Mein Schwester hat geschrien: ›Vater, ach Vater!‹ und hat sich an sein Brust geklammert, aber die Knecht haben sie weg gerißen. Dann haben sie ihme Feßeln angelegt und hinaus gezerret. Dabey hat er ohn Unterlaß lautt gerufen: ›Herr Fürßt Bischoff, laßet mich aus!‹ und ›Die Malefiz-Process sind unrechte Sach!‹ und ›Mörder, Mörder!‹, bis ihm einer ein Tuch umb den Mundt band. Da sind die Leutt allüberal auf die Straß gelauffen zum Gaffen, und manche haben Schimpf und Schand über ihn ergoßen. Aber es warn auch welche, die haben geweint vor Mitleyd. Ein Kind hat man geschickt, um mich zu holn, da bin ich voll Schreck in mein Elttern-Hauß geloffen. Den gantzen Weg über hab ich gebetet. Warumb Herr, hab ich gefragt, es kann doch nit sein, ich weiß doch daß mein Vater ohne Schuldt ist.
Im Hauß hab ich mein Schweßter gefunden, weinend hat sie in der Stuben geknieet und zu allen Heyligen gefleht. Derweil ist ein junger Schreiber mit eim Amts-Knecht in allen Zimmern herum gangen und hat auffgeschriben, was unßer war. Alles haben sie durch wület, jede Truhen auffgemacht, sogar in das Ofen-Loch geschaut, ob nit etwan ein Sack mit Thalern darin wär. Jedes Leintuch, jeden Zinnstitz, jeden Fingerringk haben sie vermercket, auch die Aussteuer-Sachen von der Veronika und auch die zwey hundert Gulden aus seinem lezten Handel, die unßer Vater in der Schreibstuben auffbewaret hat. ›Sie thun, alß sey er schon tot‹, rief mein Schwester. Da erfuhr ich erst, daß die Malefitz-Cassa ein Kindstheil erbt, wenn einer durch das Feuer stürbt. Und daß auch die Commißäre, die Hencker, Richter, Knecht, sie alle über ihrn eigentlichen Verdienßt hinauß vil Geldt bekomen für das, was sie den armen Menschen anthun. Ein jeder nahm mit seinem Anteil von der Suppe vorlib, das wußt man zu Bambergk erst hinterher, als alles vorbey war. So ist das grosz Brennen wol auch ein grosz Geschäfft geweßen. Wer nun straffet die Schuldigen? Mögen Gott und alle Heyligen dieß thun beim Jüngsten Gericht, damit Gerechtigkeyt herrsche, Amen.
Endtlich entstand unter den zwey Männern große Aufregungk, weil sie im Bettschränckchen unßers Vaters ein Sonnwend-Gürttel fanden, aus Beyfuß gewunden und schon gantz trocken. Jeder weiß doch, daß man sich an Sonnwend damit gürtten soll, damit einen das gantze Jar keine Krankheyt anfällt. Aber die Herren meinten, es sey ein Drudenwerck, haben es mit spitzen Fingern angepackt und gleich mit genomen. Nachdeme sie endlich fortt waren, haben die Veronika und ich die gantze Nacht ohn Unterlaß geweint.
Am nechsten Tagk sind einige Herren vom Rath gekomen und wollten mit Entsetzen wißen, ob es denn stimme, daß der Vater eingeholt worden sey. Dann haben sie erzält, das sey bestimbt die Rache unseres Fürst Bischofs dafür,

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