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Die Seelen im Feuer: Historischer Roman (German Edition)

Die Seelen im Feuer: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Seelen im Feuer: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
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gemacht.
Es sind auch unter diesen Zauberer gewesen, die sich zu feurigen Drachen haben machen koennen, wie sie in der Lufft als Gespenst herum gefahren. Es ist auch eine Amme oder Wehmutter darunter gewesen, welche bekennet, daß sie ueber die zweyhundert Kinder in der Geburt die Hürnschalen eingedruckt und ums Leben gebracht.
Der eine Buergermeister in der Langen-Gassen und der ander Burgermeister Stephan Bawer, die haben bekannt, daß sie viel schreckliche Wetter und grosse Wunder gemacht, viel Haeuser und Gebeu eingeworffen, und viel Baeum im Wald und Felde aus der Erden gerissen, und nicht anders vermeint, sie wollten den Wind so starck machen, daß er den Thurm zu Bamberg uebern Haufen werfen mög.
Der Buergermeister Neidecker hat mit seiner teuffelischen Gesellschaft bekennet, wie sie die Brunn vergifftet haben. Wer davon getrunken, hat alsbald die Beul oder Pestilentz bekommen, und viel Menschen dadurch gesterbet.
Es haben auch die Zauberin bekannt, wie ihrer dreytausend die Walpurgis-Nacht auf dem Tantz gewesen, hat ein jeder dem Spielmann einen Creutzer geben, und haben auf demselben Tantz sieben Fuder Wein dem Bischoff aus dem Keller gestohlen.
Und hat die Zauberey so ueberhand genommen, daß auch die Kinder in Schulen und auf der Gassen einander gelehret haben, deswegen dann etliche Schulen gantz eingestellet.
So versprechen auch die Eltern ihre Kinder dem Satan im Mutterleibe, sonderlich ist zu verwundern, daß solche kleine Kinder Donner und Blitz zuwege bringen koennen …
Darum, ihr lieben Haus-Vaeter und Haus-Muetter, ihr wollet auf euer Haushaltung sehen, und vor solchen Leuten euch wohl hueten, denn das Vieh auf dem Felde nicht sicher ist, geschweig der Mensch, der zu Feld und zu Lande ziehen muß …

Bamberg, am Tag vor Weihnachten 1629
    Sanft taumelten die Flocken aus einem Himmel, der so grau war wie ein Mäusefell. Man hatte das Gefühl, als ob die dicken Schneewolken nur eine Handbreit über den Häusern der Stadt hingen; lautlos und gleichmäßig ließen sie ihre Last hinunterrieseln. Schwer lag das Weiß auf den Dächern, tief auf den Straßen.
    Das Ochsengespann erkämpfte sich mühsam seinen Weg bis zum Langgasser Tor, hielt an, um beim Torwart den Pflasterzoll zu entrichten, und rollte dann langsam weiter auf den Grünen Markt zu. Die sechs massigen Tiere schnauften ihre Erschöpfung in dicken nebligen Atemwolken aus den Nüstern und stapften langsam und schwerfällig unter der Last des beladenen Karrens vorwärts. An der Abzweigung zur Rathausbrücke hielt das Gefährt an, um zwei dickvermummte Gestalten abspringen zu lassen. Der Fuhrmann half ihnen, Kisten, Säcke und Truhen herunterzuladen, stieg dann wieder auf und ließ mit einem Zungenschnalzen die Ochsen anziehen.
    Johanna und Antoni winkten dem Gespann nach, während es in Richtung Markt im wirbelnden Schneegestöber verschwand. Dann wandten sie sich um und gingen die paar Schritte durch den tiefen Schnee zur Mohrenapotheke. Unter ihren Stiefeln knirschte es trocken. Drinnen sah man schon Licht.
    Gerade als Antoni die Hand hob, um am Eingang der Offizin anzuklopfen, flog die Tür krachend auf. Toni prallte zurück.

    Einer der Einholer stieß Abdias Wolff grob auf die Straße hinaus. Der Apotheker stolperte und fiel in einen Schneehaufen. Mit seinen gefesselten Händen bemühte er sich, Halt zu finden, um wieder aufzukommen. Johanna stand da wie festgefroren, und auch Toni war einen Augenblick lang zu keiner Bewegung fähig. Er löste sich als Erster aus seiner Erstarrung und rannte zu seinem Vater hin, dann folgte Johanna und ging neben ihm auf die Knie. Sie musste nicht fragen, was geschehen war.
    Der Apotheker sah seine beiden Kinder fassungslos an, schüttelte den Kopf. »O Gott«, keuchte er, »warum? Warum seid ihr heimgekommen? Ich hätt euch doch geschrieben! Es ist zu früh, zu früh … «
    Der Büttel trat heran und zerrte Antoni weg. Johanna liefen die Tränen übers Gesicht. Sie klammerte sich an ihren Vater, als wolle sie ihn nie wieder loslassen. »Was kann ich tun, um dir zu helfen?«, flüsterte sie.
    »Nichts«, sagte er leise. »Ich bin verloren.« Mit den zusammengebundenen Händen berührte er ihre Wangen. »Geht! Schnell, vielleicht schafft ihr es noch aus der Stadt hinaus. Bitte, Hanna, ihr müsst es versuchen.«
    Johanna rang nach Luft. Sie spürte den Griff des Büttels an ihrem Oberarm, versuchte ihn abzuschütteln. »Ich kenn Euch doch noch«, sagte der Stadtknecht. »Ihr seid seine Tochter. Lasst es

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