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Die Seelen im Feuer: Historischer Roman (German Edition)

Die Seelen im Feuer: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Seelen im Feuer: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
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Eine Unze auf ein halbes Pfund Ziegenfett.«
    Johanna seufzte sehnsüchtig. »Ach, Italien. Ich beneide dich. Bamberg ist so klein und eng. Manchmal wünscht ich mir, ich könnte auch weit fort. Sag, ist es schön dort, wo du warst?«
    Cornelius lachte. »O ja. Bologna ist eine große Stadt mit hohen Türmen inmitten von Hügeln. Dagegen ist Bamberg ein Dorf. Heiß ist es dort im Sommer, und das Leben spielt sich auf den Straßen ab. Die Menschen sind lebhafter und heißblütiger als bei uns, aber auch herzlicher und nicht so verschlossen.«
    »Und wie sind die Mädchen?«, neckte sie ihn und hätte sich im selben Augenblick am liebsten auf die Zunge gebissen.
    »Oh, die sind wunderschön!« Er rollte mit den Augen und tat so, als ob er ins Schwärmen geriete. »Glutäugig und dunkellockig, klein und zart, mit anmutigen Bewegungen. Sie duften nach Rosen und Ambra, und kaum sind sie vierzehn Jahre alt, sperren ihre Väter sie weg, denn jedermann macht ihnen den Hof. Dann singen die Verehrer abends unter den Fenstern ihrer Schlafkammern Liebeslieder … «
    »Da müssen dir die Bambergerinnen ja recht plump und hässlich vorkommen«, meinte Johanna schnippisch.
    »Na ja«, grinste Cornelius, »man gewöhnt sich an alles.«
    Sie warf den Lederlappen des Zibethorns nach ihm, als er durch die Tür nach draußen flüchtete.

Alte Hofhaltung, Anfang Dezember 1626
    Pater Petrus Kircher stapfte schwerfällig auf das Tor der Alten Hofhaltung zu. Er hielt die Kapuze gegen den seit Tagen anhaltenden Schneeregen tief ins Gesicht gezogen und schnaufte angestrengt. Der Aufstieg auf den Domberg hatte ihm zu schaffen gemacht, was bei seiner Leibesfülle weiß Gott kein Wunder war. Jetzt blieb er unter dem figurengeschmückten Steinbogen der Schönen Pforte stehen. Ausgerechnet ihn hatten die Patres bei diesem Sauwetter zu dieser Befragung geschickt – aber schließlich war auch er es gewesen, der dem kleinen Moorhaupt den Doktor Faustus abgenommen hatte. Und das würde er auch vor den Juristen vertreten! Heiliger Bimbam, solche Lektüre war ja nun wirklich nichts für einen Vierzehnjährigen!
    Kircher steuerte direkt auf die Holztreppe in der Ecke des Hofes zu, stieg mit gerafftem Rock in den ersten Stock hinauf und klopfte.
    Jeremias Schmeltzing, der erste Stadtschreiber, steckte den Kopf durch die Tür. »Grüß Gott, Pater, kommt herein, wir haben schon angefangen.«
    Kircher folgte dem krummbeinigen Alten ins Vernehmungszimmer.

    Der Raum besaß nur zwei kleine Fenster, die unter der Dachschräge lagen, und war deshalb düster. Die dunkle Holzvertäfelung schluckte das wenige einfallende Licht, und so hatte man einen Röhrenleuchter aufgestellt, in dessen gelblichem Schein der Schreiber seine Utensilien ausgebreitet hatte. Es roch nach frischer Tinte, altem Talg und feuchtem Leder.
    Hansi hockte auf einem hochbeinigen Schemel mitten im Zimmer. In Hemd, Wams und Hose sah er anders aus als in der sackartigen Schuluniform der Jesuiten, älter und nicht ganz so dick. Er empfing Kircher mit einem hasserfüllten Blick, den dieser Gott sei Dank nicht sah, weil er damit beschäftigt war, die beiden Fragherren zu begrüßen, die sofort auf ihn zugekommen waren. Der Erste, ein mittelgroßer, froschäugiger Mann um die dreißig, dessen mausgraue Haare in dünnen Strähnen bis auf die Schultern fielen, streckte ihm die Hand entgegen.
    »Pater Kircher, nehme ich an«, singsangte er mit beinahe weinerlich klingender Stimme. »Ich darf mich vorstellen: Herrenberger, Doktor der Jurisprudenz. Und dies hier ist mein verehrter Collega, Doktor Schwarzcontz, ebenfalls studierter Rechtsgelehrter und mit dieser unseligen Angelegenheit befasst.«
    Kircher schüttelte auch dem zweiten Juristen die Hand. Dieser Schwarzcontz sah eher aus wie ein Metzger als ein gelehrter Rechtsbeamter – ein vierschrötiger Kerl mit fleischigem Gesicht und fetten Speckfalten, die wie pralle rosa Würste zwischen Kopf und Rücken lagen. Sein Schädel war fast kahl und von zwei großen schwarzen Muttermalen geziert.
    »Schön, dass Ihr endlich da seid, Pater«, sagte er. »Dieser Knabe hier kann geistliche Unterstützung wohl brauchen, und ich glaube, wir auch.«
    Der Jesuit legte Hansi seine dicken Finger auf die Schulter. »Grüß dich Gott, mein Sohn. Da hast du dich ja in eine schöne Sache hineingeredet, hm?«
    Der Junge schüttelte Kirchers Hand ab. »Ihr seid schuld. Ihr habt mir mein Buch weggenommen, und jetzt bin ich des Teufels und hab’s doch nicht wieder«,

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