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Die Seelen im Feuer: Historischer Roman (German Edition)

Die Seelen im Feuer: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Seelen im Feuer: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
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gelandet, und das hatte ihm das Leben gerettet. Nun, wenn er bis Matrei durchhielt, dann hatte er eine Chance. Olmorisi gab Befehl weiterzufahren. Um den toten Räuber im Bachbett kümmerte er sich nicht. Mit einem Mörder musste man schließlich kein Mitleid haben, sollte seine schwarze Seele doch bis in alle Ewigkeit umherirren …
    In Matrei angekommen, ließ Olmorisi die Leichen gleich beim Kirchhof absetzen. Pater Kircher brachte er zum Pfarrer, der entsetzt die Hände über dem Kopf zusammenschlug und nach seiner Haushälterin schrie.

    An die nächsten zwei Wochen seines Lebens sollte sich Pater Kircher später nur schemenhaft erinnern. Es war vor allem eine Erinnerung an den entsetzlichen Schmerz, der Besitz von seinem ganzen Körper ergriffen hatte. Kircher konnte vor Schmerz nicht atmen, nicht liegen, nicht essen, sich nicht bewegen. Rippen, Beine, Arme waren gebrochen, sein Schädel und seine inneren Organe erschüttert. Zu Anfang tauchte er kaum für Minuten aus seiner tiefen Bewusstlosigkeit auf, immer dann, wenn er Hände an sich spürte oder Wasser auf seinen Lippen ihn zum Schlucken zwang. Das war die Haushälterin, eine beharrliche und resolute Tirolerin, die es sich zur Aufgabe gemacht hatte, ihn am Leben zu halten.
    In der zweiten Woche war Kircher wenigstens so oft wach, dass sie ihm löffelweise Brühe und dünnen Saubohnenbrei einflößen konnte. Auch verabreichte sie ihm Tropfen süßen Opiumsafts, die seine Qualen lindern halfen. Und irgendwann bestand Kircher nicht mehr nur aus Schmerz, sondern konnte wieder denken, erinnerte sich daran, wer er war und was geschehen war.
    »Das Mandat«, murmelte er, und versuchte vergeblich, sich aufzurichten. »Das Mandat.«
    Der Pfarrer, den man aufgeregt rief, nachdem der Patient zum ersten Mal gesprochen hatte, eilte ans Krankenbett und versuchte, Kirchers mühsam hervorgebrachte Worte zu begreifen. Schließlich ging er zu der kleinen Truhe neben der Tür, kramte darin und kam dann mit dem ledernen Umhängebeutel zurück.
    »Ist es das, wovon Ihr sprecht?«, fragte er.
    Kircher atmete erleichtert auf. Er bedeutete dem Pfarrer, den Beutel zu öffnen. Und tatsächlich, das Papier mit dem päpstlichen Siegel war noch da. Geschützt durch das Leder hatte es wie durch ein Wunder keinen Schaden durch das Wasser davongetragen. Der kleine Pfarrer von Matrei bekam große Augen, als er das Wappen des Papstes erkannte. Ehrfürchtig schlug er das Kreuzzeichen. Und er versprach hoch und heilig, sofort dafür zu sorgen, dass das Mandat schnellstmöglich nach Bamberg weiterbefördert würde. Nach kurzer Überlegung machte er sich selbst auf den Weg nach Innsbruck. Dort trieb er einen Boten der kaiserlichen Reichspost auf, der ohnehin drei Tage später nach Augsburg aufbrechen wollte, und es gelang ihm, den Mann zu überreden, sofort loszureiten. Der Bote versicherte ihm, er werde das Mandat über die Reichspost von Augsburg nach Nürnberg weiterschicken.
    »Das Mandat ist auf dem Weg«, berichtete der Pfarrer seinem kranken Gast, als er wieder zurück in Matrei war, »seid unbesorgt, es wird schon alles gut gehen.«
    Kircher sank in seine weichen Kissen zurück. »Ich bete zu Gott, dass noch genug Zeit ist«, flüsterte er.
    Die Haushälterin tätschelte seine Hand. »Nun könnt Ihr in Ruhe gesund werden, Pater«, sagte sie. Kircher nickte. Mehr konnte er jetzt nicht mehr tun. Der Rest lag in Gottes Hand.

Bamberg, Ende September 1631
    Ich hört ein Sichelein rauschen, wohl rauschen durch das Korn. Ich hört mein Feinslieb klagen, sie hätt ihr Lieb verlorn … « Thea sang und wiegte dabei ihr kleines Mädchen in den Armen. In den letzten Wochen hatte sie sich an so viele Lieder aus ihrer Kindheit erinnert, und daran, dass sie und Johanna nach dem Tod ihrer Mutter dem kleinen Toni jeden Abend vorgesungen hatten. Manchmal kam Barthel Zwick herein, setzte sich neben die Tür und hörte zu. Der Wächter steckte ihr jeden Tag heimlich ein Stückchen rohe Leber zu, das sie vor seinen Augen verspeisen musste. »Ist gut fürs Stillen, meint die Agnes«, sagte er dann und wartete beharrlich, bis Thea alles hinuntergeschluckt hatte.
    Die Kleine gedieh denn auch prächtig. Sie trank brav, schlief viel und brauchte Unmengen von Windeln, die Barthel Zwick jedes Mal mit scherzhaft zugehaltener Nase hinaustrug und seiner Frau zum Waschen brachte. Thea war beinahe glücklich. Mit Macht verdrängte sie jeden Gedanken daran, dass ihre Zeit begrenzt war, zwang sich, nicht an die

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