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Die Seelen im Feuer: Historischer Roman (German Edition)

Die Seelen im Feuer: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Seelen im Feuer: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
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Kopf!«
    »Keine Angst!« Cornelius stellte die Steigbügel höher. »Rosalba ist ein Lämmchen. Und außerdem ist sie schon eine alte Großmutter, die tut freiwillig keinen schnellen Schritt. Pass auf, ich helf dir hinauf.«
    Er fasste Johanna um die Taille, und sie stützte sich auf seinen Schultern ab. Dann hob er sie hoch. Ihre Brüste streiften seine Wangen, als er sie in den Sattel setzte, und er spürte die Wärme ihres Körpers an seinem. Am liebsten hätte er sie nicht mehr losgelassen, sie an sich gezogen, gehalten. Aber das durfte er nicht. Sie liebte ja einen anderen, den sie bald heiraten würde.

    Johanna fühlte den festen Griff seiner Hände noch auf ihrer Haut, als sie sich dem Stadttor näherten. Beim Hochheben hatte sie an seiner Halsbeuge geschnuppert. Wie gut er gerochen hatte, nach Seife und Medizin und sauberem Schweiß. Der Gedanke an diesen herben Duft löste ein warmes Flimmern in ihrem Bauch aus, wie der Flügelschlag eines winzigen Insekts. Ob er wohl das Lavendelöl bemerkt hatte, das sie jeden Morgen benutzte? Sie hatte den Eindruck gehabt, als ob er sie ein bisschen zu lange in den Armen gehalten hatte, dort beim Teich. Ach, sei nicht albern, Johanna, schalt sie sich, er hat dich aufs Pferd gehoben, das war alles.
    Sie betraten die Stadt zusammen mit ein paar Landfrauen, die nach Bäuerinnenart bis zum Tor barfuß gelaufen waren, dicke, plumpe Lederschuhe in der Hand. Ein Paar Schuhe war für diese armen Leute viel zu kostbar, als dass man es außerhalb der Stadt hätte ablaufen mögen. Jetzt setzten sie sich auf einen steinernen Mauervorsprung und schnürten die knöchelhohen Halbstiefel fest.
    Cornelius führte das Pferd über das Häfnersplätzchen. Hier war sonst wenig Betrieb, aber jetzt standen die Leute in Grüppchen herum und gestikulierten aufgeregt. Ganze Fuhren von Steinen und Brettern lagen auf dem Pflaster, und mindestens ein Dutzend Bauleute gingen geschäftig ihrer Arbeit nach. Auf dem Grundstück, das der Schützengesellschaft gehörte, stand schon ein ganzes Stück Mauer.
    »Was ist denn hier los?«, fragte Cornelius einen der Maurer, der gerade mit einem Eimer Wasser an ihm vorbeilief.
    »Wir bauen ein Malefizhaus«, brummte der und stapfte weiter.
    Johanna war derweil aus dem Sattel gerutscht und sah mit großen Augen den Arbeitern zu. »Ein Drudenhaus«, murmelte sie. »Der Fürstbischof lässt ein Gefängnis für die Hexen bauen. Wie furchtbar.«
    Die Freude und Leichtigkeit, die Cornelius und Johanna an diesem Tag empfunden hatten, war mit einem Mal verflogen. Schweigsam gingen sie das letzte Stück zur Apotheke nebeneinander her. Der Schrecken in der Stadt hatte sie wieder eingeholt.

    Aus den Jahrbüchern des Collegiums der Gesellschaft Jesu zu Bamberg
Den 12. Septembris 27 wurde der fünffte Brandt gethan, bei dem sechs Unholden und Zaubrer ihre endtliche Straff gefunden haben. Seynd gewesen die Hebamm Els Kropfin, die Schweßter der Moorhauptin und ihr Mann, der Burgermeißter in der Stadt war. Auch ein Brauer mit seim Knecht war dabey und eine alt Bettlerin, die ihren Namen nit mehr wusste. Laus deo in aeternam.
In Verhaft liegen derzeyt 38 Persohn, im Loch, in den Thürmen, und die vornehmern Leutt in der Alten Hoffhaltungk. Dieweiln die Malefizkommißion so vil Arbeyt thun muß, hat seine hochedle Eminentz der Fürst Bischoff einen weitern Komißär bestallt, den ehrenwertten Doctor Vasold, der schon zu Eichstätt Druden verfolget hat und nun seit zweien Wochen in der Stadt ist.
Item Pater Petrus Kircher ist wegen der Vilzahl der Hexensachen, bei denen er anwesend seyn muß, von allen Verpflichthungen des Collegiums und auch der Ausübungk der Lehre im Schul-Untherricht befreit worden, damit er sein Amt als Drudenbeichtiger umßo gewißenhafter ausüben kann.
Item der Stadt wurde Erlaubnuß ertheilt, im Brunnerswäldchen, das im Besitz der Gesellschaft Jesu ist, sechs Eichen alß Feuerholtz für die Brände zu schlagen.

Schloss Geyerswörth, Oktober 1627
    Die Abende waren nun schon empfindlich kalt, und im Schlafzimmer des Fürstbischofs waren mehrere Kohlebecken verteilt. Dornheim saß in seinem gemütlichen Polstersessel unter einem riesigen Standkandelaber, dessen zwölf Kerzen hell flackerten. Er las ein Schreiben des Reichshofrats, das die deutschen Landesherren über den Hergang des nun schon seit fast zehn Jahren währenden Krieges informierte. Zum Glück fanden die Kampfhandlungen immer noch hoch droben im Norden statt, im Niedersächsischen, so

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