Die Seelenburg
auch nicht im Büro. Die Telefonistin an der Anmeldung erklärte ihr, daß John zusammen mit seiner Sekretärin das Haus verlassen habe.
»Danke.« Jane legte auf und spürte einen kleinen Stich. Nicht, daß sie etwas gegen Glenda Perkins gehabt hätte, aber die schwarzhaarige Person war sehr attraktiv und konnte einen Mann schon leicht einwickeln.
In den nächsten Minuten entfachte Jane eine fieberhafte Aktivität. Sie rief am Flughafen an und erkundigte sich nach dem nächsten Flug in Richtung Zürich.
Da war erst einmal nichts zu machen, wegen des Nebels. Gegen Abend jedoch sollte die Nachmittagsmaschine starten, vorausgesetzt, der Nebel hatte sich aufgelöst.
Jane buchte einen Platz.
Sie packte das Nötigste zusammen, rief noch einmal bei John Sinclair an, bekam aber keine Verbindung, und auch Suko wußte nicht, wo er steckte.
Da bestellte sie ein Taxi und ließ sich zum Flughafen bringen. Für die Strecke brauchte der Fahrer fast die dreifache Zeit wie bei normalem Wetter.
Jane mußte warten. Zusammen mit anderen Passagieren, die trübe auf das Rollfeld schauten, wo nach wie vor der Nebel lag. Aber die Schlieren waren dünner geworden, und es gab ein paar freie Flecke. Kurz vor zwanzig Uhr wurde der Flug aufgerufen.
Wenig später befand sich Jane in der Luft. Die Detektivin hatte gute Nerven. Sie schloß die Augen und schlief ein. Sie wurde wach, als sie sich über dem Schweizer Luftraum befanden.
Jane bestellte sich noch einen Saft und hatte das Glas kaum geleert, als sich die Passagiere bereits anschnallen mußten. Unter der Maschine funkelten die Lichter von Zürich und dessen Flughafen Klothen.
Butterweich landete der Jet.
Die Paßkontrollen liefen normal ab. In der Nacht wollte Jane nicht mehr weiter. In Bahnhofsnähe nahm sie sich ein Hotelzimmer, aß eine Kleinigkeit und legte sich dann hin.
Wieder schlief sie fest. Am anderen Morgen war sie früh auf den Beinen.
Gern hatte sie noch einen Bummel über die Bahnhofstraße hinunter zum See gemacht, doch die Zeit drängte. Sie besorgte sich einen Leihwagen und frühstückte dann.
Anschließend fuhr sie ab.
Der grüne Golf war für sie genau richtig. In Zürich begann die Autobahn nach Chur. Links lag der See. Eine graue Fläche. Grau wie auch der Himmel.
Jane Collins sah die ersten Berge. Sie waren noch nicht sehr hoch und stark bewaldet. Doch die Wolken hingen tief und verdeckten die Spitzen.
Der Walensee, an dessen Ufer sie entlang kurvte, war wie leergefegt.
Kein buntes Segel bildete auch nur einen Farbtupfer.
Dicht an der Liechtensteiner Grenze fuhr sie weiter Richtung Chur, konnte vor dem Ort die Umgehung benutzen und sah schon die Schilder, die Richtung Lenzerheide und St. Moritz wiesen.
Das war die Julierstraße.
Jane fuhr die Strecke zum ersten Mal, war dementsprechend vorsichtig und wurde sogar vom Postbus überholt. Dann nahm auch sie die ersten Kurven. Und sie mußte erkennen, daß sie verdammt eng waren.
Jane kurbelte und kurbelte. Fast glaubte sie, einen Drehwurm zu bekommen. Wenn sie einen Blick nach links warf, sah sie die alte Kaiserstadt Chur unter sich liegen. Einige Bergspitzen lugten bereits hinter den Wolken hervor. Das Wetter wurde besser.
Jane Collins durchfuhr Orte wie Malix, Churwalden und Lenzerheide.
Dort fielen ein paar schüchterne Sonnenstrahlen schräg auf einen Berggipfel zu, wo eine kleine Seilbahn hinaufführte.
Eine wunderschöne Urlaubsgegend, aber Jane war gekommen, um zu arbeiten. Sie beneidete die Menschen, die in derber Wanderkleidung losmarschierten und die Wege nahmen, die hinauf in die Berge führten.
Dann ging es wieder talwärts. Hinein nach Tiefencastel. Und schließlich erreichte Jane den kleinen Ort Gunter, von dem Celine in ihrem Brief geschrieben hatte.
Ganz in der Nähe mußte auch die Burg liegen. Jane drosselte die Geschwindigkeit und rollte langsam in Gunter ein. Es war ein sehr malerisches Örtchen, vor allen Dingen nicht so auf Tourismus eingerichtet, sondern noch urwüchsig. Ski total gab es erst ein paar Kilometer weiter in Savognin.
Der Ort hatte praktisch nur eine Straße. Rechts und links der Straße gruppierten sich die Häuser. Jane sah auch an den grünen, saftigen Hängen einige Hotels und Pensionen stehen.
Nur die Burg entdeckte sie nicht.
Sie fuhr bis zur Bushaltestelle, wo sie ihren Wagen abstellte. Jane stieg aus und atmete die kühle frische Bergluft ein. Sie hatte beschlossen, sich den Ort ein wenig anzusehen, schlenderte über die Straße und sah die Kirche
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