Die Seelenburg
stürzen.
Zum Glück befand er sich in einer — wenn auch schrägen — Normallage.
Er stand also nicht auf dem Kopf, und wir konnten ihn ziemlich sicher verlassen.
Ich stemmte auch die zweite Kiste zurück und warf einen Blick auf den leeren Fahrersitz.
Die Tür daneben war abgerissen worden. Mein Blick fiel nach draußen.
Ich schaute auf die Äste zahlreicher Bäume, die sich mit ihrem Wurzelwerk an die Felswand gekrallt hatten.
Sie hatten den schweren Wagen gehalten.
Wenn sie den hielten, würden sie auch uns tragen.
»Aussteigen!« rief ich Suko zu. Bei diesem Wort kroch ich schon über den Fahrersitz auf den Ausstieg zu. Ein Baumast befand sich dicht vor mir. Ich packte ihn, hielt fest und konnte mich so aus den Wagen ziehen.
Als ich den Kopf ins Freie streckte, hörte ich das Plätschern. Ein Bach war es nicht, der stank nicht so.
Benzin lief aus. Durch den Aufprall mußte der Tank beschädigt worden sein.
Ich hockte auf einem Kiefernast, dessen Nadeln mir ins Gesicht stachen und die Haut malträtierten.
»Komm rüber!« rief ich Suko zu. »Aber sei vorsichtig. Am besten, du kletterst über meinen Sitz, wenn du die Lehne noch umlegen kannst.«
»Will's versuchen!«
Ich sah mir inzwischen den Wagen an. Er hing wirklich auf einem sehr schmalen Grat und wurde von den Zweigen und Ästen der Bäume gehalten. Und er lag auch nicht völlig ruhig, sondern wippte hin und her.
Es warf einen Blick nach oben. Was ich sah, war keine Offenbarung. Wir mußten tatsächlich die Felswand hoch, um auf den Weg zu gelangen.
Das würde eine eklige Schufterei werden, soviel stand fest.
Es schien mir auch heller geworden zu sein. Die dunklen Schatten waren verschwunden.
Schatten! Da war ich wieder beim Thema. Der Spuk hatte seine Hände in diesem schmutzigen Spiel. Die Köchin war von ihm beeinflußt worden, in sie waren die Schatten direkt hineingefahren und hatten reagiert. Noch etwas kam hinzu.
Schatten konnte man als amorph, als gestaltlos bezeichnen. Derer wurde man nicht Herr, die nahmen keine Kugel auf, eben weil sie keine Gestalt hatten.
Gegen Schatten zu kämpfen war ein Ding der Unmöglichkeit. Allerdings hatte ich festgestellt, und das schon vor einiger Zeit, daß sie mich auch kaum packen konnten, denn mein Kreuz stieß sie heftig ab. Die weißmagische Aura, die das Kreuz verbreitete, war für die Schatten ein Greuel. Sie konnten deshalb nicht in meinen Körper eindringen und ihn verändern sowie meine Seele in Besitz nehmen.
Lauerten sie vielleicht irgendwo?
Ich hockte in der Baumkrone, klammerte mich fest und blickte mich um.
Nein, ich sah sie nicht. Sie waren daran zu erkennen, daß sie dunkler waren als normale Schatten und dabei hin und her huschten. Suko hatte es auch geschafft. Ich sah seinen Kopf im Loch an der Fahrerseite.
Er winkte mir zu.
Und dann hörte ich das Knacken.
Es war ein Geräusch, das scharf durch die Stille schnitt.
Ich senkte den Kopf. Schräg unter mir, wo die Wand etwas vorsprang, entdeckte ich eine Bewegung.
Ein Schatten?
Ja und nein, denn er hatte sich materialisiert. Der Schatten hatte die Gestalt des Echsenköpfigen angenommen. Und er hielt etwas in der Hand.
Eine Lanze — aber eine feurige.
Ich ahnte die Gefahr mehr, als daß ich sie mit meinen Sinnen erfaßte.
Ich dachte in diesen Sekunden nur an das Benzin und schrie Suko zu.
»Weg hier!«
Der Chinese verstand. Hatte er sich vorhin noch vorsichtig bewegt, so sprang er jetzt.
Mit vollem Gewicht warf er sich in den Baum hinein, in dem auch ich hockte. Der Wagen, an dem er sich noch abgestützt hatte, schwankte plötzlich, bekam das Übergewicht und fiel.
Im selben Augenblick flammte unten etwas auf. Der materialisierte Schatten hatte das ausgelaufene Benzin angezündet.
Sofort fing das Material Feuer. Es puffte förmlich hoch, breitete sich blitzschnell aus, und innerhalb von Sekunden war der fallende Wagen in eine feurige Lohe gehüllt.
Ich war längst nicht mehr sitzen geblieben, sondern hatte mich nach vorn geworfen. Wie ein Berserker krachte ich in die Zweige des nächsten Baumes. Sie schlugen mir gegen das Gesicht, es gab lange Kratzer, und ich vernahm unter mir das Krachen, als Suko ebenfalls in den Baum hechtete.
Dann flog der Wagen in die Luft.
Zum Glück war der Wagen tiefer gefallen, und doch traf uns die Druckwelle. Plötzlich wurde der Baum durchgeschüttelt und bog sich der Felswand entgegen.
Ich kam mir vor wie ein Vogel im Nest, biß die Zähne zusammen und hielt eisern fest.
Dann
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