Die Seelenburg
würde bald auch nicht mehr fahren.
Aber noch rollten die Sessel dicht hintereinander durch die Luft. Pykka arbeitete sich mit Händen und Füßen voran. Immer dachte er dabei an die echsenköpfigen Häscher, denen er auf keinen Fall in die Finger geraten durfte. Manchmal wurde der Hang so steil, daß er sich an den Zweigen festhalten und weiterhangeln mußte. Er trat in Ameisenhaufen und zerstörte sie, sprang über Geröll und umgestürzte Bäume, die Auswirkungen der letzten Lawinen vom Winter. Dann endlich erreichte er die Schneise und sah auch die hohen Stahlträger, denen hohe Betonsockel Halt gaben.
Schon kam der erste Lift.
Er war leer.
Auch der zweite, der dritte und der vierte. Schließlich wagte es der zwergenhafte Druide. Er kletterte auf einen Baum und blieb auf halber Höhe hocken. Danach suchte er die stärksten Äste aus, die der Bahn praktisch entgegenwuchsen.
Ein Ast sah besonders stabil aus. Auf ihm glitt er langsam voran. Der Druide schätzte die Entfernung ab. Wieder verzerrte sich sein Gesicht vor Wut. Hätte er seine alten Kräfte noch besessen, wäre es ihm ein Leichtes gewesen, zu verschwinden. So aber mußte er den unbequemen Weg nehmen.
Er wartete noch und stieß sich dann ab. Fast wäre der Ast gebrochen.
Pykka hörte noch das Knirschen, da befand er sich bereits in der Luft, streckte beide Arme aus, die im Verhältnis zum Körper ziemlich lang waren, und er bekam mit der rechten Hand die sich unterhalb des Sitzes befindliche Fußstange zu fassen.
Hart umklammerte er das dünne Rohr, griff mit der Linken nach und schwebte im nächsten Moment talabwärts, wobei der Lift hin- und herschaukelte. Der Druide zog sich nicht hoch, er blieb so hängen.
Nur den Kopf drehte er des öfteren, um nach Verfolgern Ausschau zu halten.
Er entdeckte sie nicht.
Was allerdings nicht besagte, daß sie aufgegeben hatten. Die gaben niemals auf. Eigentlich war er nirgendwo vor ihnen sicher. Irgendwann würden sie ihn bekommen, und wenn er so dachte, dann war seine Flucht eigentlich sinnlos gewesen.
Doch in Pykka floß Druidenblut. Er dachte daran, daß es gerade seine Rasse gewesen war, die damals geherrscht und sich die Menschen Untertan gemacht hatte. Sie hatten sich immer mit Dämonen verbündet, finsteren Zauber durchgeführt und sogar gelernt, die Dämonen zu beherrschen. Niemand hätte es damals gewagt, einen Druiden anzugreifen. Heute war alles anders. Die Dämonen hatten sich in Gruppen formiert, es gab Führer unter ihnen, sie teilten sich ihre Gebiete auf, und die Macht der Druiden wurde zurückgedrängt. Viele seiner Rasse waren getötet worden, man brauchte sie nicht mehr. Ihr Zauber traf heute nicht auf fruchtbaren Boden, obwohl es noch genügend Menschen gab, die an die Kraft der Druiden glaubten.
Dämonen selbst griffen in den Kreislauf der Welt ein. Und sie taten es mit unbarmherziger Härte. Dabei fegten sie auch den alten Druidenglauben hinweg und verbannten ihn aus den Köpfen der Menschen.
Über das alles dachte Pykka nach, als er an dem schmalen Lift hing.
Zwangsläufig bewegten sich seine Gedanken in eine andere Richtung.
So gefährlich die Dämonen auch geworden waren, gab es trotzdem Menschen, die ihnen den Kampf angesagt hatten.
Namen geisterten durch die Reihen der Schwarzblüter.
Professor Zamorra, Tony Ballard, Damona King — und der Name eines Mannes von Scotland Yard.
John Sinclair!
Pykka buchstabierte ihn. Er hatte schon von Sinclair gehört, ihm aber noch nie gegenübergestanden, und er wußte, daß dieser Mensch der erklärte Feind aller Dämonen war.
Und eigentlich auch der Druiden!
Pykka erinnerte sich an Khylon, einen Artgenossen, der von dem Geisterjäger John Sinclair getötet worden war. Eigentlich mußten die Druiden diesen John Sinclair hassen, das taten sie auch, aber noch mehr haßte Pykka den Spuk.
Und er beschloß, den Teufel mit dem Beelzebub auszutreiben. Das heißt, er wollte mit dem Geisterjäger John Sinclair Verbindung aufnehmen, falls man ihn so lange noch am Leben ließ…
***
Im Radio hatte ich plötzlich einen deutschen Sender. Irgend jemand sang ein Lied mit dem Titel »Santa Maria«. Ein paar Sätze hörte ich, dann rauschte es nur noch.
»Was war das?« fragte mich Glenda Perkins, die neben mir saß und um ihr dunkles Haar ein buntes Kopftuch gebunden hatte.
»Überreichweite.«
»Aha.« Glenda lächelte. »Und wieso?«
Ich löste eine Hand vom Lenkrad und deutete mit dem Daumen in Richtung Scheibe. »Sehen Sie mal nach
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