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Die Seelenfischer (Seelenfischer-Trilogie) (German Edition)

Die Seelenfischer (Seelenfischer-Trilogie) (German Edition)

Titel: Die Seelenfischer (Seelenfischer-Trilogie) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanni Münzer
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Genie und konnte mühelos die kompliziertesten Aufgaben lösen. Als
sich ihr Klassenlehrer nach Absprache mit ihrem Großvater, bei dem Rabea nach
dem frühen Tode ihrer Eltern aufwuchs, bemühte, sie dazu zu bewegen, auf eine
Begabtenschule zu wechseln, gab sie eine Kostprobe ihres Starrsinns und
weigerte sich kategorisch, das Melanchthon-Gymnasium in Nürnberg zu verlassen,
weil dies bedeutet hätte, sich von ihren besten und einzigen Freunden, den
Zwillingen Lucie und Lukas, zu trennen. Außerdem wollte sie ganz bestimmt keine
Mathematikprofessorin werden, sondern ein Rabbi, wie ihr Großvater Josef, den sie
vergötterte. Ihr oftmals lautstark verkündeter Wunsch führte dazu, dass sich
Rabea nicht wenigen Spötteleien aussetzte. Aber nie zweifelte sie an ihrer
Überzeugung, sondern vertrat ihre Meinung stets vehement, und notfalls mit
vollem Körpereinsatz: Rabea ging keiner Rauferei aus dem Weg. Doch kurz vor
ihrem zehnten Geburtstag musste sich etwas sehr Folgenschweres in ihrem Leben ereignet
haben, das ihren Wunsch, ein Rabbi zu werden, grundlegend veränderte. Denn danach
verkündete Rabea ihren Freunden Lucie und Lukas, dass sie einen neuen
Traumberuf hätte: Sie würde statt Rabbi Reporterin werden. Wie stets war Rabea
zuvor den Dingen genau auf den Grund gegangen und hatte für sich befunden, dass
dieser Beruf am besten zu ihr passe, weil er sich mit der Suche nach der
Wahrheit beschäftigte.
    Beeinflusst und geprägt durch die beiden wichtigsten männlichen
Bezugspersonen in ihrem Leben, ihrem Großvater, dem tief in der jüdischen
Tradition verwurzelten Rabbi Josef Rosenthal, sowie dem jungen Lukas, dessen
Onkel Franz Bischof von Bamberg war und der den Neffen früh für die Mysterien des
katholischen Glaubens interessierte, hatte Rabea allzu bald lernen müssen, dass
Religion stets männlich dominiert war. Jedoch, zum ersten Mal in ihrem
gemeinsamen Leben konnte der allwissende, von ihr so sehr verehrte Großvater
ihr hierauf keine richtige Erklärung liefern, auf jeden Fall keine, die das
kleine kluge Mädchen befriedigen konnte. Angeblich, weil es so " geschrieben "
stand. Es war das erste Mal, dass sich Rabea fragte, was an einem Mann anders war
als an einer Frau, außer, dass er ein Mann war? Das sollte das Argument sein?
Der Zufall der Geburt? War es eine Schuld, als Mädchen geboren zu sein? Ihre Lehrer
behaupteten, dass sie klüger wäre als die anderen Kinder, aber ihr Großvater
sagte, dass sie trotzdem keine jüdische Gelehrte werden konnte. Weshalb konnte
sie zwar eine Mathematiklehrerin werden, aber kein Rabbi, obwohl das Wort „Rabbi“
nichts anderes bedeutete als „Lehrer“? Wer hatte bestimmt, dass eine Frau weder
Rabbi noch katholischer Priester oder islamischer Mullah werden konnte? Um eine
Antwort auf ihre Fragen zu finden, beschäftigte sich Rabea bereits als Kind sehr
gründlich mit den drei monotheistischen Religionen, dem Judentum, dem
Christentum und dem Islam. Doch nirgendwo fand sie eine ihr logisch
nachvollziehbare Erklärung hierfür und sie fragte sich deshalb, ob drei
Religionen gleich drei verschiedene Götter bedeuteten, oder nur drei
verschiedene Namen für einen Gott? So wie man zum Beispiel zu einer Tasse heißer
Schokolade auch Kakao sagen konnte, aber beides auf der Zunge gleich schmeckte?
Fast ihr ganzes Leben lang suchte sie nach der Übereinstimmung der Wahrheit mit
der Wirklichkeit, versuchte das Wesen und die Schöpfung Gottes zu ergründen, doch
je älter sie wurde, um so größer wurden ihre Zweifel, bis sie schließlich die
Existenz „Gottes“ gänzlich verleugnete. Rabea arbeitete hart an ihrem Vorhaben,
eine anerkannte Journalistin zu werden. Zunächst wurde sie die jüngste
Chefredakteurin der Schülerzeitung des Melanchthon-Gymnasiums und kämpfte unter
anderem vehement für die Pressefreiheit „ihrer“ Zeitung, da bei einer
Schulzeitung immer der Rektor das letzte Wort vor der Veröffentlichung hatte.
Später schaffte sie es mit ihrem scharfen, analytischen Verstand und auch mit
ihrer Hartnäckigkeit, sich bereits in jungen Jahren einen Ruf als
unerschrockene Reporterin zu erwerben. Seit ihrem erfolgreich absolvierten
Journalistikstudium in München vor vier Jahren reiste sie als gefragte
Auslandskorrespondentin von einem Krisengebiet ins nächste. Soweit Lukas wusste, hielt
sie sich im Augenblick im Irak auf. Er warf einen kurzen Blick auf das Lämpchen
des Anrufbeantworters, das keine Nachricht anzeigte. Das moderne Gerät bildete
einen herben

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