Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Seelenfischer (Seelenfischer-Trilogie) (German Edition)

Die Seelenfischer (Seelenfischer-Trilogie) (German Edition)

Titel: Die Seelenfischer (Seelenfischer-Trilogie) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanni Münzer
Vom Netzwerk:
über den Dächern der Stadt
der Städte spannte und schützend umfing wie eine Mutter ihr Neugeborenes.
    „Par tibi, Roma nihil – Rom, nichts ist Dir gleich“, murmelte
Grassa. Er liebte die Atmosphäre, die um diese Zeit von Rom Besitz ergriff. Die
Straßen leerten sich, die Autos und deren Besitzer fanden ihren Weg nach Hause
und immer weniger Nachtschwärmer wurden von dem sanften Licht der
Straßenlaternen erfasst. Dieses Licht hatte eine ganz eigene Tönung, es wirkte
nicht gelb und hart wie in vielen anderen Großstädten, sondern entsprach eher
einem sanft gefilterten Orange und tauchte die Stadt und ihre berühmten Plätze
in ein besonderes Licht, die verborgenen Mysterien Roms auf rätselhafte Art
untermalend. Dort, wo das Licht der Laternen sich in dem Gewirr der dunklen
Straßen und Gassen verlor, senkte sich der geheimnisvolle Schatten aus mehr als
zwei Jahrtausenden Geschichte über die Ewige Stadt. Ein maliziöses Lächeln
kräuselte sich auf den Lippen Grassas und betonte - nicht zu seinem Nachteil den
grausamen Zug in seinem Mundwinkel, den bereits Rabea bemerkt hatte. Nun schlug
die Stunde der Gesetzlosen. Um diese Zeit geschahen die meisten Verbrechen in
Rom und gaben Grassa Lohn und Brot. Oft streifte der Commissario, gleich einem
hungrigen Wolf, des Nachts alleine durch die stillen Straßen Roms und nahm sie
fordernd wie ein Liebhaber seine Geliebte in Besitz. Nachts gehörten die Stadt
und ihre Geheimnisse ihm. Der Tag würde kommen, an dem sie ihm auch bei vollem
Tageslicht huldigen würde. Grassa verspürte nicht die geringste Müdigkeit - im
Gegenteil, dieser neue Fall elektrisierte ihn und erwartungsvolle Energie pulsierte
durch seine Adern. Der Mord an dem Generaloberen der Jesuiten war ein
ausgesprochener Glücksfall für seine Karriere und die zum Greifen nahe
Auflösung der Tat, markierte die nächste Stufe auf seiner Erfolgsleiter ganz
nach oben. Sein geschulter Instinkt sagte ihm, dass der Priester etwas vor ihm
verbarg. Was auch immer es war, er würde es herausfinden. Für ihn war der
Jesuit so schuldig wie Judas.
    Mit einem letzten besitzergreifenden Rundumblick über die Dächer seiner Stadt, die er sich gleich einem antiken Imperator zu erobern vorgenommen hatte,
schloss Commissario Grassa das Fenster.
    Den Rest der Nacht vertiefte er sich in seine Akten, während die Ewige
Stadt schlief.
     
    Lukas von Stetten lehnte sich erleichtert in den weichen
Lederpolstern von Pierangelis großräumigen Mercedes ML zurück. Der kleine,
zierliche Anwalt verschwand fast völlig hinter dem Lenkrad und nur seine
schlohweiße Löwenmähne war dahinter zu sehen. Dabei fuhr er ruhig und sicher,
eine Wohltat nach der ruppigen Fahrweise des Inspektors. Lukas Kehle schmerzte
höllisch, gleichzeitig meldete sich sein Magen und signalisierte ihm
animalischen Hunger. Irgendwo hatte er einmal gelesen, dass Tiere nach einer
Schocksituation großen Appetit entwickelten. Diese wissenschaftliche Erkenntnis
schien auch auf ihn zuzutreffen. Trotz seines körperlichen Unbehagens fühlte er
enorme Erleichterung. Er war frei und auf dem Weg nach Hause. Vom Autotelefon
des Anwalts aus sprach er kurz mit seinem Vater, der in seinem Arbeitszimmer
ungeduldig auf eine Nachricht gewartet hatte. Lukas bedankte sich für seine
Hilfe, dann stockte das Gespräch bereits. Vater und Sohn hatten sich immer noch
nicht viel zu sagen. Besorgt erkundigte sich Lukas nach seiner Mutter, jedoch
versicherte ihm sein Vater, dass sie von der ganzen Affäre nichts mitbekommen
hatte. Nüchtern verabschiedeten sie sich voneinander, danach wechselte der
Avocato Pierangeli einige Worte mit von Stetten senior, um die weitere
Vorgehensweise abzusprechen. Lukas stand weiterhin unter Mordverdacht und hatte
nur unter bestimmten Auflagen und der Hinterlegung einer hohen Kautionssumme sowie
seines Reisepasses das Präsidium verlassen dürfen. Zudem stand er unter Hausarrest
und durfte vorerst seine Wohnung in der Via dei Coronari nur verlassen, um sich
mit seinem Anwalt zu treffen. Pierangeli hielt vor dem Palazzo in der Coronari
an und stieg kurz aus, um sich von Lukas und den beiden jungen Frauen zu
verabschieden. Dann empfahl er sich mit den Worten: „Da die Familie nun wieder
glücklich vereint ist, werde ich mich jetzt in mein gemütliches Bett
zurückziehen und ich rate ihnen, allen dasselbe zu tun. Ich melde mich morgen Vormittag
bei Ihnen, dann können wir alles Weitere in Ruhe besprechen. Buona Notte, auch
an die beiden reizenden

Weitere Kostenlose Bücher