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Die Seelenjägerin

Die Seelenjägerin

Titel: Die Seelenjägerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celia Friedman
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Danton und seine Kinder wie verängstigte Welpen zitternd in ihren Betten verkriechen.
    Nein, deine Bürde ist sogar noch schwerer als die unsere … denn meine Geburt wurde von Königen beschlossen, die deine dagegen wurde von den Göttern verfügt. Sie haben Besonderes mit dir vor, mein Halbbruder, und ich bete Nacht um Nacht für dich, denn die Götter des Nordens sind launisch und nehmen nur selten Rücksicht auf die Wünsche der Sterblichen.
    »Bist du nur gekommen, um mich zu besuchen?«, fragte sie.
    »Um dich zu besuchen, dir das Neueste zu berichten und zu Hause melden zu können, dass es dir gut geht. Vater will es nicht zugeben, aber er macht sich Sorgen. Er weiß, wie nahe dir Andovan stand.« Er nahm die Unterlippe zwischen die Zähne, fasste nach den Seidenfetzen, die ihr von der Schulter hingen, und würdigte ihre Trauer mit einem stummen Gebet. »Was ist denn nun wirklich geschehen?«, fragte er endlich. »Über die wesentlichen Dinge spricht niemand. Am wenigsten die Boten des Großkönigs. Wir bedauern Euch mitteilen zu müssen, dass Prinz Andovan aus dem Hause Aurelius, Sohn der Großkönigin Gwynofar, Enkel des Erzprotektors Stevan aus dem Hause Keirdwyn, mit eigener Hand seinem Leben ein Ende gesetzt hat. In solchen Fällen ist es bei uns nicht Brauch, ein Staatsbegräbnis abzuhalten. Nicht gerade aufschlussreich.«
    Seufzend schlang sie die Arme um sich und bemühte sich, die Tränen zurückzuhalten. »Er hatte die Schwundsucht. Danton wollte es nicht zugeben, aber alle Welt wusste Bescheid. Er rief sogar fremde Magister hierher, damit sie ihn untersuchten und eine andere Ursache für seine Krankheit fänden.« Sie zuckte steif die Schultern. »Aber das konnten sie nicht, denn es gab keine andere Ursache. Deshalb … ich habe dir erzählt, was er für ein Mensch war, Rhys. Er hasste es, herumzusitzen und darauf zu warten, dass irgendjemand eine Entscheidung fällte, er wollte immer unabhängig sein, selbst tätig werden … und dass er als Krüppel sterben sollte, nagte unaufhörlich an ihm. So beschloss er eines Nachts, es nicht so weit kommen zu lassen.« Fröstelnd schlug sie die Augen nieder, an den hellen Wimpern hing zitternd eine Träne. »Nicht einmal mit mir hat er darüber gesprochen«, flüsterte sie. »Das hätte ich eigentlich erwartet. Aber vielleicht dachte er, ich würde ihm sein Vorhaben auszureden versuchen.«
    »Hättest du das denn getan?«, fragte Rhys leise.
    Sie kaute an ihrer Unterlippe. »Ich weiß es nicht, Rhys. Welche Hoffnung hatte ich ihm denn zu bieten? Die Schwundsucht ist unheilbar. An ihr zu sterben ist grausam, besonders für einen jungen Mann, dem nichts mehr zuwider war, als stillsitzen zu müssen. Trotzdem hätte ich … ich hätte gedacht, er würde zuerst mit mir sprechen … zumindest um Abschied zu nehmen.«
    Sie wandte sich den Speeren zu. Die Nacht war sehr still.
    »Du warst nicht bei den Trauergästen, die Vater geschickt hat«, flüsterte sie. »Ich hatte gehofft, du kämst mit ihnen.«
    »Ich hatte andere Pflichten.«
    Sie gab sich zufrieden und nickte. So gerne sie Rhys gleich nach Andovans Tod an ihrer Seite gehabt hätte, es hätte falsch aufgefasst werden können, wenn man ihn, einen königlichen Bastard, in aller Form mit zur Totenfeier geladen hätte. Danton verachtete seine eigenen Bastarde und holte sie nicht, wie anderswo durchaus üblich, an seinen Hof, denn er wollte nicht, dass sie sich wegen ihrer königlichen Abstammung irgendwelche Flausen in den Kopf setzten. Wenn Rhys mit den vom Erzprotektor entsandten Trauergästen gekommen wäre, hätte Danton das womöglich als Beleidigung verstanden.
    Aber wenig später und allein seiner Halbschwester einen Höflichkeitsbesuch abzustatten – dagegen war nichts einzuwenden. Vermutlich war Danton sogar erleichtert, dass jemand anderer es auf sich nahm, sie zu trösten. Die Götter wussten, wie unbeholfen er in solchen Dingen war.
    »Erzähle mir, was es zu Hause Neues gibt«, flehte sie. »Und bitte nur gute Nachrichten.«
    Ein Schatten ging über sein Gesicht. Ihr stockte der Atem. »Rhys?«
    Er schwieg lange. Endlich sagte er: »Die Zeichen verheißen nichts Gutes. Ich kann nichts anderes sagen, ohne zu lügen. Es tut mir leid.«
    Sie richtete sich auf. Sie war die Tochter eines Protektors und musste sich solchen Prüfungen mit Kraft und Entschlossenheit stellen. »Vater hatte so etwas angedeutet«, sagte sie ruhig. »Aber er wollte sich nicht näher dazu äußern.« Sie legte ihm eine Hand

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