Die Seelenkriegerin - 3
sie gewiss noch mehr. Lasst sie nach dem Herd der Seuche suchen, auch wenn er außerhalb Eurer Mauern liegt, und beseitigt ihn. Davon profitieren zwar einige Leute, die Euch noch keinen Treueeid geleistet haben, doch Ihr erweist Euch zusätzlich als großherziger Fürst, der die Treue der Menschen auch weiterhin verdient.« Er hielt inne. »Das braucht Jezalya, Hoheit.«
»Und wir brauchen es auch«, fügte et-Ahal hinzu.
Aha , dachte Nasaan, aber so einfach ist die Sache nicht. Mit einem Hexer, der einen Heilzauber wirkt, ist es nicht getan.
»Von welchem Zeitraum sprechen wir denn?«, fragte er.
»Falls der Schwarze Schlaf in Bandezek auftritt, kommt der Karawanenverkehr in dieser Region augenblicklich zum Erliegen. Darin sind sich alle Großen Familien einig. Ansonsten …« Saroch sah die anderen Kaufleute an und wartete, bis jeder mit einem winzigen Zeichen seine Zustimmung kundgetan hatte. »Ansonsten hängt es davon ab, wie viel Zeit sich die Familien damit lassen, die Angelegenheit zu erörtern. Und das hängt wiederum davon ab, wie fest wir als Eure Fürsprecher aufrichtig an eine Besserung der Lage glauben.«
Nasaan nickte knapp. »Verstehe.« Er nahm zu einem Besucher nach dem anderen Blickkontakt auf und bemühte sich, mehr Zuversicht zu verbreiten, als er tatsächlich empfand. »Dann hoffe ich, dass Eure Beratungen sich eine Weile hinziehen. Inzwischen werde ich mir zusammen mit meinen Hexern und Hexen überlegen, was wir unternehmen können.«
Saroch neigte den Kopf. »Ich danke Euch, Hoheit.«
Nasaan stand auf. Es war nicht leicht, sich gelassen und selbstbewusst zu geben, wenn man innerlich von widerstreitenden Gefühlen zerrissen wurde; er fragte sich, ob ihm diese Heuchelei jemals in Fleisch und Blut übergehen würde. »Ich bin Euch alle dankbar für Euer Kommen. Dankbar für Euren Rat. Dieses Entgegenkommen der Großen Familien wird nicht vergessen werden.«
Einer nach dem anderen verneigte sich respektvoll und verabschiedete sich mit angemessenen Worten von seinem Fürsten. Aber Nasaan hörte ihnen nicht mehr richtig zu. Er war mit seinen Gedanken bereits anderswo.
Als sie endgültig fort waren – als sich nicht nur die Türen hinter ihnen geschlossen hatten, sondern auch ihre Schritte verklungen waren –, schlüpfte hinter einem holzgeschnitzten Paravent eine Gestalt hervor.
»Du hast es gehört«, sagte Nasaan ruhig.
»Ich habe es gehört«, bestätigte Siderea.
»Gehe ich recht in der Annahme, dass du nicht nur Jezalya schützt , sondern noch mehr mit der Sache zu tun hast?«
Für einen Moment wurde es still.
»Hat sich dein Herrschaftsgebiet nicht verdoppelt, seit du den Thron erobert hast?«, fragte sie dann. »Kommen die Stämme nicht zu dir und bitten dich um deinen Schutz?«
»Das war nicht meine Frage.«
»Ganz recht, mein Fürst.« Ihre Stimme war wie flüssiges Silber, doch diesmal verfehlte sie ihre Wirkung. »Willst du die Antwort wirklich hören?«
Er schloss die Augen und sprach erst, als er sicher war, dass seine Stimme nicht schwanken würde. »Die Dinge, die dieser Stadt einst nützlich waren, bringen sie nun in Gefahr.«
»Bist du dir da so sicher?«
Er sah sie aufgebracht an. »Ich glaube mich zu erinnern, dass ich hier die Herrschaft ausübe!«
Sie spreizte die Hände. An jedem Finger blitzten kostbare Ringe. »Es wurden Ereignisse in Gang gesetzt. Daran lässt sich so spät im Spiel nicht mehr so leicht etwas ändern.«
»Dann wird es eben schwierig«, fuhr er sie an. Er hatte plötzlich die Geduld verloren. »Oder willst du mir sagen, du wärst damit überfordert?«
In ihren Augen blitzte etwas auf, das weder Schmeichelei noch Verführung war; er fand es seltsam erfrischend. »Ich will lediglich sagen, dass es nicht so einfach ist, wie eine Handvoll kranker Bauern zu heilen. Es gibt Gründe für das, was draußen in der Wüste vorgeht, ich kann es nicht so einfach ungeschehen machen.«
»Dann musst du eben etwas verändern!«, befahl er. Mit einem Schlag wallte der Zorn in ihm auf und ergoss sich mit betäubender Wucht über sie. »Lass die Seuche an einem anderen Ort zuschlagen! Oder gib ihr andere Opfer! Draußen in der Wüste leben Hunderte von Nomaden, die außer Geiern und Kamelen nie jemand zu Gesicht bekommt. Wenn sie erkranken, kümmert das niemanden. Wer soll schon merken, wenn morgen ein ganzes Lager verschwindet? Was immer du also vor meiner Stadt treibst – und du hast recht, ich will es wirklich nicht wissen –, geh damit zu ihnen.
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