Die Seelenkriegerin - 3
Ikati-Körper funktioniert.«
»Nein«, sagte sie leise. Ein Flüstern. »Dieses Wissen müsste ich mir von jemandem holen, der es bereits einmal besessen hat.«
Wieder verstand er sie nicht gleich. Und dann fuhr er zurück, als hätte sie ihn geschlagen, und alle Farbe wich aus seinem Gesicht. »Das kannst du nicht von mir verlangen …«
»Wer sonst könnte mir geben, was ich brauche, Colivar?« Als er nicht antwortete, drängte sie: »Wer sonst hätte den Duft einer paarungsbereiten Königin gewittert – wer sonst hätte die Aufforderung zum Flug vernommen, wie sie ein Seelenfresser erschallen lässt – wer sonst hätte den Schlag der mächtigen Schwingen gespürt, die Bewegung der Muskeln, die sie steuern? Oder schätze ich eure Bindung falsch ein? Hast du dies alles zusammen mit deinem Konjunkten nicht erlebt?«
»Du kannst nicht einschätzen, wie gefährlich es ist«, zischte er. Und wandte sich ab.
»Ich brauche nur deine Erinnerungen«, sagte sie. »Nichts sonst. Du bräuchtest dich nicht in einen Ikata zu verwandeln. Du bräuchtest auch niemanden in dein Gehirn zu lassen. Deine Erinnerungen mögen schrecklich sein – sie mögen Instinkte wecken, vor denen du dich fürchtest –, aber im Grund sind und bleiben sie doch nur: Erinnerungen.«
»Sie sind eben nicht schrecklich«, flüsterte er. »Das ist es ja.«
»Willst du behaupten, du hättest nie von jener Zeit geträumt? Du hättest dich nie im Schlaf diesen Erinnerungen überlassen und für eine Stunde geglaubt, wieder dort zu sein? Nein? Und bist du danach nicht jedes Mal aufgewacht? Erschüttert vielleicht, aber immer noch menschlich?« Sie wartete. »Du wirst den Geistern deiner Vergangenheit nicht entrinnen, solange noch ein Seelenfresser sein Unwesen treibt, Colivar. Und mein Vorschlag könnte die einzige Möglichkeit sein, sie loszuwerden.« Als er immer noch schwieg, drängte sie: »Hast du eine bessere Idee?«
Lange starrte er in die Ferne. »Nein«, sagte er endlich. »Nein, die habe ich nicht.«
Langsam drehte er sich zu ihr um. »Einmal«, sagte er. »Ich tue das nur ein einziges Mal. Wenn dir das nicht genügt, musst du dir dein Wissen aus einer anderen Quelle beschaffen. Oder dir einen anderen Plan ausdenken.«
Sie nickte feierlich. »Einverstanden.«
Er legte seine Hand an ihre Wange; für seine Zauberei hätte er den Kontakt nicht gebraucht, aber sie vermutete, dass er ihm als Fokus diente.
»Du wirst mich einlassen müssen«, flüsterte er. »Tut mir leid.«
Sie nickte, schloss die Augen, um nicht abgelenkt zu werden, und bemühte sich, ihre Abwehr so weit herunterzufahren, dass er eine direkte Verbindung zu ihrem Bewusstsein aufbauen konnte. Es fiel ihr schwerer als bei Ramirus. Damals war sie schwach und verletzt gewesen und hatte sich gefügt, um überleben zu können. Jetzt war sie stark, und ihre Überlebensinstinkte rebellierten schon bei dem bloßen Gedanken, einen anderen Magister in ihren Geist zu lassen. Auch wenn es Colivar war.
Aber wenn sie imstande sein wollte, die Seelenfresser von Jezalya wegzulocken, musste sie es tun. Also kniff sie die Augen fest zu, lenkte ihre Aufmerksamkeit nach innen und schälte all die magischen Barrieren ab, die sie gewöhnlich vor ihresgleichen schützten. Sie spürte, wie seine Zauberei in ihre Seele eindrang und sich dort einnistete, und beherrschte sich mit zusammengebissenen Zähnen, um keinen Widerstand zu leisten.
Und schon strömten die Erinnerungen ein.
Er taucht in die Wolken ein, und sie schneiden ihm wie mit eisigen Messern in die Haut …
Auf allen Seiten schreien seine Rivalen ihre Herausforderung zum Paarungskampf in den Wind …
Zähne bohren sich durch seinen Schwanz. Er schüttelt sie ab. Sein eigener Schwanz peitscht durch die Luft, die scharfen Platten treffen den Übeltäter. Sein Schlangenkörper windet sich und gleicht den Stoß mit tänzerischer Geschmeidigkeit aus. Die Schwingen verändern den Winkel. Der Flug wird ruhiger.
Er lässt seinerseits einen Schrei voller Zorn, Wollust und Blutdurst erschallen, schaut aber nicht zurück. Er hat keinen sicheren Vorsprung, ein Augenblick der Unaufmerksamkeit, und die anderen könnten ihn eingeholt haben. Er muss voraus bleiben. Er hat keine Wahl. Er muss schneller und kraftvoller und höher fliegen als alle anderen, auch wenn es ihn das letzte Quäntchen seiner Kraft kostet. Auch wenn er dabei umkommt. Er kann nicht anders.
Es ist hart, in diesem matten Sonnenlicht zu fliegen! Den kalten Muskeln fällt es
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