Die Seelenkriegerin - 3
ihrem Dunstkreis zu kommen.
»Worum geht es denn?«, wollte er wissen.
»Worum es immer geht«, lautete die Antwort. Nasaan sah, dass Nyuku seinen Gegner wie einen gewöhnlichen Menschen in den Todesgriff nahm, doch der schwarzhaarige Fremde veränderte seine Gestalt und entschlüpfte Nyukus Händen wie eine Schlange. Dabei ließ er eine blaue Flammenwand zurück, die überall da, wo sich die beiden berührt hatten, an Nyuku haftete, aber rasch gelöscht wurde. Alles lief so rasend schnell ab, dass Nasaan kaum folgen konnte, er hatte jedoch den Eindruck, dass sehr viel mehr vor sich ging, als man mit menschlichem Auge erkennen konnte. »Um Macht«, fuhr sie fort. »Um Wollust. Um Überlegenheit.« Sie hielt inne, ihre Lippen kräuselten sich zu einem Lächeln, das an der Oberfläche herzlich, darunter aber so unheimlich war, dass ihn fröstelte. »Und um eine Frau.«
Ihm fiel ein, wann er dieses Lächeln zum letzten Mal gesehen hatte. Es war auf einem Schlachtfeld gewesen, sie hatte in einem Kreis von Toten gestanden, und um sie herum hatte es Blut geregnet. Er hatte sich vor ihren Fähigkeiten gefürchtet und zugleich nach dem gelechzt, was sie ihm zu bieten hatte. An beidem hatte sich nichts geändert.
An jenem Abend hatte sie bloß zu ihrem Vergnügen mit ganzen Heeren gespielt. Heute waren es nur zwei Männer, aber sie wurde unverkennbar von der gleichen Gier getrieben wie seinerzeit auf dem Schlachtfeld. Und zum ersten Mal, seit er sie kannte, trat diese Gier offen zutage. Er las die Wahrheit in ihrem kalten Raubtierlächeln; er roch sie auf ihrer Haut. Und während vor ihr zwei Männer alles versuchten, um sich gegenseitig in Stücke zu reißen, begriff er zum ersten Mal, worauf diese Gier gerichtet war.
Vielleicht hatte er es schon immer gewusst. Vielleicht hatte er es sich nur nicht eingestehen wollen.
Sie sollen für mich sterben , forderte ihr Gesichtsausdruck.
Schnelligkeit und Kraft. Darauf kam es an. So viel Schnelligkeit und Kraft, dass Nyuku gezwungen wäre, mit gleicher Münze zurückzuzahlen. Darin lag seine einzige Hoffnung.
Angst und Verzweiflung rauschten durch Colivars Adern, aber er klammerte sich an diesen Gedanken. Mit einem Zauberer zu kämpfen war aussichtslos, das wusste er. Er hatte die Zeiten noch erlebt, als die Magister sich gegenseitig töten durften, und wusste, wie er vorzugehen hatte. Überraschung. Heimtücke. Nichts anderes wäre erfolgreich. Wenn man es mit einem Gegner zu tun hatte, der jede Wunde mit einem einzigen Gedanken heilen und sich vor jedem Angriff schützen konnte, den er kommen sah, gab es nur einen einzigen Weg zum Sieg: Man durfte ihm keine Vorwarnung geben und ihm keine Zeit zur Heilung lassen. Und da ein erfahrener Magister feindliche Absichten erspüren konnte, durfte man seine Aktionen nicht einmal im Voraus planen. Wie oft kamen alle diese Elemente zusammen?
Den Kampf nicht zu führen – nun, das kam auch nicht infrage. Das Tier in ihm hatte die Oberhand gewonnen, und sein Zorn war nicht mehr zu bändigen. Erinnerungen an frühere Schmerzen und Demütigungen stiegen auf und weckten einen überwältigenden Rachedurst, der alle anderen Gedanken einfach hinwegfegte. All sein Sinnen und Trachten war allein auf eines gerichtet: den Mann zu schlagen, der ihn vor so vielen Jahren besiegt und in die Arme des Wahnsinns getrieben hatte.
In diesem Raum konnten sie ihre Zauberei nur eingeschränkt zum Einsatz bringen, sodass sie gezwungen waren, wie die Morati zu kämpfen – Kraft gegen Kraft, Schnelligkeit gegen Schnelligkeit, ein primitives körperliches Kräftemessen. Ihre Magie brachte die Luft zum Flimmern, aber die zwei waren einander so ebenbürtig, dass sie nichts ausrichten konnte. Wenn Flammen an Colivar emporzüngelten, löschte er sie, bevor sie seine Kleider in Brand setzen konnten; wenn giftiger Rauch in Nyukus Lungen drang, genügte dem Kannoket ein Gedanke, um ihn zu entschärfen. Da keiner von ihnen die Luft verwandeln oder fremde Elemente in den Raum holen konnte, war es nahezu unmöglich, Kräfte zu beschwören, die wirklichen Schaden anrichten konnten; selbst ein Feuerball musste mangels geeigneten Treibstoffs innerhalb von Sekunden in sich zusammenfallen. Verfügbar war jedoch der eigene Körper, und Colivar erkannte rasch, welche Möglichkeiten sich dadurch eröffneten. Der Schweiß auf seiner Haut ließ sich in einen ätzenden Nebel verwandeln. Sein eigener Atem wurde mühelos zu toxischem Rauch. Doch die Beschwörung solcher Effekte war
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