Die Seelenkriegerin - 3
doch das war ziemlich wirkungslos. Vor der Mittagshitze gab es kein Entrinnen.
Als der Heilige Hüter außer Hörweite war, wandte sich Salvator wieder den anderen zu. »Ich sollte mich ihnen anschließen«, sagte er leise.
Favias zog zischend den Atem ein. »Majestät?«
»Die Königin hat die Fähigkeit, sich unsichtbar zu machen. Sie könnten direkt vor ihrem Versteck stehen und sie doch nicht sehen. Ich aber vielleicht schon.«
Ramirus holte tief Luft. »Majestät, ob Ihr gegen den Einfluss der Ikati gefeit seid, ist im Moment nur eine Theorie. Eine gute Theorie vielleicht, die sicherlich einiges an Wahrheit enthält, aber genauere Kenntnisse haben wir darüber nicht. Dagegen ist es sehr wahrscheinlich, dass die Seelenfresser, wenn sie sich von Kamala entfernen, geradewegs dahin zurückkehren, wo ihre Höhlen und ihre Reiter zuletzt gesehen wurden. Wir können auf keinen Fall riskieren, dass Ihr Euch dann mit einer so kleinen Streitmacht dort aufhaltet.«
Salvators Augen wurden schmal. »Verlangt Ihr, dass meine Leute ein Risiko eingehen, zu dem ich selbst nicht bereit bin?«
Ramirus verzog keine Miene. »Eine Frage der Zweckmäßigkeit, Majestät. Nicht mehr. Alle anderen sind bei diesem Unternehmen entbehrlich, Ihr nicht.«
»Was schlagt Ihr also vor?«, fragte der Großkönig. Das eiskalt Vernunftbetonte dieser Argumentation irritierte ihn. »Außer hier zu stehen und die Hände zu ringen, weil wir unsere Beute verloren haben?« Er sah, dass Gwynofar zum Sprechen ansetzte, und gebot ihr mit erhobener Hand Schweigen. »Oder meine Mutter als Köder auszulegen?«
Über diese Taktik hatte er am Abend zuvor mit ihr gestritten. Ich habe die Königin in den Spinas-Bergen vom Himmel gelockt , hatte ihn Gwynofar erinnert. Das kann ich auch in Jezalya tun.
Das geschah ohne mein Einverständnis , hatte er zurückgegeben. Ich hätte es verboten.
Aber es hatte Erfolg, nicht wahr?
Dein Leben ist zu kostbar, um es bei einem derart leichtsinnigen Manöver aufs Spiel zu setzen.
Und wenn es keine andere Möglichkeit gibt, mein Sohn? Wenn alle anderen Mittel versagen und wir die Königin sonst einfach nicht finden können? Wirst du es dann immer noch verbieten? Als er nicht antwortete, hatte sie gedrängt: Du sagst, du bist bereit, für diese Sache zu sterben: Ist mein Einsatz weniger wert als der deine?
Er hatte die Zähne zusammengebissen und gemurmelt: Nun denn, als letztes Mittel werde ich es in Erwägung ziehen. Aber nur als allerletztes Mittel. Wenn sämtliche anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind. Keine Sekunde früher.
Und an diesem Punkt waren sie noch nicht angelangt, beteuerte er sich. Noch nicht.
»Ich kann mir zwei Möglichkeiten vorstellen«, sagte Favias. »Erstens, sie ist aus der Gegend geflüchtet, sobald sie das Unheil kommen sah oder unmittelbar nach Sidereas Tod. In diesem Fall ist sie inzwischen unerreichbar, wenn wir nichts unternehmen, um sie zurückzurufen. Zweitens, sie versteckt sich irgendwo in der Nähe. Vielleicht haben Anblick und Geruch eines zweiten Weibchens sie so sehr erschreckt, dass sie erst wieder zum Vorschein kommt, wenn sich dieser Geruch verflüchtigt hat.«
»Den Geruch können wir vertreiben«, erbot sich Sina.
Salvator nickte. »Tut das.«
Sie entfernte sich.
Ramirus sagte leise: »Es gibt eine dritte Möglichkeit. Dass sie nämlich noch hier ist und bei klarem Verstand und dass sie genau weiß, was vorgeht. Vielleicht hat sie den Feldzug sogar beobachtet, wenn auch aus sicherer Entfernung.«
»Das klingt ja so, als wäre sie immer noch hochintelligent«, protestierte Favias. »Aber ihre menschliche Partnerin ist tot, und Colivar meinte, sie wäre sogar noch leichter zu erschüttern als die anderen, weil sie die Bindung mit Siderea geschlossen hat, bevor ihr eigenes Bewusstsein voll entwickelt war. Dadurch würde sie von ihrer Partnerin noch abhängiger als die anderen Seelenfresser und noch instabiler nach deren Tod.«
»Ich habe den größten Respekt vor Colivars Allwissenheit«, gab Ramirus spöttisch zurück, »aber wir sollten nicht vergessen, dass das reine Spekulation war. Angenommen, er hätte sich geirrt? Angenommen, die Erziehung von frühester Kindheit an durch ein Bewusstsein wie das von Siderea hätte die geistige Entwicklung des Seelenfressers gefördert? Sodass selbst nach dem Tod des menschlichen Partners das Echo einer höheren Intelligenz zurückbliebe? Was dann?«
In diesem Fall , dachte Salvator, könnte man sie nicht einmal ködern. Sie
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